Wie funktioniert die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung?
Seit dem 1. Januar 2009 erfolgt die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung über den Gesundheitsfonds, der beim Bundesversicherungsamt als Sondervermögen des Bundes geführt wird. Finanziert wird der Gesundheitsfonds aus Beitragseinnahmen der Krankenkassen, basierend auf einem für alle Krankenkassen einheitlichen Beitragssatz, sowie aus einem Bundeszuschuss aus Steuermitteln. Die Bundesbeteiligung wird seit 1. Januar 2004 zur pauschalen Abgeltung der zahlreichen versicherungsfremden Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung geleistet, so u. a. als Ausgleich für beitragsfreie Versicherungszeiten von Frauen im Mutterschutz oder für die deutlich geminderten Krankenversicherungsbeiträge von Hartz IV-Empfängern.
Ende 2008 hatte die Bundesregierung den einheitlichen Beitragssatz für 2009 auf 15,5 Prozent festgelegt. Im Rahmen des Konjunkturpaktes II wurde er zum 1. Juli 2009 vorübergehend auf 14,9 Prozent gesenkt.
Zum 1. Januar 2011 wurde der Beitragssatz wieder auf 15,5 Prozent erhöht und ist nun bis auf Weiteres festgeschrieben. Die Arbeitnehmer zahlen davon 8,2 Prozent. Der Anteil der Arbeitgeber wurde fixiert auf 7,3 Prozent, d.h. dass die Mitglieder der Krankenkassen zukünftige Ausgabensteigerungen im Gesundheitswesen und damit einhergehende zusätzlich benötigte Einnahmen allein über ihre Zusatzbeiträge finanzieren werden. Für diese kassenindividuell als fester Betrag erhobenen Zusatzbeiträge wird es einen Sozialausgleich geben, der sich am durchschnittlichen Zusatzbeitrag aller Kassen orientiert.
Zentrale Rolle bei der Festlegung des durchschnittlichen Zusatzbeitrages spielt der GKV-Schätzerkreis - bestehend aus Bundesversicherungsamt, Bundesgesundheitsministerium und GKV-Spitzenverband. Regelmäßig im Jahr treffen sich die Experten, um die Finanzsituation des Gesundheitsfonds (Einnahmen-/Ausgabensituation) einzuschätzen. Auf ihrer Herbstsitzung geben sie eine Empfehlung für den durchschnittlichen Zusatzbeitrag für das kommende Jahr ab, den die Bundesregierung anschließend beschließt.
Zusatzbeitrag
Zur Deckung ihrer Ausgaben erhalten die Krankenkassen aus dem Gesundheitsfonds Zuweisungen
für ihre Versicherten. Krankenkassen, die mit den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds ihren Finanzbedarf nicht decken können, müssen entsprechende Fehlbeträge ausgleichen. Können sie die Fehlbeträge nicht ausgleichen, sind sie verpflichtet, einen Zusatzbeitrag zu erheben.
Erwirtschaften Krankenkassen Überschüsse, können sie diese – sofern sie über ausreichende Finanzreserven verfügen – in Form von Prämienzahlungen an die Versicherten ausschütten.
Neue Regelung zum Zusatzbeitrag ab 2011
Bis 31. Dezember 2010 war die Höhe des Zusatzbeitrages begrenzt auf ein Prozent des Bruttoeinkommens der Mitglieder bzw. pauschal 8 Euro ohne Einkommensprüfung. Seit 1. Januar 2011 gilt nun: Der Zusatzbeitrag kann nur noch als absoluter Betrag in Euro vom Mitglied erhoben werden. Die individuelle Belastungsgrenze steigt auf 2 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen. Es gibt einen Sozialausgleich. Für diesen ist der durchschnittliche Zusatzbeitrag entscheidend, nicht der konkrete Zusatzbeitrag der Kasse.
Sozialausgleich greift vermutlich erst 2012
Der Ausgleich erfolgt für die meisten Arbeitnehmer über dessen Arbeitgeber bzw. für Rentner über die Deutsche Rentenversicherung, für Selbstständige und sonstige freiwillig Versicherte in der Regel über die Krankenkasse. Künftig wird vom Arbeitgeber bzw. Rentenversicherungsträger bei Abführung der einkommensabhängigen („normalen“) Krankenversicherungsbeiträge berücksichtigt, wenn der GKV-durchschnittliche Zusatzbeitrag, die neue Überforderungsgrenze von 2 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen des jeweiligen Mitglieds übersteigt. Die normalen Krankenversicherungsbeiträge werden dann um den ermittelten Differenzbetrag gemindert.
Da der prospektiv ermittelte durchschnittliche Zusatzbeitrag des Jahres 2011 vermutlich Null Euro beträgt, wird es im Jahr 2011 noch keinen Sozialausgleich geben. Die Entscheidung der Bundesregierung darüber fällt Anfang 2011.
Konkrete Ausgestaltung kassenindividuell
Die Krankenkassen müssen ihre Mitglieder einen Monat vor Fälligkeit der Zahlung über die Erhebung oder Erhöhung des Zusatzbeitrags bzw. die Verringerung der Prämienzahlung informieren (z. B. über ein Anschreiben oder die Mitgliederzeitschrift). Es gilt dann ein Sonderkündigungsrecht. Nimmt ein Mitglied dieses Sonderkündigungsrecht wahr, muss es bis zum Austritt aus der Kasse keine Zusatzbeiträge bezahlen.
Grundsätzlich sind alle Mitglieder der Krankenkasse zur Zahlung des Zusatzbeitrages verpflichtet. Mitversicherte Angehörige müssen nicht bezahlen. Das Grundsicherungs- oder das Sozialamt übernimmt den Zusatzbeitrag bei denjenigen, die ergänzende Sozialhilfe oder Grundsicherung erhalten. Für Bezieher von Arbeitslosengeld II werden die tatsächlich erhobenen kassenindividuellen Zusatzbeiträge, maximal aber in Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitrags, aus der Liquiditätsreserve an die Krankenkassen gezahlt. Erhebt eine Krankenkasse einen höheren als den durchschnittlichen Zusatzbeitrag, kann sie in ihrer Satzung regeln, dass die Differenz vom Versicherten zu tragen ist.
Die Erhebung eines Verspätungszuschlags ist nunmehr mehrmals und zwar jeweils einmal je sechs säumiger Monatsbeiträge möglich. Die gesetzliche Mindesthöhe des Verspätungszuschlags wurde auf 20 Euro gesenkt.
Die konkrete Gestaltung und Erhebung der Zusatzbeiträge sind, von Rahmenvorgaben abgesehen, weitgehend den einzelnen Krankenkassen überlassen. Sie regeln die Modalitäten in ihren Satzungen.
Alle Fakten zusammengefasst
Grundsätzliches
- seit 1. Januar 2009 erfolgt die Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen über den Gesundheitsfonds
- kommen einzelne Krankenkassen mit den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht aus, können sie einen Zusatzbeitrag von ihren Mitgliedern erheben
- nach Angaben von Branchendiensten erheben derzeit 13 der 156 gesetzlichen Krankenkassen einen Zusatzbeitrag, der Zusatzbeitrag schwankt bei diesen Kassen zwischen 8 und 15 Euro pro Monat (Stand März 2011)
Gesundheitsfonds
- der Gesundheitsfonds fungiert als Geldsammelstelle (Beitragseinnahmen der einzelnen Krankenkassen und Bundeszuschuss aus Steuergeldern) und Geldverteilungsstelle
- er überweist den gesetzlichen Krankenkassen einen festgelegten Anteil pro Monat und gleicht damit durchschnittliche Leistungsund Verwaltungsausgaben aus
- die Zuweisungen basieren auf der Versichertenanzahl und werden an das Morbiditätsrisiko der Versicherten der jeweiligen Krankenkasse angepasst (morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich)
Beitragssatz
- seit 1. Januar 2009 gilt ein bundeseinheitlicher allgemeiner Beitragssatz, den die Bundesregierung festlegt
- seit 1. Januar 2011: 15,5 Prozent
8,2 % Arbeitnehmer + 7,3 % Arbeitgeber - 1. Juli 2009 bis 31. Dezember 2010 (Konjunkturpaket II): 14,9 %
- 1. Januar 2009 bis 1. Juli 2009: 15,5 %
- seit 1. Januar 2011: 15,5 Prozent
- Arbeitnehmer bezahlen derzeit für ihre Beiträge zur Krankenversicherung pro Monat 8,2 Prozent bezogen auf ihr sozialversicherungspflichtige Einkommen (bezogen auf derzeit max. 3.712,50 Euro);
- 7,3 % + 0,9 % = 8,2 %
- seit Juli 2005 müssen Arbeitnehmer neben ihrem Anteil des paritätisch finanzierten Beitragssatzes zusätzlich einen Sonderbeitrag von 0,9 Prozent schultern; der Gesetzgeber wollte damit die Arbeitgeber und den Arbeitsmarkt entlasten und die rbeitnehmer stärker an gestiegenen Kosten der Versorgung beteiligen (politische Diskussion um Ausgrenzung der Zahnersatzleistungen und Krankengeld)
- Arbeitgeber bezahlen derzeit 7,3 % für die Krankenkassenbeiträge, ihr Anteil ist seit 1. Januar 2011 gesetzlich fixiert
Zusatzbeitrag
- der Zusatzbeitrag wird seit 2011 als absoluter Betrag erhoben, 2009 und 2010 war auch eine prozentualer Zusatzbeitrag möglich
- wenn der durchschnittliche Zusatzbeitrag aller Kassen zwei Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen des einzelnen Mitglieds übersteigt, erfolgt ein Sozialausgleich, um den Beitragszahler nicht zu überfordern
- der Sozialausgleich orientiert sich am durchschnittlichen Zusatzbeitrag, nicht am tatsächlich erhobenen Zusatzbeitrag der einzelnen Kassen
- unter durchschnittlichem Zusatzbeitrag wird in diesem Zusammenhang nicht das Mittel aller erhobener Zusatzbeiträge verstanden, sondern ein Wert, der sich aus der Differenz der Einnahmen der Krankenkassen aus dem Gesundheitsfonds und den voraussichtlichen Ausgaben errechnet; kommt es dabei zu einem Fehlbetrag, wird dieser durch die Anzahl aller GKV-Mitglieder dividiert, was den durchschnittlich notwendigen Zusatzbeitrag ergibt.
- zentrale Rolle bei der Festlegung des durchschnittlichen Zusatzbeitrages hat der GKV-Schätzerkreis (BVA, GKV-SV und BMG),
- auf seiner Herbstsitzung gibt das Gremium eine Empfehlung für den durchschnittlichen Zusatzbeitrag des kommenden Jahres ab, den die Bundesregierung anschließend beschließt
- für 2011 hat die Bundesregierung einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 0,00 Euro angesetzt, damit gibt es in diesem Jahr keinen Sozialausgleich
- ob es 2012 einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag und damit einen Sozialausgleich gibt, entscheidet sich im Herbst 2011
- der Zusatzbeitrag wird von allen Mitgliedern erhoben, nicht von mitversicherten Kindern oder Partnern (Familienversicherten)
- für Sozialhilfeempfänger und Bezieher einer Grundsicherung übernehmen die zuständigen Ämter den Zusatzbeitrag
- für ALG-II-Bezieher werden die tatsächlich erhobenen kassenindividuellen Zusatzbeiträge, maximal aber in Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitrags, aus der Liquiditätsreserve an die Krankenkassen gezahlt - erhebt eine Krankenkasse einen höheren als den durchschnittlichen Zusatzbeitrag, kann sie in ihrer Satzung regeln, dass die Differenz vom Versicherten zu tragen ist
- da 2011 der durchschnittliche Zusatzbeitrag von der Bundesregierung mit 0,00 Euro festgesetzt wurde, müssen ALG-IIBezieher einen mögliche Zusatzbeitrag in diesem Jahr selbst tragen
- Weiterführende Links
- www.gkv-spitzenverband.de
- www.bundesversicherungsamt.de
- www.bmg.bund.de