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Donnerstag, 30. September 2010

Wesentliche Regelungsinhalte des Regierungsentwurfs zum GKV- FinG

Von: Bundesministerium für Gesundheit / Pressemitteilung

Zur Umsetzung der von den Koalitionsfraktionen vorgelegten Eckpunkte "Für ein gerechtes, soziales, stabiles, wettbewerbliches und transparentes Gesundheitssystem" wurde im BMG ein Referentenentwurf erarbeitet. Der auf dieser Basis ressortabgestimmte Regierungsentwurf enthält Regelungen, die insbesondere den Zielen dienen

  • die Ausgaben zu stabilisieren,
  • die Finanzierungsgrundlage zu stärken,
  • den Sozialausgleich gerecht zu gestalten und
  • die Voraussetzungen für einen funktionsfähigen Wettbewerb zu schaffen.

I. Regelungen zur Ausgabenbegrenzung

  1. Die Verwaltungsausgaben der Krankenkassen und ihrer Verbände werden in den Jahren 2011 und 2012 auf der Höhe der entsprechenden Ausgaben des Jahres 2010 eingefroren (Änderung § 4 Abs. 4 SGB V). Dementsprechend wird auch das Gesamtvolumen der Zuweisungen, das die Krankenkassen zur Deckung der standardisierten Verwaltungsausgaben aus dem Gesundheitsfonds erhalten, in den Jahren 2011 und 2012 nicht steigen. Hierdurch ergeben sich für die GKV geschätzte Minderausgaben von 0,3 Mrd. Euro in 2011 und weiteren 0,3 Mrd. Euro in 2012. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verwaltungskosten bereits in 2009 und 2010 erhebliche Anstiege zu verzeichnen haben. Die Einhaltung der Vorgabe durch die einzel­nen Kassen wird durch die Aufsichtsbehörden überprüft. Sollten in diesem Zeitraum unabweisbare Mehrausgaben in einzelnen Teilbereichen der Verwaltungskosten entstehen, müssen die Krankenkassen diese durch Einsparungen in anderen Bereichen ausgleichen. Einziger Ausgabeposten, der nicht von der Begrenzung umfasst wird, sind – wie bisher schon – die Ausgaben für die Telematikinfrastruktur.

  2. Zur Umsetzung des Eckpunktes zur hausarztzentrierten Versorgung (HzV) wird für HzV-Verträge, die nach der Beschlussfassung des Gesetzentwurfs durch das Kabinett zustande kommen, die Beachtung des Grundsatzes der Bei­tragssatzstabilität  vorgeschrieben (Änderung § 73b SGB V). Dies bedeutet, dass die Vertragsparteien (und Schiedspersonen) keine Vergütungsverein­barungen treffen dürfen, die die Erhebung von Zusatzbeiträgen erforderlich machen. Die Vertragsparteien werden zudem verpflichtet, vertraglich sicherzustellen, dass Vergütungen für Leistungen, die über die hausärztliche Regelversorgung hinausgehen, aus Effizienzsteigerungen und Einsparungen zu finanzieren sind, die aus Maßnahmen des Vertrages erzielt werden. Die HzV-Verträge sind der zuständigen Aufsichtsbehörde vorzulegen. Diese hat die Verträge zu prüfen und kann sie ggf. innerhalb von zwei Monaten beanstanden. Für Verträge, die bis zum Datum des Kabinettsbeschlusses zustande kommen, gilt Bestandsschutz.

  3. Im Bereich der vertragsärztlichen Vergütung werden zusätzlich folgende - in der Koalition vereinbarte (nicht ausschließlich ausgabenbegrenzende) - Regelungen getroffen:

    • Die bisherigen Orientierungs- und Punktwerte gelten bis 2012 fort.

    • Die Differenzierung der Orientierungs- und Punktwerte in Sonderpreise bei Vorliegen von Unter- und Überversorgung (sog. pretiale Steuerung) wird bis 2012 ausgesetzt. Stattdessen werden die früheren Sicherstellungszuschläge wieder eingeführt.

    • Im Bereich der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) wird der Behandlungsbedarf aufgrund von Veränderungen der Morbiditätsstruktur der Versicherten im Jahr 2011 und im Jahr 2012 jeweils um 0,75 % erhöht.

    • Hinsichtlich der geplanten asymmetrischen regionalen An­gleichung der MGV sieht der Entwurf einen Auftrag für den Be­wertungsausschuss vor, ein Verfahren zur Anpassung des Behandlungsbedarfs mit Wirkung für das Jahr 2011 zu beschließen. Eine Anpassung erfolgt, soweit ein vom Bewertungsausschuss zu bestimmender Wert unterschritten wird.

    • Sonstige Regelungen zur Anpassung des Behandlungsbedarfs, einschließlich von Nachvergütungen für einen nicht vorher­sehbaren Anstieg des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs, werden bis 2012 ausgesetzt.

    • Die Gesamtvertragspartner haben Vereinbarungen über Maß­nahmen zur Ausgabenbegrenzung extrabudgetär zu vergütender Leistungen (EGV) zu treffen. Für diese Vereinbarungen gilt, dass das Ausgabenvolumen der EGV-Leistungen jeweils im Jahr 2011 und 2012 nicht stärker als die Hälfte der maßgeblichen Grund­lohnrate steigen soll. Die Ausgabenbegrenzung gilt nicht für neue Leistungen sowie Präventions- und Früherkennungsleistungen.

  4. Die in den Eckpunkten vorgesehene Begrenzung des Honorarzuwachses bei den Zahnärzten auf die Hälfte der Grundlohnsummensteigerung wird durch Regelungen in § 85 Abs. 2d (neu) und Abs. 3f (neu) SGB V (Artikel 1 des Entwurfs) umgesetzt. Danach dürfen sich die Punktwerte und die Gesamtvergütungen für die vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz in den Jahren 2011 und 2012 jeweils höchstens um die Hälfte der für das jeweilige Jahr festgestellten Veränderungsrate nach § 71 Abs. 3 SGB V (Veränderung der beitragspflichtigen Einnahmen) erhöhen. Die Begrenzung des zahnärztlichen Honorarvolumens gilt nicht für Leistungen der Individualprophylaxe bzw. Früherkennung und ist mit geschätzten Einsparungen für die Krankenkassen im Jahr 2011 in Höhe von ca. 20 Mio. Euro und von weiteren ca. 40 Mio. Euro im Jahr 2012 verbunden.

  5. In § 4 Abs. 2a (neu) Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) wird der Mehrleistungsabschlag umgesetzt. Für Leistungen, die Krankenhäuser in Budgetverhandlungen im Vergleich zum Vorjahr zusätzlich vereinbaren (sog. Mehrleistungen), wird für das Jahr 2011 ein Abschlag von 30% festgelegt. Dies bedeutet, dass die Krankenhäuser für diese Mehrleistungen 70% der üblichen Vergütung erhalten. Für die GKV ergibt sich hieraus nach derzeitigem Kenntnisstand für das Jahr 2011 ein Einsparvolumen in Höhe von rd. 350 Mio. Euro. Ab dem Jahr 2012 ist die Höhe des Mehrleistungsabschlags zwischen den Krankenhäusern und den Kostenträgern zu vereinbaren. Ausgenommen von der Anwendung des Abschlags sind zusätzlich vereinbarte Leistungen mit einem sehr hohen Sachkostenanteil.

  6. In § 10 Absatz 3 und 4 KHEntgG sowie in den Regelungen zur Bundespflegesatzverordnung wird festgelegt, dass die Preise für akutstationäre Krankenhausleistungen und die Krankenhausbudgets von psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen in den Jahren 2011 und 2012 lediglich maximal in Höhe der halben statt der vollen Grundlohnrate wachsen dürfen. Für die GKV wird hierdurch mit einem Einsparvolumen in Höhe von rd. 150 Mio. Euro im Jahr 2011 und rd. 300 Mio. Euro im Jahr 2012 gerechnet.

II. Regelungen zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen

Der Finanzierungsteil des Regierungsentwurfs setzt sich aus strukturellen Maßnahmen zur grundsätzlichen Neuordnung der Finanzierung (Weiterentwicklung der Zusatzbeiträge) und kurzfristigen Maßnahmen zur Konsolidierung der Finanzierungsgrundlagen der Gesetzlichen Krankenversicherung zusammen. Im einzelnen werden hier die folgenden Maßnahmen umgesetzt:

  1. Anhebung des allgemeinen Beitragssatzes auf 15,5 % (Änderung § 241 SGB V)
    Der mit Hilfe von Steuermitteln im Jahr 2009 abgesenkte Beitragssatz der Krankenkassen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird wieder auf 14,6 % - wie vor der Senkung durch das Konjunkturpaket II - angehoben. Der nur vom Arbeitnehmer finanzierte Beitragssatzanteil von 0,9 % bleibt erhalten.

  2. Durchbrechung der automatischen Auswirkungen steigender Gesundheitsaus­gaben auf die Lohnkosten
    Der Beitragssatz wird für die Zukunft gesetzlich fest geschrieben (Änderung § 241 SGB V). Die bisherigen Regelungsmechanismen (Rechtsverordnung; 95 %-Klausel für Anhebung; 100 %-Klausel für Senkung) entfallen. Über die Einnahmeentwicklung hinausgehende Ausgabensteigerungen werden durch weiterentwickelte einkommensunabhängige Zusatzbeiträge der Mitglieder finanziert.

  3. Weiterentwicklung der heutigen Zusatzbeiträge
    Zukünftig ist nur noch die Erhebung von einkommensunabhängigen Zusatzbeiträgen möglich (Änderung § 242 SGB V). Die Zusatzbeiträge selbst unterliegen zukünftig nicht mehr der Begrenzung auf 1 % der beitragspflichtigen Einnahmen eines Mitglieds. Es gilt vielmehr eine Überforderungsgrenze für den durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 2 % der beitragspflichtigen Ein­nahmen.

    Die 8-Euro-Grenze, bis zu der bislang keine Überforderungsregelung vorgesehen war, wird gestrichen. Die bisherige (über die 95 %-Regel bestehende) Begrenzung des Finanzvolumens für die GKV, welches insgesamt über Zusatzbeiträge finanziert werden soll, wird aufgehoben.

  4. Bei den Regelungen zum kassenindividuellen Zusatzbeitrag ist ein besonderer Sanktions­mechanismus in Form eines Verspätungszuschlags für Mitglieder vorgesehen, die mit der Zahlung des kassenindividuellen Zusatzbeitrages für insgesamt sechs Monate säumig sind. Der Verspätungszuschlag ist in der Höhe auf die letzten drei fälligen Zusatzbeiträge begrenzt und muss mindestens 30 Euro betragen, das Nähere regelt die Krankenkasse in ihrer Satzung (§ 242 Abs. 6 SGB V - neu). Bis zur Zahlung der ausstehenden Zusatzbeiträge und des Verspätungszuschlags besteht zudem kein Anspruch auf Sozialausgleich, es sei denn, dass  eine wirksame Ratenzahlungsvereinbarung mit der Krankenkasse getroffen wurde und die Raten vereinbarungsgemäß gezahlt werden.

  5. Der Schätzerkreis schätzt zukünftig im Herbst des jeweiligen Vorjahres die Unterdeckung der gesetzlichen Krankenversicherung durch eine Gegenüberstellung der voraus­sichtlichen Ausgaben des kommenden Jahres und der voraussichtlichen Einnahmen des Gesundheitsfonds (einkommensabhängige Beiträge und sonstige Ein­nahmen wie Bundesmittel), die zur Deckung dieser Ausgaben zur Verfügung stehen sowie die voraussichtlichen Versicherten- und Mitgliederzahlen der Krankenkassen. Auf Basis der Schätzung des Schätzerkreises legt das BMG im Einvernehmen mit dem BMF den durchschnittlichen Zusatzbeitrag fest und gibt ihn bekannt (§ 242a SGB V - neu). Der durchschnittliche Zusatzbeitrag wird für das jeweilige Jahr bei der Prüfung zu Grunde gelegt, ob bei einem Mitglied Anspruch auf einen Sozialausgleich besteht.

  6. Für bestimmte Personengruppen wird kein Zusatzbeitrag erhoben. Dazu zählen Empfänger von vergleichbaren Entgeltersatzleistungen wie Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld sowie Mutterschaftsgeld oder Elterngeld. Ebenso von der Erhebung von Zusatzbeiträgen ausgenommen sind Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, behinderte Menschen in anerkannten Werkstätten, Wehr- und Zivildienstleistende, Versicherte im Freiwilligen Sozialen Jahr bzw. im Freiwilligen Ökologischen Jahr sowie Auszubildende mit einem Entgelt bis zu 325 Euro monatlich oder in einer außerbetrieblichen Einrichtung (§ 242 Abs. 5 SGB V neu).

  7. Für Mitglieder, die Arbeitslosengeld II beziehen, wird der durchschnittliche Zusatzbeitrag erhoben (§ 242 Abs. 4 SGB V neu), der weder vom Mitglied, noch vom Bund zu tragen ist, sondern aus den Mitteln der Liquiditätsreserve aufgebracht wird (§ 251 Abs. 6 SGB V neu). Für diese erfolgt eine Deckung aus den Bundesmitteln zur Finanzierung des Sozialausgleichs. Für Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld I gelten die allgemeinen Regeln, d.h. sie zahlen den kassenindividuellen Zusatzbeitrag und erhalten bei Überforderung einen Sozialausgleich durch die Bundesagentur für Arbeit. Für die Sozialhilfe gilt die bisherige Rechtslage fort, nach der Zusatzbeiträge vom Träger übernommen werden.

III. Regelungen zur Einführung des Sozialausgleichs

Der Sozialausgleich (§ 242b SGB V neu) wird i.d.R. durch den Arbeitgeber bzw. den Rentenversicherungsträger durchgeführt. Der einkommensabhängige Beitragssatzanteil des Mitglieds wird zu diesem Zweck um den Betrag gesenkt, um den das Mitglied durch Entrichtung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags überfordert wäre. Für den Arbeit­nehmer bzw. den Rentner bedeutet die Durchführung des Sozialausgleichs damit, dass sie von ihrem Arbeitgeber bzw. dem Rentenversicherungsträger entsprechend mehr ausbezahlt bekommen.

  1. Der Sozialausgleich wird immer dann automatisch durchgeführt, wenn ein Mitglied nur aus einer Quelle beitragspflichtige Einnahmen bezieht, also z.B. bei einem Arbeitnehmer, der über keine weiteren beitragspflichtigen Einkünfte verfügt (z.B. Einkommen aus anderen SV-pflichtigen Beschäftigungsverhältnissen, Renten etc.) (§ 242b Absatz 2 SGB V - neu).

  2. Bezieht ein Mitglied Einkünfte aus mehreren beitragspflichtigen Einnahmen, so prüft die Krankenkasse die Anspruchsberechtigung auf einen Sozialausgleich und informiert die jeweiligen Träger über das Prüfergebnis und das anzuwendende Verfahren zur Beitragsbemessung (§ 242b Abs. 3 SGB V neu). Hierfür können Meldewege zwischen den Arbeitgebern und Krankenkassen genutzt werden. Sie müssen allerdings erweitert werden. Zwischen den Rentenversicherungsträgern und den Krankenkassen muss die Verbindlichkeit bestehender Meldewege gestärkt werden. Der Sozialausgleich wird dann grundsätzlich von dem Träger ausgeführt, bei dem das Mitglied sein Haupteinkommen bezieht. Ausnahmsweise führt bei Beziehern einer gesetzlichen Rente immer der Rentenversicherungsträger den Sozialausgleich durch, soweit die Höhe der Rentenzahlung 260 Euro übersteigt.

  3. Für freiwillig Versicherte, die ihren Krankenkassenbeitrag selbst zahlen, wird der Sozialausgleich direkt von der Krankenkasse durchgeführt.

  4. Für Bezieher von Arbeitslosengeld I gibt es keinen Beitragssatzanteil des Mitglieds, der entsprechend verringert werden kann. Daher erhalten sie von der BA eine zusätzliche Auszahlung in Höhe der Überforderung. Die Bemessungsgrundlage für den Sozialausgleich liegt bei ihnen bei 67 Prozent des der Leistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts.

  5. Aufgrund der für die Einrichtung des Verfahrens notwendigen Vorlaufzeiten, wird im Jahr 2011 ein ggf. zu gewährender Sozialausgleich zunächst nicht im vorgesehenen automatisierten Verfahren über die Rentenversicherungsträger und Arbeitgeber erfolgen können. Ein von null Euro abweichender durchschnittlicher Zusatzbeitrag ist im Jahr 2011 allerdings auch im Hinblick auf den vorgesehenen zusätzlichen Bundeszuschuss sehr unwahrscheinlich. Sollte der Fall dennoch eintreten, würde der ggf. notwendige Sozialausgleich im nächsten Jahr durch einen Jahresausgleich am Jahresende bei der Krankenkasse (Übergangsbestimmung - § 242b Absatz 7 SGB V - neu) durchgeführt.

IV. Weitere Regelungen

  1. Der Entwurf sieht weitere Regelungen vor, mit denen die Punktwerte und Gesamtvergütungen für vertragszahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz in den neuen Bundesländern und Berlin im Jahr 2012 und 2013 durch den Gesetzgeber zusätzlich um jeweils 2,5 % (neue Bundesländer) bzw. 2 % (Berlin) zur Angleichung an das Niveau der alten Bundesländer erhöht werden. Hierdurch entstehen Mehrausgaben in Höhe von 40 Mio. Euro (ab 2012) bzw. 45 Mio Euro (ab 2013). Darüber hinaus gehende Anpassungsschritte bleiben den Vertragspartnern vorbehalten. Weitere Regelungen zur strukturellen Fortentwicklung des vertragszahnärztlichen Vergütungssystems ("Strukturreform") erfolgen im Laufe dieser Legislaturperiode.

  2. Für den Krankenhausbereich werden zudem zwei Regelungen getroffen, die über die Eckpunkte hinausgehen:

    • Zum einen wird in § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 KHEntgG klargestellt, dass ein Abzug von Zuschlägen bei der Vereinbarung des Landesbasisfallwerts nur dann vorzunehmen ist, soweit die Leistungen auch bereits durch den Landesbasisfallwert finanziert wurden. Hierdurch wird sichergestellt, dass z.B. bislang aus Elternbeiträgen und Spenden finanzierte Leistungen in der pädiatrischen Onkologie, die in die Regelfinanzierung übergehen, nicht bei der Vereinbarung des Landesbasisfallwerts absenkend berücksichtigt werden.

    • Zum anderen wird § 10 Abs. 13 Satz 2 KHEntgG aufgehoben. Diese Vorschrift sieht vor, dass vom BMG ein gesetzlicher Verfahrensvorschlag zur Angleichung der unterschiedlichen Landesbasisfallwerte an einen bundeseinheitlichen Basisfallwert vorzulegen ist, sofern die bis zum 30. Juni 2011 in Auftrag zu gebende wissenschaftliche Untersuchung über die Ursachen unterschiedlicher Basisfallwerte der Länder eine Vergleichbarkeit der Kostenstrukturen der Krankenhäuser in den Ländern ergibt. Zugunsten einer Aufrechterhaltung von Preisunterschieden, die einen gewissen Preiswettbewerb zwischen den Ländern eröffnet, wird die hierdurch angelegte Etablierung einer Konvergenz zu bundeseinheitlichen Krankenhauspreisen aufgehoben.

  3. Durch Änderungen in den §§ 6 und 9 SGB V („Drei-Jahres-Regelung“) wird die Aussage im Koalitionsvertrag umgesetzt, wonach ein Wechsel aus der GKV in die PKV zukünftig wieder nach einmaligem Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze möglich sein soll.
    § Damit wird die Rechtslage vor Inkrafttreten des GKV-Wettbewerbs-stärkungsgesetzes (GKV-WSG) wieder hergestellt. Danach endet die Versicherungspflicht in der GKV für Arbeiternehmer künftig wieder mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem ihr (anteiliges) Jahresarbeitsentgelt im Rahmen eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses die Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt, sofern ihr Gehalt auch die im folgenden Kalenderjahr maßgebliche Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigen wird.

    § Berufsanfängern mit einem Arbeitsentgelt oberhalb der Versicherungspflichtgrenze (z.B. Personen nach abgeschlossenem Hochschulstudium) wird zugleich – wie nach dem vor GKV-WSG geltenden Recht – die Begründung einer freiwilligen Mitgliedschaft in der GKV ermöglicht.

    § Personen, deren Pflichtmitgliedschaft in der GKV aufgrund des Wegfalls der Drei-Jahres-Regelung bereits zum Ende des Jahres 2010 endet, können ihre Mitgliedschaft als freiwilliges Mitglied fortsetzen.

  4. Durch eine Änderung in § 71 SGB V wird klargestellt, dass das BMG nicht zur Feststellung von nach Rechtskreisen getrennten Veränderungsraten der bei­tragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder verpflichtet ist:

    Die Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder ist maßgeblich für die Anpassung der Vergütungen der Leistungserbringer. Bis zum Jahr 2007 erfolgte die Feststellung dieser Veränderungsrate getrennt für die alten und die neuen Länder. Nach der Aufhebung der nach Rechtskreisen getrennten Datenerhebung durch die Krankenkassen zum 31.12.2007 erhält das BMG nicht mehr die Daten, die für eine rechtskreisgetrennte Feststellung der Veränderungsrate erforderlich sind. Daher wird klargestellt, dass das BMG seit dem 1.1.2008 nicht mehr zur Feststellung gesonderter Veränderungsraten für die alten und die neuen Länder verpflichtet ist.

  5. Eine weitere Klarstellung ist zur Regelung der kassenartenübergreifenden Vereinigung von Krankenkassen (§ 171a SGB V) vorgesehen. Mit der Änderung wird ein redaktionelles Versehen korrigiert:

    Mit dem GKV-Organisationsweiterentwicklungsgesetz wurden im SGB V Titel verschoben, so dass nach dem Wortlaut des § 171a SGB V seit dem 1.1.2010 eine kassenartenübergreifende Vereinigung für Ersatzkassen nicht mehr mög­lich ist. Um dies wieder zu ändern und schnellstmöglich Rechtssicherheit zu erlangen, soll die Regelung in den Gesetzentwurf aufgenommen werden und rückwirkend zum 1. Januar 2010 in Kraft treten.

V. Finanzielle Wirkungen des Gesetzes

Die finanzielle Begründung zum Gesetzentwurf zeigt im Wesentlichen die Entlastungen der GKV durch die ausgabenbegrenzenden Regelungen getrennt für die Jahre 2011 und 2012 sowie die Auswirkungen der Verbesserungen auf der Einnahmeseite auf. Außerdem werden die finanziellen Auswirkungen für Bund, Länder und Gemeinden sowie die übrigen Sozialversicherungszweige benannt.

Unter Bezugnahme auf die in anderen Gesetzgebungsverfahren enthaltenen Einsparungen im Arzneimittelbereich wird darauf hingewiesen, dass sich das unter Einschluss dieser Regelungen entstehende Gesamt-Entlastungsvolumen auf der Ausgabenseite in einer Größenordnung von rund 3 ½ Mrd. Euro (2011) und rund 4 Mrd. Euro (2012) bewegt. Bei der hausarztzentrierten Versorgung wird mit den Neu­regelungen eine Vermeidung von zusätzlichen Mehrausgaben von bis zu 500 Mio. Euro angestrebt.

Einnahmeseitig werden die Beitragsmehreinnahmen aus der Anhebung des Beitragssatzniveaus von 6,3 Mrd. Euro sowie mit Querverweis die Anhebung des Bundeszuschusses um 2 Mrd. Euro aus dem Haushaltsbegleitgesetz 2011 genannt. Die Ausführungen entsprechen weitgehend spiegelbildlich den finanziellen Begründungen, die bei der Beitragssatzabsenkung um 0,6 Prozentpunkte zum 1. Juli 2009 mit dem Konjunkturpaket II erfolgten.

Die Mehrbelastungen, die sich durch die strukturellen Weiterentwicklungen für die zahnärztliche Versorgung ab 2013 sowie durch die Streichung der Drei-Jahres-Regelung vor dem Wechsel in die PKV ab 2011 ergeben, sind mit einem Finanzvolumen von jährlich 200 Mio. Euro in der finanziellen Begründung ebenfalls erwähnt.

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