Was ändert sich für die Gesetzliche Krankenversicherung und ihre Versicherten?
Dank moderner Medizin haben wir die Chance, immer älter zu werden. Das ist eine erfreuliche Entwicklung. Die Veränderungen im Bevölkerungsaufbau und der medizinisch-technische Fortschritt haben gleichwohl Folgen für das Gesundheitssystem. Seit vielen Jahren wachsen die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung schneller als die beitragspflichtigen Einnahmen. Alle Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung haben Anspruch auf eine optimale Versorgung und sollen daher auch zukünftig unabhängig von ihrem Einkommen von den Fortschritten der Medizin profitieren. Zur Lösung des Finanzierungsproblems müssen deshalb alle Beteiligten die Aufgabe gemeinschaftlich anzugehen: Arzneimittelhersteller, Ärzte und Krankenhäuser müssen sparen. Das alleine wird aber nicht ausreichen. Die Versicherten müssen sich daher langfristig auf einen Anstieg der Gesundheitsausgaben einstellen.
Steigen die Krankenkassenbeiträge?
Im Lichte der günstigen wirtschaftlichen Entwicklung wird der Beitragssatz für die gesetzliche Krankenversicherung zum 1. Januar 2011 von jetzt 14,9 Prozent wieder auf das vor der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise geltende Niveau von 15,5 Prozent angehoben. Damit läuft die über das Konjunkturpaket finanzierte Absenkung des Beitragssatzes zum Jahresende aus.
Was ändert sich für Arbeitnehmer und Rentner?
Der Beitragssatz für Arbeitnehmer und Rentner wird um 0,3 Prozentpunkte angehoben: er steigt am 1. Januar 2011 von 7,9 auf dann 8,2 Prozent. Auf diesem Niveau wird er dauerhaft festgeschrieben. Für Rentner mit einer monatlichen Durchschnittsrente von 1000 Euro bedeutet das eine Beitragserhöhung um rund 3 Euro pro Monat.
Was ändert sich für Arbeitgeber?
Der Beitragssatz der Arbeitgeber wird am 1. Januar 2011 von jetzt 7,0 auf 7,3 Prozent angehoben. Auch der Arbeitgeberbeitrag wird auf diesem Niveau dauerhaft festgeschrieben.
Bleiben Familienangehörige beitragsfrei mitversichert?
Ja, an der bisherigen Regelung zur beitragsfreien Mitversicherung von nicht berufstätigen Ehegatten und Kindern ändert sich nichts.
Wo ist das Signal für mehr Wettbewerb und Transparenz?
Der kassenindividuelle Zusatzbeitrag in Euro und Cent macht die Kassen für die Mitglieder vergleichbar. Jeder kann jetzt die Preisunterschiede zwischen den Kassen auf einen Blick erkennen – das ist transparent. Der Zusatzbeitrag ist damit auch ein starkes Preissignal und zwingt die Kassen untereinander in den Wettbewerb um bessere Preise und bessere Leistungen. Sie werden zukünftig ein noch größeres Interesse daran haben, eine kostengünstige Versorgung anzubieten und dafür gute Verträge mit den Leistungserbringern zu schließen und innovative Versorgungsangebote zu machen. Davon werden die Versicherten und das System insgesamt profitieren.
Was ist an dem Konzept gerechter als bisher, zumal die Kostensteigerungen der Versicherte alleine trägt? Wie teilen sich die Lasten auf?
Sie werden sie nicht alleine tragen, es gibt ja den Sozialausgleich. Starke Schultern müssen mehr tragen als schwache. Das gewährleistet das neue System viel besser als die heutige Krankenversicherung. Auch Ärzte, Apotheken, Krankenhäuser, die Pharmaindustrie und die Krankenkassen müssen ihren Beitrag leisten. Von den 11 Mrd. Euro, die nächstes Jahr im Gesundheitssystem fehlen werden, tragen sie mit einem Sparbeitrag von etwa 4 Mrd. Euro ein Drittel bei. Und das, ohne dass die Versicherten über Leistungseinschränkungen oder höhere Selbstbeteiligungen belastet werden.
Warum gibt es nicht mehr Einsparungen bei den Leistungserbringern (Ärzten, Apotheken, Krankenhäusern)?
Die Leistungserbringer tragen mit rund 4 Mrd. Euro entscheidend zur Deckung der Finanzierungslücke für 2011 bei:
Dies betrifft neben den bereits beschlossenen Maßnahmen im Arzneimittelbereich die stationäre und ambulante Versorgung sowie die Verwaltungsausgaben der Krankenkassen.
Bei den Arzneimitteln wird die verabschiedete Erhöhung der Herstellerrabatte bereits ab August finanziellen Spielraum schaffen. Mit dem von den Fraktionen bereits eingebrachten Gesetzesentwurf werden zudem strukturelle Veränderungen vorgenommen für die Zukunft hin zu einer Preisbildung über Verhandlungen und eine Nutzenbewertung, ohne dass der Zugang zu innovativen Arzneimitteln beschränkt wird. Damit werden die Hersteller nicht mehr die Preise für Arzneimittel eigenständig festsetzen können.
Im stationären Bereich werden die Preise in den beiden kommenden Jahren nur halb so stark steigen wie die Grundlohnrate. Außerdem werden Leistungen, die Krankhäuser im Vergleich zum Vorjahr zusätzlich erbringen (Mehrleistungen) geringer vergütet. Dies bremst den Ausgabenanstieg bei den Krankenhäusern.
Im ambulanten Bereich werden Regelungen getroffen, die die Mehrkosten der hausarztzentrierten Versorgung gegenüber der "normalen" hausärztlichen Vergütung begrenzen. Auch im zahnärztlichen Bereich steigt die Vergütung nur halb so stark wie die Grundlohnrate. Zudem soll über die Vergütung ärztlicher Leistungen, die ohne jegliche Mengenbegrenzung zum festen Preis vergütet werden (extrabudgetär), noch einmal verhandelt werden.
Schließlich müssen auch die Krankenkassen selbst ihren Beitrag zur Ausgabenbegrenzung leisten. Ihre Verwaltungskosten werden hierfür in den nächsten beiden Jahren auf dem Niveau von 2010 eingefroren.
Reines Sparen kann aber in der Folge auch zur Rationierung von Leistungen führen, wenn die Leistungserbringer keine angemessene Abrechnungsmöglichkeit für zusätzliche Leistungen mehr sehen. Bei den Krankenhäusern stellen z.B. die Personalkosten den überwiegenden Teil aller Ausgaben dar. Sparmaßnahmen führen hier zu der Gefahr des Personalabbaus gerade auch im pflegerischen Bereich. Einsparmöglichkeiten gibt es eher über strukturelle Maßnahmen und wettbewerbliche Elemente. So kann das Zusammenspiel zwischen stationärer und ambulanter Versorgung deutlich verbessert werden. Hier gibt es noch Effizienzreserven. Wir brauchen auch eine leistungsgerechte Vergütung und mehr Anreize im System.
Verändert sich die Beitragsbemessungsgrenze?
Das gesetzlich festgeschriebene Verfahren zur Ermittlung der Beitragsbemessungsgrenze wird nicht geändert. Es bleibt den jährlichen Anpassungen aufgrund der durchschnittlichen Lohn- und Gehaltsentwicklung.
- Weiterführende Links
- www.bmg.bund.de