Die Fraktion Die Linke will wissen, welche berufsrechtlichen Konsequenzen nach Kenntnis der Bundesregierung möglich sind, wenn Vertragsärzte von einem Pharma-Unternehmen Vorteile als Gegenleistung für die Verordnung von Arzneimitteln dieses Unternehmens entgegennehmen. In einer Kleinen Anfrage (17/10440) erkundigt sie sich zudem danach, welche Auswirkungen auf Qualität und Wirtschaftlichkeit der Verordnungen nach Kenntnis der Bundesregierung zu erwarten sind, wenn Ärzte Vorteile von der Pharma-Industrie entgegennehmen. Ferner fragen die Abgeordneten unter anderem, ob die Bundesregierung Erkenntnisse über den Geldbetrag der Vorteile und Vergünstigungen hat, die insgesamt in Deutschland für die Verordnung von bestimmten Arzneimitteln gewährt und entgegengenommen werden. (Foto: ABDA)

Dienstag, 28. August 2012

Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen bei der Verordnung bestimmter Arzneimitteln

Von: Im Bundestag notiert / Kleine Anfrag der Fraktion DIE LINKE

Laut Bundesgerichtshof (BGH) ist die "Bestechung" von niedergelassenen Vertragsärztinnen und -ärzten durch die Pharmaindustrie nicht strafbar. Er entschied am 29. März 2012, dass die geltenden Straftatbestände der §§ 299 und 331 ff. des Strafgesetzbuches (StGB) nicht anwendbar sind, wenn Vertragsärztinnen und -ärzte von einem Pharma-Unternehmen Vorteile als Gegenleistung für die Verordnung von Arzneimitteln dieses Unternehmens entgegennehmen (BGH, Beschluss vom 29. März 2012, Az.: GSSt 2/11). Nach dem Beschluss des BGH müssen jetzt bundesweit mehr als 3 400 Ermittlungsverfahren gegen Vertragsärzte und Pharmareferenten wegen Bestechlichkeit und Bestechung eingestellt werden. (DER SPIEGEL, 26/2012, S. 74). Darunter sind Fälle, in denen einem Vertragsarzt sogar bis zu 500 000 Euro gezahlt wurden. (dpa Meldung vom 4. Juli 2012.)

Allerdings wies der BGH die Entscheidung darüber, ob korruptives Verhalten im Gesundheitswesen strafwürdig ist und zukünftig mittels neu zu schaffender Straftatbestände verfolgt werden sollte, ausdrücklich zurück an den Gesetzgeber. Folgt man der Ansicht der Regierungskoalition, gibt es bereits heute im Sozialrecht verschiedene Regelungen, zum Beispiel § 128 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), die bei einem Fehlverhalten ein schnelles Reagieren und empfindliche Sanktionen ermöglichten. Dies sei "ebenso wirksam wie die Aufnahme eines neu definierten Straftatbestands in das Strafgesetzbuch" (vgl. Bundestagsdrucksache 17/9587 vom 9. Mai 2012).

Die Regelung der unzulässigen Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringerinnen und -erbringern auf der einen Seite und Vertragsärztinnen und -ärzten auf der anderen Seite wurde im Jahr 2009 in § 128 SGB V aufgenommen und seitdem mehrfach geändert. Er betraf ursprünglich die Hilfsmittelversorgung und wurde später auch unter anderem auf die Arzneimittelversorgung nach § 31 SGB V ausgeweitet. Der § 128 SGB V wird allerdings schon heute wegen seiner mangelnden Wirksamkeit kritisiert, was vor allem mit fehlenden Ermittlungs- und Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen begründet wird. So hat der GKV-Spitzenverband in seiner Stellungnahme zum GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) vom 13. Oktober 2011 begründet, warum die eigenständige sozialrechtliche Ahndung von Verstößen gemäß § 128 Absatz 3 SGB V aus der Perspektive der insoweit zuständigen Krankenkassen gegenwärtig weitgehend leer läuft. (vgl. Ausschussdrucksache 17(14)0188(59)1 vom 14. Oktober 2011, S. 139 f)

Aber auch die berufsrechtliche Verfolgung der insoweit korrespondierenden Verstöße gegen die Muster-Berufsordnung der Ärzte weist – entgegen den offiziellen Verlautbarungen der Bundesärztekammer – offensichtlich deutliche Vollzugsdefizite auf. So schlussfolgerte die Berliner Zeitung in dem Beitrag  "Bestechende Aussichten für Mediziner" am 17. Juli 2012 im Ergebnis von eigenen Befragungen bei allen Landesärztekammern zusammenfassend: "Die, die sanktionieren sollen, haben kaum Ermittlungsmöglichkeiten. Und diejenigen, die für Ermittlungen mit schlagkräftigen Instrumentarien ausgestattet wären, dürfen diese nach der Grundsatzentscheidung des BGH zukünftig nicht mehr anwenden."

Besonders der als effektive Sanktionsmöglichkeit benannte Widerruf der Approbation (§ 5 Absatz 2 der Bundesärzteordnung) komme verwaltungspraktisch fasst gar nicht vor. Nur in Bayern sei in den vergangenen fünf Jahren einem Arzt die Approbation entzogen worden. Zur Begründung wird die Gesundheitsbehörde im Bundesland Bremen zitiert: "Die Hürden für den Entzug einer Approbation durch die Gesundheitsbehörde des Landes sind hoch, weil die Maßnahme in die Berufsfreiheit eingreift. Es muss ein Strafbefehl oder ein Strafurteil vorliegen.“ Zu den für den Approbationsentzug nötigen Strafurteilen kommt es aber nur, wenn die Staatsanwaltschaften überhaupt ermitteln. Wo es keine Ermittlungen der Staatsanwaltschaften mehr gibt, gibt es zukünftig also auch keine Strafbefehle oder Strafurteile und damit auch keinen Widerruf der Approbation.

Im Mittelpunkt einer ärztlichen Behandlung sollte das Wohl der Patientin bzw. des Patienten stehen. Doch immer wieder zeigt sich, dass die Patientenversorgung nicht allein aus medizinischen Gründen erfolgt, sondern auch durch Einkommensanreize bestimmt wird. So haben Behandlungen, deren medizinischer Nutzen nicht belegt ist und die daher nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden (IGeL), in den letzten Jahren deutlich zugenommen und werden vorwiegend besser verdienenden Patientinnen und Patienten angeboten. Kürzere Wartezeiten von privat Versicherten wurden statistisch verifiziert und erklären sich vor allem durch die höhere Vergütung. Ebenso gelangen Berichte über unzulässige Vermittlung von Spenderorganen oder die Einflussnahme der Pharmaindustrie auf Ärztinnen und Ärzte an die Öffentlichkeit. Diese und andere Berichte lassen Zweifel aufkommen, ob tatsächlich in jedem Fall allein die bestmögliche Versorgung im Mittelpunkt der Behandlung steht.

Fragen der Fraktion Die Linke an die Bundesregierung

  1. Welche Vorfälle waren Anlass für die Formulierung von § 128 SGB V "Unzulässige Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern und Vertragsärzten" in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15. Dezember 2008? Welche politische Intention wurde verfolgt?

  2. Welche Vorfälle waren Anlass für die Änderung von § 128 SGB V in der Fassung der 15. Azneimittelgesetz-Novelle vom 17. Juli 2009? Welche Vorfälle waren insbesondere Anlass für die Formulierung von Absatz 6? Welche politische Intention wurde verfolgt?

  3. Welche Vorfälle waren Anlass für die Änderung von § 128 SGB V in der Fassung des GKV-VStG vom 22. Dezember 2011? Welche politische Intention wurde verfolgt?

  4. Welche Wirkung hat der § 128 SGB V nach Ansicht der Bundesregierung seit 2009 entfaltet? Wie hat sich insbesondere das Verhältnis der pharmazeutischen Unternehmer zu niedergelassenen Vertragsärztinnen und -ärzten verändert (bitte mit Zahlen belegen)?

  5. Welche sozialgesetzlichen Konsequenzen sind möglich, wenn Vertragsärztinnen und -ärzte von einem nichtärztlichen Leistungserbringer oder Pharma-Unternehmen Vorteile als Gegenleistung für die Verordnung von Arzneimitteln bzw. Leistung entgegennehmen?

  6. Wie häufig wurden den Krankenkassen Verstöße gegen die Absätze 2 und 6 des § 128 SGB V seit 2009 bekannt (bitte jeweils nach Jahren aufschlüsseln)?

  7. Wie häufig wurden nichtärztliche Leistungserbringerinnen und -erbringer von der Versorgung der Versicherten durch die Kassen im Sinne von § 128 Absatz 3 Satz 2 SGB V ausgeschlossen (bitte jeweils Berufsgruppe, Jahr und Art des Verstoßes angeben)?

  8. Wie oft wurden andere Sanktionen gem. § 128 Absatz 3 SGB V verhängt (bitte nach Art der Sanktion, Jahr und Art des Verstoßes aufschlüsseln)?

  9. Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus dem genannten BGHBeschluss vom 29. März 2012? Stimmt die Bundesregierung mit dem Großen Senat des BGH überein, der "die grundsätzliche Berechtigung des Anliegens, Missständen, die – allem Anschein nach – gravierende finanzielle Belastungen des Gesundheitssystems zur Folge haben, mit Mitteln des Strafrechts effektiv entgegenzutreten", anerkennt?

  10. Sieht die Bundesregierung die Vorteilsannahme durch Vertragsärztinnen und -ärzte als Gegenleistung für die Verordnung von bestimmten Arzneimitteln als strafwürdig an? Falls ja, plant sie eine entsprechende Gesetzesinitiative?

  11. Sieht die Bundesregierung die Vorteilsgewährung durch die Pharmaindustrie und andere Unternehmen als Gegenleistung für die Verordnung von bestimmten Arzneimitteln als strafwürdig an? Falls ja, plant sie eine entsprechende Gesetzesinitiative?

  12. Stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass § 128 Absatz 3 nur zur Sanktionierung nichtärztlicher Leistungserbinger herangezogen werden kann und Ärztinnen und Ärzte insbesondere durch die in den Absätzen 1, 2, 5, 5a, 5b und 6 genannten korruptiven Verhaltensweisen nicht mittels Absatz 3 belangt werden können?

  13. Wie viele und welche Verträge nach § 128 Absatz 6 in Verbindung mit Absatz 3 SGB V wurden abgeschlossen?

  14. Welche tatsächlichen Ermittlungskompetenzen haben die bei allen Krankenkassen eingerichteten Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen gemäß § 197a SGB V, um einen Verdacht auf Verstoß gegen § 128 SGB V wirksam zu verfolgen?

  15. Welche tatsächlichen Ermittlungskompetenzen haben die bei allen Kassenärztlichen Vereinigungen eingerichteten Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen gemäß § 81a SGB V, um einem Verdacht auf korruptives Verhalten niedergelassener Vertragsärztinnen und -ärzte nachzugehen?

  16. Welche Vorfälle waren Anlass für die Einführung des § 73 Absatz 7 SGB V in der Fassung des GKV-VStG vom 22. Dezember 2011 angesichts der Tatsache, dass es bereits seit vielen Jahren dasVerbot der Zuweisung gegen Entgelt in § 31 der Musterberufsordnung der deutschen Ärztinnen und Ärzte gibt? Welche politische Intention wurde verfolgt?

  17. Wie häufig wurden Ärztinnen und Ärzten aufgrund von Verstößen gegen vertragsärztliche Pflichten die Zulassung gemäß § 95 Absatz 6 SGB V in den letzten 5 Jahren entzogen (bitte jeweils nach Bundesland für die letzten 5 Jahre aufschlüsseln)?

  18. Welche berufsrechtlichen Konsequenzen sind nach Kenntnis der Bundesregierung möglich, wenn Vertragsärztinnen und -ärzte von einem nichtärztlichen Leistungserbringer oder Pharma-Unternehmen Vorteile als Gegenleistung für die Verordnung von Arzneimitteln dieses Unternehmens entgegennehmen?

  19. Wie oft wurden nach Kenntnis der Bundesregierung durch die zuständigen Landesärztekammern eigenständig berufsrechtliche Verfahren wegen Verstoßes gegen §§ 31, 34 Absatz 5 der Musterberufsordnung eingeleitet (bitte jeweils nach Bundesland für die letzten 5 Jahre aufschlüsseln)? Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dieser Zahl angesichts der Tatsache, dass allein im Zusammenhang mit dem sog. Ratiopharm- Skandal bundesweit Ermittlungsverfahren gegen 3 000 Vertragsärzte eingeleitet wurden?

  20. Wie oft wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Ratiopharm-Skandal von den zuständigen Landesärztekammern berufsrechtliche Sanktionen wegen Verstößen gegen §§ 31, 34 Absatz 5 der Musterberufsordnung verhängt (bitte jeweils nach Bundesland für die letzten 5 Jahre aufschlüsseln)?

  21. Welche tatsächlichen Ermittlungskompetenzen haben die zuständigen Landesärztekammern, um einen Verstoß gegen §§ 31, 34 Absatz 5 der Musterberufsordnung wirksam zu verfolgen?

  22. Sind berufsrechtliche Sanktionen bei korruptivem Verhalten von Vertragsärzten nach Ansicht der Bundesregierung angemessen und sachgerecht, wenn "ein nennenswerter Teil der Ärzte, nämlich nicht nur einige wenige Prozente, sagen, sie kennen diese Berufsordnung auch gar nicht in dieser Hinsicht und es interessiert sie eigentlich auch nicht, was drin steht" (Zitat: Prof. Kai Bussmann in Report Mainz, 3. Juli 2012, unter Hinweis auf die veröffentlichten wesentlichen Ergebnisse seiner vom GKV-Spitzenverband in Auftrag gegebenen Studie)?

  23. Unter welchen Voraussetzungen kommt es nach Kenntnis der Bundesregierung bei einem Verstoß gegen §§ 31, 34 Absatz 5 der Musterberufsordnung zu einem Widerruf der Approbation durch die zuständige Landesbehörde?

  24. Welche Ermittlungsmöglichkeiten haben die zuständigen Landesbehörden, um einem möglichen Verstoß gegen §§ 31, 34 Absatz 5 der Musterberufsordnung nachzugehen?

  25. Wie häufig ist nach Kenntnis der Bundesregierung eine Approbation in den letzten 5 Jahren tatsächlich widerrufen worden (bitte aufschlüsseln nach Bundesland und Jahren)?

  26. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein für einen Entzug der Kassenzulassung gemäß § 95 Absatz 6 SGB V durch den zuständigen Zulassungsausschuss?

  27. Wie häufig ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Kassenzulassung in den letzten 5 Jahren tatsächlich entzogen worden (bitte aufschlüsseln nach Bundesland und Jahren)?

  28. Stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass nach den Berufsordnungen die Ärztinnen und Ärzte verpflichtet sind, in allen vertraglichen und sonstigen beruflichen Beziehungen zu Dritten ihre ärztliche Unabhängigkeit für die Behandlung der Patientinnen und Patienten zu wahren (entspricht § 30 der Musterberufsordnung)?

  29. Stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass Pharmaunternehmen vor allem deshalb Vorteile gewähren, weil sie dadurch eine häufigere Verschreibung ihrer Präparate erreichen wollen?

  30. Welche Auswirkungen auf die Qualität und die Wirtschaftlichkeit der Verordnungen sind nach Kenntnis der Bundesregierung zu erwarten, wenn Ärztinnen und Ärzte Vorteile von der Pharmaindustrie entgegennehmen?

  31. Welches Schutzgut rechtfertigt das Verbot der Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung bei Amtsträgern und Amtsträgerinnen? Ist dieses Schutzgut nach Ansicht der Bundesregierung höher zu werten als die Behandlungsqualität oder die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenkassen?

  32. Haben nach Ansicht der Bundesregierung niedergelassene Ärztinnen und Ärzte gegenüber den Krankenkassen eine finanzielle Verantwortung? Falls ja, worin drückt sich diese Verantwortung aus, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

  33. Wie groß ist der Anteil der ärztlichen Fortbildungen, die nach Einschätzung der Bundesregierung von der Pharma- oder Medizinprodukteindustrie ganz oder teilweise bezahlt werden?

  34. Hält die Bundesregierung die fachliche Unabhängigkeit von Fortbildungsveranstaltungen für prinzipiell gefährdet, wenn diese von der Industrie bezahlt werden?

  35. Wie bewertet die Bundesregierung die Information von Ärztinnen und Ärzten über Arzneimittel durch Pharmareferentinnen und -referenten der Industrie nach ihrer Kenntnis hinsichtlich Qualität und Vollständigkeit (unerwünschte Wirkungen, Behandlungsalternativen)?

  36. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus Untersuchungen, denen zufolge die Verzerrung von medizinischen Informationen mit der Höhe des Industriesponsorings an einer Fortbildungsveranstaltung zunimmt (vgl. Archives of Internal Medicine 2011; 171:840-46)?

  37. Sind der Bundesregierung die Regelungen zur Transparenz im Verhältnis zwischen Industrie sowie Ärztinnen und Ärzten bekannt, die mit der USamerikanischen Gesundheitsreform 2009 eingeführt wurden? Was beinhalten diese Regelungen, und welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung aus diesen? Inwiefern sind die Transparenz-Berichte über Zuwendungen von der Industrie, die in den USA demnächst veröffentlicht werden müssen, auch in Deutschland einführbar?

  38. Welche Maßnahmen aus anderen Staaten sind der Bundesregierungen bekannt, die das Marketing durch Pharmareferentinnen und -referenten einschränken oder verhindern sollen?

  39. Sind der Bundesregierung Studien oder Befragungen bekannt, die untersucht haben, wie groß der Anteil der Industrie am vermitteltenWissen über neue Arzneimittel an Ärztinnen und Ärzten ist? Falls ja, welches sind die Ergebnisse, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus?

  40. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin, bei dem Transparency International die Herausgabe der bei der kassenärztliche Bundesvereinigung gesammelten Daten über die verschriebenen Medikamente, die Anzahl der betroffenen Patienten, die Anzahl der verschreibenden Ärzte und die Höhe der an sie gezahlten Honorare herauszugeben erstritten hat (VG Berlin, Urteil vom 1. Juni 2012, Az.: VG 2 K 177.11)?

  41. Wie viel Geld haben Ärztinnen und Ärzte nach Kenntnis der Bundesregierung für die Durchführung von Anwendungsbeobachtungsstudien in den letzten 5 Jahren erhalten?

  42. Gelten die Vorschriften des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) bezüglich Registrierung und Veröffentlichung von Studien auch für Anwendungsbeobachtungsstudien? Falls nein, warum wurden die entsprechenden Vorschriften nicht auch darauf erstreckt, und plant die Bundesregierung eine diesbezügliche Gesetzesänderung?

  43. Welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung aus Vorwürfen, denen zufolge Anwendungsbeobachtungsstudien "eine Form legalisierter Korruption" seien und "nur Marketingzwecken dienen" (siehe Pressenmitteilung Transparency International vom 11. Juni 2012)?

  44. Inwiefern hält es die Bundesregierung für wünschenswert, die Einflussnahme z. B. der Pharmaindustrie auf das Verordnungsverhalten von Ärztinnen und Ärzten weitestmöglich zu begrenzen?

  45. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um diese Beschränkung der Einflussnahme zu gewährleisten? Sind insbesondere Beschränkungen der Werbemöglichkeiten für Arzneimittel bei Fachkreisen, Beschränkungen bei Pharmareferentinnen und -referenten, weitgehende Beschränkung von Anwendungsbeobachtungsstudien und Vorgaben zur Transparenz bei Veranstaltungssponsoring geplant?

  46. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse über den Geldbetrag der Vorteile und Vergünstigungen, die insgesamt in Deutschland für die Verordnung von bestimmten Arzneimitteln gewährt und entgegen genommen werden? Wenn ja, wie hoch beziffert sie diesen?

  47. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen Ärztinnen und Ärzte oder ihre Familienangehörigen stille Beteiligungen an Unternehmen anderer Leistungserbringerinnen und -erbringer halten und so an der ärztlichen Überweisung mitverdienen? Falls ja, wie beurteilt die Bundesregierung dies, und hält sie die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidungen dadurch für gefährdet?

  48. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen Ärztinnen und Ärzte oder ihre Familienangehörigen aktive Beteiligungen an Unternehmen anderer Leistungserbringerinnen und -erbringer halten und so an der ärztlichen Überweisung mitverdienen? Falls ja, wie beurteilt die Bundesregierung dies, und hält sie die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidungen dadurch für gefährdet?

  49. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen Vertragsärztinnen und -ärzte von anderen Leistungserbringerinnen und -erbringern (zum Beispiel von Ergo- bzw. Physiotherapeutinnen und -therapeuten, Logopädinnen und Logopäden) materielle Zuwendungen für ausgestellte Rezepte einfordern oder angeboten bekommen? Von welchen Leistungserbringerinnen und -erbringern ist das bekannt, und wie bewertet die Bundesregierung dieses Verhalten?

  50. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen Vertragsärztinnen und -ärzte von anderen Unternehmen (Labore, medizinisch-technisches Handwerk etc.) materielle Zuwendungen oder Vergünstigungen für Aufträge einfordern oder angeboten bekommen? Von welchen Unternehmen ist das der Bundesregierung bekannt, und wie bewertet die Bundesregierung dieses Verhalten?

  51. In welchen Fällen dürfen Ärztinnen und Ärzte Empfehlungen für andere Leistungserbringerinnen und -erbringer abgeben? Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, ob und in welchem Maße diese Vorgaben eingehalten oder missachtet werden?

Berlin, den 8. August 2012
Im Bundestag notiert

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