Über- und unterversorgte ärztliche Planungsbereiche für Hausärzte in Deutschland
Starnberg in Bayern hat bundesweit den höchsten Versorgungsgrad an Hausärzten. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung (17/6632) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/6414) hervor. Die Gemeinde habe einen Versorgungsgrad von mehr als 145 Prozent, wie aus Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung hervorgeht. Dahinter folgten Freiburg im Breisgau (mehr als 140 Prozent) und Hagen (131 Prozent). Am anderen Ende der Skala sei der Saalekreis (Sachsen-Anhalt) Schlusslicht: Dort werde nur ein Versorgungsgrad von knapp 65 Prozent erreicht. Es folgten Dessau (78,8 Prozent) und die Uckermark (79,2).
Die Bundesregierung merkt dazu an, die "Sicherstellung einer flächendeckenden und bedarfsgerechten medizinischen Versorgung" sei ein zentrales gesundheitspolitisches Anliegen, dem angesichts der demographischen Entwicklung in Zukunft eine "zunehmende Bedeutung" zukommen werde. Mit dem geplanten Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversichrung würden die Voraus-setzungen geschaffen, damit die gemeinsame Selbstverwaltung die Bedarfsplanung "zielgerichtet weiterentwickeln" kann.
Vorbemerkung der Fragensteller
Im Rahmen der Debatten um das geplante Versorgungsgesetz äußern die Bundes- und Landespsychotherapeutenkammern die Befürchtung, dass die Möglichkeit des Abbaus von Arztsitzen in rechnerisch überversorgten Gebieten insbesondere ihre Berufsgruppe treffen könne und hierdurch eine Situation der faktischen Unterversorgung in rechnerisch überversorgten Gebieten entstehen könne. Die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der SPD (Bundestagsdrucksache 17/4643) zeigt auf, dass in den zehn Planungsbereichen mit den höchsten Versorgungsgraden (584 bis 377,4) eine extreme Spreizung bei der tatsächlichen Relation Psychotherapeuten/Psychotherapeutinnen pro 100 000 Einwohner/Einwohnerinnen (zwischen 117,83 und 19,03) zu verzeichnen ist und sich bei den Relationen Überschneidungen mit der Versorgung in den zehn Planungsbereichen mit den niedrigsten Versorgungsgraden (107,5 bis 74,6 bei Relationen zwischen 37,11 und 5,84) ergeben. Ziel der Kleinen Anfrage ist es, zu klären, ob solche Ungleichverteilungen auch in anderen Arztgruppen auftreten und allgemeiner Handlungsbedarf besteht oder ob diese Ungleichgewichte bei Psychotherapeuten/Psychotherapeutinnen Folge der auf den 31. August 1999 festgelegten Stichtagsregelung sind und im Interesse der Versorgung der Bevölkerung eine spezifische Änderung sinnvoll ist.
Antwort der Bundesregierung
Die Sicherstellung einer flächendeckenden und bedarfsgerechten medizinischen Versorgung ist ein zentrales gesundheitspolitisches Anliegen, dem angesichts der demographischen Entwicklung in Zukunft eine zunehmende Bedeutung zukommen wird. Mit dem geplanten Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung werden die Voraussetzungen geschaffen, damit die gemeinsame Selbstverwaltung die Bedarfsplanung zielgerichtet weiterentwickeln kann. Darauf aufbauend können dann die notwendigen Maßnahmen zum Abbau der Überversorgung unter Berücksichtigung des tatsächlichen Versorgungsbedarfes ergriffen werden.
Ziel ist es, mit Hilfe einer präziseren Bedarfsplanung sachgerechtere Entscheidungen zu ermöglichen. Neben der Vorgabe, dass die Selbstverwaltung die Anpassung der Verhältniszahlen für alle Arztgruppen künftig allein nach sachgerechten Kriterien und nicht mehr stichtagsbezogen vornehmen kann, werden mit dem Gesetz auch die Möglichkeiten erweitert, besondere Versorgungsbedarfe einer Region zu berücksichtigen. Dadurch können durch bundesweite Vorgaben nicht erfasste regionale Unterschiede auch zwischen den Regionstypen ausgeglichen werden. Eine Ungleichverteilung zwischen der Anzahl der Ärztinnen und Ärzte und der Einwohnerinnen und Einwohner in Städten und in ländlichen Regionen tritt bei allen Arztgruppen auf. Sie variiert zwischen den Arztgruppen und ist durch das historisch unterschiedliche Niederlassungsverhalten, das unterschiedliche Inanspruchnahmeverhalten der Versicherten sowie bestehende Mitversorgungseffekte bedingt.
Bei den nachfolgenden Angaben sind die sich aus den Gebietsreformen in Sachsen und Sachsen-Anhalt ergebenden Änderungen der Planungsbereichszuschnitte noch nicht mit berücksichtigt.
Planungsbereiche mit dem höchsten Versorgungsgrad
- Starnberg
- 145,4% = 82,3 Ärzte/100.000 EW
- Freiburg im Breisgau
- 140,7% = 89,9
- Hagen, Stadt
- 131,0% = 61,4
- Northeim
- 129,3% = 79,4
- Garmisch-Patenkirchen
- 129,1% = 87,6
- München
- 128,3% = 81,0
- Berchtesgadener Land
- 126,0% = 84,6
- Gelsenkirchen
- 125,4% = 58,7
- Essen
- 124,6% = 58,4
- Regensburg
- 124,3% = 79,4
Planungsbereiche mit dem niedrigsten Versorgungsgrad
- Emsland
- 84,2% = 56,5
- Aschersleben-Staßfurt
- 83,9% = 50,6
- Ohrekreis
- 83,3% = 51,2
- Gifhorn
- 83,3% = 51,1
- Jerichower Land
- 81,5% = 50,1
- Soltau-Fallingbostel
- 81,4% = 55,2
- Altmarkkreis Salzwedel
- 79,9% = 54,2
- Uckermark
- 79,2% = 53,8
- Dessau, Stadt Bitterfeld
- 78,6% = 52,7
- Saalekreis
- 64,8% = 39,8
Planungsbereiche mit höchster Arzt/Einwohner-Relation
- Freiburg im Breisgau
- 89,9 Ärzte/100.000 Ew. = 140,7%
- Garmisch-Patenkirchen
- 87,6 = 129,1 %
- Berchtesgadener Land
- 84,6 = 126,0%
- Passau
- 82,5 = 122,9%
- Starnberg
- 82,3 = 145,4%
- München
- 81,0 = 128,3%
- Regensburg
- 79,4 = 129,3%
- Northeim
- 79,4 = 129,3%
- Demmin
- 78,1 = 115,2%
- Miesbach
- 77,8 = 115,9%
Planungsbereiche mit niedrigster Arzt/Einwohner-Relation
- Vechta
- 52,1 Ärzte/100.000 Ew. = 86,4%
- Oberhausen
- 52,1 = 112,2%
- Spree-Neiße
- 52,0 = 84,7%
- Ohrekreis
- 51,2 = 83,3%
- Gifhorn
- 51,1 = 8,3%
- Aschersleben-Staßfurt
- 50,6 = 83,9%
- Torgau-Oschatz
- 50,4 = 88,4%
- Harburg
- 50,4 = 89,1%
- JerichowerLand
- 50,1 = 81,5%
- Saalekreis
- 39,8 = 64,8%
Quelle: Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) (Stand Frühjahr 2011)
- Weiterführende Links
- www.bundestag.de
- www.kbv.de