Dieser Pressemitteilung liegt die Studie "Krankenhaus Rating Report 2008: Qualität und Wirtschaftlich- keit" zugrunde. Sie enthält unter anderem grafische Darstellungen auf Deutschlandkarten und Kran- kenhausbenchmarks. Das Exe- cutive Summary ist unter www.rwi-essen.de/mat als Heft 41 der "RWI : Materialien" und unter www.admed.com als pdf-Datei erhältlich. Die vollständige Studie kann für 260 Euro inkl. MwSt. beim RWI Essen, der HCB GmbH oder der ADMED GmbH bestellt werden. (Foto: DAK / Scholz)

Mittwoch, 02. April 2008

RWI-Studie: "Krankenhaus Rating Report 2008: Qualität und Wirtschaftlichkeit kein Widerspruch"

Von: RWI Essen / Pressemitteilung

In seiner vierten Ausgabe untersucht der Krankenhaus Rating Report erstmals den Zusammenhang zwischen Qualität medizinischer Dienstleistungen und Wirtschaftlichkeit des Krankenhausbetriebs. Das Ergebnis: Wirtschaftlichkeit wird nicht auf Kosten der Qualität erreicht. Es scheint sogar eine Verbindung zwischen Unwirtschaftlichkeit und Quali- tätsproblemen zu geben. Die gemeinsame Studie des RWI Essen, der Institute for Healthcare Business GmbH und der ADMED GmbH ermittelt ferner die Folgen der erwarteten Finanzierungslücke von über einer Milliarde Euro. Nach einer Erholungsphase bis 2006 spitzt sich die Finanzlage vieler Kliniken seit 2007 wieder zu. Schließungen und Privati- sierungen sind langfristig wahrscheinlich, ebenso eine verstärkte Zentrenbildung. Der effiziente Umgang mit knappen Ressourcen bleibt für die Kliniken eine große Herausforderung.

Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser

Steigende Tariflöhne, höhere Sachkosten insbesondere bei Lebensmitteln und Energie sowie ein größerer Personal- und Sachmittelbedarf aufgrund steigender Behandlungsfälle sind die drei wichtigsten Ursachen der Kostensteigerungen. Weil die Budgets von der Politik gedeckelt werden, öffnet sich schon in diesem Jahr eine Finanzierungslücke von 1,3 bis 2,2 Milliarden Euro. Das entspricht 2 bis 3% des bisherigen Budgets der Krankenhäuser. Bis zum Jahr 2006 war für viele Krankenhäuser eine wirtschaftliche Erholung möglich, konnten Gewinne erwirtschaftet und zum Teil sogar aus eigener Kraft Investitionen getätigt werden. Die Ergebnisse des Krankenhaus Rating Reports 2008 lassen aber eine spürbare Verschlechterung in der nahen Zukunft erwarten.

Die Ergebnisse des Ratings: 18% der Häuser im roten Bereich

Das Rating basiert auf einer Stichprobe von 471 Jahresab- schlüssen für die Jahre 2005/2006, die insgesamt 701 Krankenhäuser umfassen. Nach Risiko für eine Insolvenz werden die Häuser in drei Kategorien (grün, gelb und rot) eingeteilt. 18% der Krankenhäuser liegen im roten Bereich, 16% im gelben, immerhin 66% im grünen Bereich. Für 2008 prognostiziert die Studie jedoch einen Anteil von 34% der Krankenhäuser im roten Bereich und eine Zunahme des Anteils der Häuser mit Verlusten von 23 auf 52%. Ohne Gegenmaßnahmen dürfte sich daher die Situation künftig erheblich verschlechtern. Der Anteil der Häuser im roten Bereich könnte dann bis 2020 auf 49% steigen.

Kleine Krankenhäuser schneiden im Rating signifikant schlechter ab als große oder mittelgroße, westdeutsche schlechter als ostdeutsche. Im roten Bereich liegen 22% der öffentlich-rechtlichen Häuser, aber nur knapp 17% der frei- gemeinnützigen und lediglich rund 14% der privaten Einrich- tungen. Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen weisen ein durchschnittliches Rating auf, die Kliniken in Baden-Württem- berg und Ostdeutschland ein überdurchschnittliches. Die Krankenhäuser aller anderen Bundesländer stehen schlechter da als der Bundesdurchschnitt.

Auf Basis von Daten der Bundesgeschäftsstelle für Quali- tätssicherung (BQS) untersucht der Report erstmalig den Zusammenhang zwischen Wirtschaftlichkeit und Qualität. Krankenhäuser mit qualitativen Auffälligkeiten weisen tendenziell auch ein schlechteres, zumindest kein besseres Bilanz-Rating auf. Dieses Ergebnis zeigt, dass eine höhere Wirtschaftlichkeit nicht auf Kosten der Qualität geht, sondern möglicherweise sogar mit höherer Qualität der medizinischen Dienstleistungen einhergeht.

In der Wachstumsbranche "Gesundheitswirtschaft" streben viele Regionen danach, sich als führendes überregionales Gesundheitszentrum zu positionieren. Die Analyse von Patientenwanderungen gibt Aufschluss darüber, welche Städte in diesem Wettbewerb bisher besonders erfolgreich sind. Spitzenplätze erreichen München, Frankfurt am Main, Heidelberg und die Kernstädte des Ruhrgebiets.

Empfohlene Maßnahmen auf betrieblicher und politischer Ebene: Mehr Effizienz, kein Sanierungsbeitrag, höhere Vergütung

Durch eine Kombination betrieblicher und politischer Maß- nahmen könnte die relativ günstige Ausgangslage des Jahres 2006 wieder erreicht werden, wenn eine Marktbereinigung um 10 % der Krankenhäuser akzeptiert wird. Die Bundes- politik sollte ferner den Sanierungsbeitrag bereits in diesem Jahr wieder abschaffen und 2009 die Vergütung um 2,4 % erhöhen. Die Länder sollten ihre ohnehin knappen Investitionsfördermittel effizienter einsetzen und auf die monistische Krankenhausfinanzierung umsteigen, das bedeutet Finanzierung der Investitionen und der Betriebsausgaben aus einer Hand.

Gelingt es zusätzlich, "gesellschaftliche Effizienzreserven" durch eine Erhöhung der Erwerbstätigenquote beziehungs- weise der Zahl der Beitragszahler zu heben, beispielsweise durch eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und eine qualifizierte Zuwanderung, dann könnte langfristig die Vergütung der Krankenhäuser stärker als in der Vergangen- heit angehoben werden. Zusätzliche Optimierungsmaß- nahmen auf betrieblicher Ebene vorausgesetzt, könnte dann unter den 90% der im Markt verbliebenen Krankenhäuser langfristig der Anteil der Häuser im roten Bereich wieder auf rund 20% zurückgehen, der Anteil der Häuser mit Verlusten auf 14% schrumpfen und der Anteil der Häuser mit Überschüssen auf 70% steigen.

Ihre Ansprechpartner dazu
Dr. Boris Augurzky
Tel.: (0201) 81 49-203
E-mail: augurzky@rwi-essen.de
Dr. Sebastian Krolop (ADMED GmbH)
Tel.: (02238) 47 53 00
Joachim Schmidt (Pressestelle RWI Essen)
Tel.: (0201) 81 49-213
E-mail: weiler@rwi-essen.de

Lesen Sie auch dazu die Stellungnahme der Deutschen Krankenhausgesellschaft: "Finanzloch von 2,2 Mrd. Euro gefährdet Patientenversorgung - Ein Drittel der Krankenhäuser wirtschaftlich in Not"

Vor dem Hintergrund der Veröffentlichung des "Krankenhaus Rating Report 2008" durch das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) und zur Diskussion um das von Prof. Dr. Bert Rürup im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) aktuell erstellte Gutachten erklärt der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum:

"Noch deutlicher kann die Finanzierungsproblematik der Krankenhäuser nicht aufgezeigt werden. Gestern legte das RWI den "Krankenhaus Rating Report 2008" vor. In beängstigender Weise wird bestätigt, dass immer mehr Krankenhäuser – 2008 bereits 34 Prozent der über 2.100 Kliniken – infolge der Deckelungspolitik der Regierungskoalition von Insolvenz bedroht sind. Obwohl die Krankenkassen längst saniert sind, werden aus den Kliniken über den Sanierungsbeitrag weiterhin monatlich 20 Mio. Euro herausgezogen. Explodierende Energie- und Sachkosten, die aktuell drohenden massiven Tarifsteigerungen sowie die Sanierungsabgabe reißen in den Krankenhausbereich allein für 2008 ein neues Loch der Unterfinanzierung in Höhe von 2,2 Mrd. Euro. Trotz Inflation von inzwischen 3 Prozent und weiter massiv steigenden Kosten werden die Vergütungen der Krankenhäuser weiter gedeckelt.

Mit dem ebenfalls aktuell vorliegenden Gutachten des Regierungsberaters Prof. Dr. Bert Rürup wird nun auch noch die Unterfinanzierung bei den Investitionsmitteln der Krankenhäuser wissenschaftlich bestätigt. Demnach haben die Länder den Kliniken im Jahr 2006 nur noch 2,7 Milliarden Euro Investitionskosten bereitgestellt. Dies ist zum elften Mal in Folge ein Rückgang. Im Vergleich zu 1991 (3,6 Mrd. Euro) fuhren die Länder die Krankenhausfinanzierung um real (minus) 44,3 Prozent zurück. Zusätzlich zu den Milliardenlasten der Spargesetze der Koalition haben die Krankenhäuser die Lasten der unzureichenden Investitionsmittelausstattung der Länder zu tragen.

Beide Gutachten unterstreichen: Die Belastungsschraube ist überdreht, die medizinische Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser ist gefährdet. Patienten und Mitarbeiter sind Belastungen ausgesetzt, die nicht weiter steigerbar sind. Kein Verständnis haben die Krankenhäuser für ein ‚Schwarzer-Peter-Spiel’ in der Politik. Bund und Länder tragen Verantwortung. Es ist zu begrüßen, dass das BMG der Auffassung ist, dass die Investitionsmittel auf 5 Mrd. Euro aufgestockt werden müssen. Die Mittel kommen aber nicht bei den Investitionen an, wenn die Krankenhäuser nicht in die Lage versetzt werden, die laufenden Kosten zu decken.

Das kann nur gelingen, wenn die Vergütungen der Krankenhäuser nicht länger an die Grundlohnrate gekoppelt werden, Tarifsteigerungen gesetzlich refinanzierbar sind und die Krankenhäuser von weiteren Kürzungen verschont bleiben. Die Verantwortung dafür liegt in der Gesetzgebung der Bundesregierung."

<- Zurück zu: Pressespiegel