Die Daten der Patienten werden elektronisch auf der Gesundheits- karte abgelegt und abgerufen. (Fotos: Bundesministerium für Gesundheit)

Freitag, 30. Januar 2009

Rund 655 Millionen Euro sind für die elektronische Gesundheitskarte eingeplant

Von: Deutscher Bundestag / Pressemitteilung

Die Krankenkassen planen für die Ausgabe der elektroni- schen Gesundheitskarten an ihre Versicherten einschließlich der Lichtbildbeschaffung und Anschreiben sowie für die Aus- stattung der Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser mit zu- kunftsfähigen Kartenterminals für das laufende Jahr einen Gesamtbetrag von rund 655 Millionen Euro ein, in dem auch die Aufwendungen für die gematik (Gesellschaft für Telema- tikanwendungen der Gesundheitskarte mbH) enthalten sind.

Dies haben die Kassen im Zusammenhang mit ihren Ausga- benplanungen für 2009 dargelegt, wie es in der Antwort der Bundesregierung (16/11411) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (16/11145) heißt. Dieser Betrag sei auch in die Schätzung des seit Jahresbeginn geltenden einheit- lichen allgemeinen Beitragssatzes einbezogen worden.

Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage lesen Sie bitte als pdf-Download am Ende dieser Seite.

Die Funktionen der elektronischen Gesundheitskarte

Gemäß §§ 291, 291a SGB V muss die Gesundheitskarte die administrativen Daten enthalten und darüber hinaus geeig- net sein, insbesondere folgende Anwendungen aufnehmen bzw. unterstützen zu können:

  • die Übermittlung ärztlicher Verordnungen in elektro- nischer und maschinell verwertbarer Form;
  • das Erheben, Verarbeiten und Nutzen von medizi- nischen Daten soweit sie für die Notfallversorgung erforderlich sind;
  • das Erheben, Verarbeiten und Nutzen von Befunden, Diagnosen, Therapieempfehlungen sowie Behand- lungsberichten in elektronischer und maschinell ver- wertbarer Form für eine einrichtungsübergreifende, fallbezogene Kooperation (elektronischer Arztbrief);
  • das Erheben, Verarbeiten und Nutzen von Daten einer Arzneimitteldokumentation;
  • das Erheben, Verarbeiten und Nutzen von Daten über Befunde, Diagnosen, Therapiemaßnahmen, Behand- lungsberichte sowie Impfungen für eine fall- und ein- richtungsübergreifende Dokumentation über die bzw. den Patienten (elektronische Patientenakte);
  • das Erheben, Verarbeiten und Nutzen von durch von Versicherten selbst oder für sie zur Verfügung gestell- te Daten sowie
  • das Erheben, Verarbeiten und Nutzen von Daten über in Anspruch genommene Leistungen und deren vor- läufige Kosten für die Versicherten (§305 Abs.2 SGB V).

Die Karte enthält die Versichertenstammdaten und ist technisch bereits bei der Erstausgabe für folgende freiwillige Anwendungen vorbereitet:

  • Speicherung und Verwaltung von Notfalldaten,
  • Speicherung und Verwaltung elektronischer Verordnungen.
  • Außerdem unterstützt sie weitere Anwendungen im Feld:
    • bspw. die Arzneimitteldokumentation,
    • den elektronischer Arztbrief,
    • das Patientenfach.

Die Nutzung dieser Funktionen bedarf der Zustimmung der Versicherten. Voraussetzung hierfür ist, dass die Anwendun- gen die parallel zur Ausgabe der elektronischen Gesund- heitskarte stattfindenden Tests erfolgreich durchlaufen.

Vorbemerkungen der Fraktion Die Linke

Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) und das zu Grun- de liegenden Telematiksystem gelten als umfangreichstes Technologieprojekt im deutschen Gesundheitswesen. Die Einführung dieses Systems wurde bereits 2003 beschlossen. Organisatorische, strukturelle und technische Unklarheiten haben diese bisher verzögert. Das Gesetz zur Modernisie- rung der gesetzlichen Krankenversicherung und die anschlie- ßende Verordnung sehen eine mehrstufige Testphase vor, die derzeit durchlaufen wird. Testergebnisse, zum Beispiel aus Schleswig-Holstein, zeigen große Probleme beim prak- tischen Umgang mit der Karte, etwa beim Eingeben der Persönlichen Identifikationsnummer (PIN). Eine breite und transparente Evaluierung der Tests ist bisher nicht erfolgt.

Verbände von Ärzten und anderen Leistungserbringern, Datenschutzinitiativen und Patientenorganisationen haben die Einführung der Karte immer wieder kritisiert. So be- schloss der 111. Deutsche Ärztetag im Juli 2008 einen Forderungskatalog zur Einführung der Karte. Die Ärzte fordern die Freiwilligkeit der Anwendung der eGK, die Prüfung alternativer und dezentraler Lösungen in der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und lehnen eine Kommerzialisierung von Gesund- heitsdaten ab. Zudem seien die derzeitigen Testverfahren nicht geeignet, die durch die eGK verursachten Störungen in den Abläufen in Praxen und Krankenhäusern zu verhindern.

Bürgerrechtsinitiativen, etwa der Chaos Computer Club e. V., raten von einer Einführung dieses Systems in der derzeit geplanten Form ab. Dieses weise bei hohen Sicherheitsri- siken eine völlig unzureichende Nutzenperspektive auf. Die Mitgliederversammlung der gematik (Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH) fasst jüngst einen Beschluss zum ergebnisoffenen Test von dezentralen Speicherlösungen als Alternative zur bisher geplanten Telematik.

In der so genannten Durchstichregion Nordrhein soll nun trotzdem mit dem Rollout der Karten begonnen werden, nachdem sich die dortige Kassenärztliche Vereinigung mit den Krankenkassen auf Pauschalen für die Installation der notwendigen Infrastruktur in Praxen und Kliniken geeinigt hat.

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