Professor Dr. Justus Haucap, geb. 1969 in Quakenbrück, ist seit dem 1. August 2009 Direktor des Instituts für Wettbewerbsökonomie (DICE) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und seit Juli 2006 Mitglied der Monopolkommission. Seit Juli 2008 ist er auch ihr Vorsitzender. Von 2007 bis 2009 hatte er einen Lahrstuhl für Wirtschaftspolitik an der Universität Erlangen-Nürnberg inne, davor (2004-2007) den Lehrstuhl für Wettbewerbstheorie und -politik an der Ruhr-Universität Bochum. Zuvor war er von 1999 bis 2003 wissenschaftlicher Assistent am Institut für Wirtschaftspolitik der Universität der Bundeswehr Hamburg bei Prof. Dr. Jörn Kruse. 2003 Habilitation zum Thema "Wettbewerb, Regulierung und Institutionen". (Foto: INSM)

Dienstag, 01. März 2011

Prof. Haucap: "Liberalisierung des Apothekenmarktes spart 450 Mio. EUR"

Von: INSM / Pressemitteilung

Die Liberalisierung des Apothekenmarktes würde Patienten und Beitragszahler um bis zu 448 Millionen Euro jährlich entlasten. Das ergibt eine Studie, die das Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) in Zusammenarbeit mit der TU Ilmenau für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) erstellt hat. Die Wissenschaftler kritisieren insbesondere mangelnden Wettbewerb und Überregulierung. Hubertus Pellengahr, Geschäftsführer der INSM: „Medikamente sind besondere Güter. Deshalb muss der Apothekenmarkt immer besonders reguliert werden. Es spricht aber nichts dagegen, durch einen klugen Ordnungsrahmen Preiswettbewerb zwischen Apotheken zu entfachen.“ Pellengahr fordert deswegen auch, Wettbewerbsbeschränkungen wie das Mehr- und Fremdbesitzverbot abzuschaffen.

Nach dem Reformvorschlag sollen sowohl die Zuzahlungen der Patienten für verschreibungs-pflichtige Medikamente komplett gestrichen werden wie auch Fixbetrag, Logistikpauschale und Zwangsrabatt zwischen Krankenkassen und Apothekern. Die Autoren fordern stattdessen eine Apothekentaxe von maximal zehn Euro, welche jeder Apotheker selbst festlegen kann. "Somit könnte der Patient jene Apotheke auszuwählen, die ihm das beste Preis-Leistungsverhältnis bietet", so der Studienleiter und Wettbewerbsexperte Prof. Dr. Justus Haucap. "Der Wettbewerb wird besonders dort intensiv, wo eine Überversorgung an Apotheken besteht, zum Beispiel in Innenstädten und Fußgängerzonen. Dort werden vermutlich einige Apotheken wegfallen. Apotheken im ländlichen Raum können hingegen mit einer höheren Taxe ihr Überleben sichern", so Haucap weiter.

Für zuzahlungsbefreite Medikamente sieht das Modell eine Erstattung der Apothekentaxe vor. Die Patienten müssten die Apothekentaxe zunächst vorstrecken, bekämen danach aber einen von ihrer Krankenkasse festgelegten Fixbetrag erstattet. Liegt der krankenkassenspezifische Erstattungsbetrag über der von der Apotheke geforderten Taxe, kann der Patient die Differenz zu seinem Vorteil behalten. Liegt die Apothekentaxe dagegen über dem Erstattungsbetrag, muss der Patient die Differenz selbst tragen. "So bleibt die Steuerungswirkung der Taxe bei zuzahlungsbefreiten Arzneimitteln erhalten", so Haucap.

Die Autoren haben drei Szenarien mit einer geringen, moderaten und intensiven Belebung des Wettbewerbs durchgerechnet, woraus sich ein Einsparpotential zwischen 105 und 448 Millionen Euro pro Jahr zu Gunsten von Patienten und Beitragszahlern ergibt.

Was also sind die Ergebnisse der Studie?

Prof. Haucap: "Im Kern schlagen wir eine vorsichtige Liberalisierung des Apothekenmarktes vor, um den Wettbewerb zwischen Apotheken in andere Bahnen zu lenken. Es kann nicht um eine vollständige Deregulierung in Wild-West-Manier gehen. Das ist selbst hartgesottenen Wettbewerbsökonomen klar.

Arzneimittel sind nämlich in der Sprache der Ökonomen so genannte Vertrauensgüter. Der Patient kann in aller Regel nicht selbst einschätzen und beurteilen, welche Medikation für ihn am besten geeignet ist. Bei einer falschen Medikation können erhebliche Schädigungen auftreten – im dramatischsten Fall bis hin zum Tod. Aus diesem Grund ist die Abgabe von Arzneimitteln hochgradig reguliert und das ist prinzipiell richtig so. Herr Pellengahr hat bereits darauf hingewiesen.

Die sicherlich bedeutsamste Regulierung ist die, dass viele Arzneimittel nur auf Rezept erhältlich sind. Darüber hinaus darf die überwiegende Zahl der Medikamente als apothekenpflichtige Arzneimittel nur in Apotheken abgegeben werden. Auch der Handel mit Arzneimitteln und der Betrieb und das Eigentum von Apotheken sind stark reglementiert.

Aufgrund der Besonderheit von Arzneimitteln ist eine Regulierung des Handels mit Arzneimitteln auch aus ökonomischer Perspektive geboten. Insbesondere ist sinnvoll, dass Patienten bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln zunächst einen Arzt aufsuchen müssen, welcher die Patienten untersucht und berät. Ebenfalls unstrittig ist, dass eine gewisse Regulierung bzgl. der Lagerung von Arzneimitteln und auch bzgl. des Betriebs von Apotheken effizient ist. Eine völlige Freigabe des Arzneimittelhandels ist weder ökonomisch noch gesundheitspolitisch wünschenswert.

Die Notwendigkeit der Regulierung des Apothekenmarktes rechtfertigt gleichwohl nicht automatisch jedwede Regulierung. Der Ordnungsrahmen ist auch im Apothekenwesen so zu gestalten, dass letzten Endes die für die Patienten optimale Leistung erbracht wird. Dazu zählen neben einer günstigen Versorgung auch eine qualitativ hochwertige Versorgung sowie die geographische Nähe von Apotheken zum Patienten."

Sehen Sie dazu den Animationsfilm "Wie mehr Wettbewerb in Apotheken ensteht" unter:
http://www.youtube.com/watch?v=PUioFwHGBxY

Professor Dr. Justus Haucap ist

  • Vorsitzender der Monopolkommission,
  • Direktor des Instituts für Wettbewerbsökonomie (DICE) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf,
  • Forschungsprofessor am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin,
  • Mitglied im Forschungsbeirat des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschafts­forschung (RWI) Essen,
  • Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK),
  • Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Zentralbibliothek für Wirtschafts­wissenschaften (ZBW) in Kiel,
  • im Direktorium des Instituts für Berg- und Energierecht der Ruhr-Universität Bochum,
  • im Herausgeberbeirat von von Applied Economics Quarterly und MedienWirtschaft.

Rückfragen zur Studie

Projektleitung
Marc Feist
feist@insm.de
Tel.: 030/ 27 877 175

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Thomas Bauer
bauer@insm.de
Tel.: 030/ 27 877 174

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