Donnerstag, 01. Juli 2010

Missler (Norddeutsches Wirtschaftsmagazin): "Der Kollege PC schont das Ärzte-Budget"

Von: Screenshot: Missler-Artikel

Preis-Transparenz - Mit einem innovativen Computerprogramm können Arzneikosten stark gesenkt werden. Die deutschen Krankenkassen sind knapp bei Kasse. Das liegt vor allem an den enormen Ausgaben. So haben die gesetzlichen Krankenkassen allein 2009 für Arzneimittel mehr als 32 Milliarden Euro berappen müssen. Die AOK und DAK, die Barmer, Techniker Krankenkasse, die Hanseatische Krankenkasse und weitere Kassen bemühen sich um Kostensenkungen. Doch bisher waren ihnen häufig die Hände gebunden. Allein Rabattverträge und Arzneimittelsparpakete halfen als zwei Säulen des Systems beim Sparen.

Seite Januar gibt es nun eine dritte Säule. Die Gesundheitsreform 2009 hat Krankenkassen die Möglichkeit eingeräumt, mit externen Dienstleistern die Rentabilität von Arzneimittelverordnungen zu überprüfen. Das war der Startschuss für ein neues Kostensenkungs-Instrument, das Online-Versorgungsmanagementsystem "CareSolution". Diese Erfindung der beiden Geschäftsführer Nicole Stroh und Dietmar Meier vom Leipziger Unternehmen Carenoble sorgt für mehr Preis-Transparenz bei verschreibungspflichtigen Medikamenten.

"Der einfachste Weg, die Arzneikosten zu senken, ist eine Übersicht über die Preise", sagt Nicole Stroh. Wenn ein Arzt exakt wisse, was eine Arznei kostet und welche anderen Präparate gleich gut sind, aber weniger kosten, könne er günstiger verschreiben. Die Idee der Firma Carenoble Gesellschaft für Gesundheitsökonomie: Künftig wählt sich jeder Arzt über eine geschützte Website in das System ein und gibt den Gesundheitszustand des Patienten und die von ihm gewählte Therapie an. "Kollege Computer" liefert dem Arzt eine herstellerunabhängige Trefferliste mit Medikamenten, dieser entscheidet frei nach Qualität und Preisen. "So kann der Arzt sein Budget schonen und gefürchtete Arzneimittelregresse der Krankenkassen vermeiden", fasst Dietmar Meier den Nutzen für Ärzte zusammen. Den Krankenkassen hilft das System, Ausgaben zu senken und auch Missbräuche bei Leistungserbringern aufzudecken. Branchenexperten beziffern das Einsparvolumen allein im Bereich künstlicher Ernährung über Infusionen, den das Unternehmen zunächst im Visier hat, bundesweit auf "rund 120 Millionen Euro". Das System ist bereits bei 16 Betriebskrankenkassen im Einsatz.

Eine Milliarde Euro im Jahr gehen dem Gesundheitswesen durch Betrügereien verloren. Ärzte und Rettungsdienste rechnen falsch ab, Apotheker verkaufen zu teure Präparate, Chipkarten von Patienten werden missbraucht. Die Techniker Krankenkasse (TK) in Hamburg-Barmbek nutzt für die Fahndung eine "elektronische Lupe". Herzstück ist ein sogenanntes Business Intelligence-System des Herstellers SAS Institute. Darin laufen alle verfügbaren Informationen über die sechs Millionen Versicherten der TK, über Krankenhäuser und Ärzte zusammen. Speicherkapazität: 1,5 Terabyte. Das entspricht dem Informationsgehalt von etwa 750 Millionen bedruckter DIN A4-Seiten.

In den riesigen Daten-Teppichen wird mit verschiedenen statistischen Erkennungsverfahren nach Mustern gesucht, die für das bloße Auge nicht erkennbar sind. "Data Mining" nennen Fachleute diese Technologie, mit der Auffälligkeiten und Zusammenhänge sichtbar werden. Sind an einem Vorgang beispielsweise ein Arzt aus Berlin, ein Apotheker aus München und ein Patient aus Hamburg beteiligt, schlägt das System Alarm. Hier könnte ein Betrug vorliegen. Die Ermittler der TK haben in den vergangenen Jahren schon einige Millionen Euro zurückgeholt, die falsch abgerechnet worden waren, und sparen jährlich 30 Millionen Euro, weil sie dem Missbrauch von Krankenversicherungskarten einen Riegel vorgeschoben haben.

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