Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz vom Deutschen Bundestag beschlossen
Der Deutsche Bundestag hat am 1. Februar in 2./3. Lesung das Gesetz zur Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung und zur Qualitätssicherung durch klinische Krebsregister (Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz) beschlossen.
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr: "Heute ist ein bedeutender Tag für die Krebsbekämpfung in Deutschland. Auf der Grundlage der Vorarbeiten des Nationalen Krebsplans bringt das Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz wichtige strukturelle Maßnahmen zur Verbesserung der Krebsfrüherkennung und der Qualität in der onkologischen Versorgung auf den Weg. Das Gesetz schafft die Voraussetzungen, dass eine Krebserkrankung möglichst frühzeitig erkannt und die Behandlung so erfolgreich wie möglich gestaltet werden kann. Das ist eine gute Botschaft an die vielen Menschen, die bei uns jedes Jahr an Krebs erkranken. Deshalb möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die an der Entstehung dieses Gesetzes mit großem Engagement im Interesse der krebskranken Menschen und deren Angehörigen in unserem Land mitgewirkt haben."
Das Gesetz verbessert nachhaltig die Strukturen, Reichweite, Wirksamkeit und Qualität der bestehenden Krebsfrüherkennungsangebote. Um die Menschen besser zu erreichen, werden diese künftig persönlich zu den Vorsorgeuntersuchungen eingeladen. Gleichzeitig wird die Information über Krebsfrüherkennung verbessert und eine stringente Qualitätssicherung und Erfolgskontrolle der Krebsfrüherkennungsprogramme eingeführt.
Ein zweiter Schwerpunkt des Gesetzes hat die Einführung flächendeckender klinischer Krebsregister durch die Länder zum Ziel. Dabei werden die Behandlungsdaten aller Krebspatientinnen und -patienten erfasst und ausgewertet. So kann die Qualität der onkologischen Behandlung in allen Behandlungsphasen sektorenübergreifend dargestellt, bewertet und zielgerichtet verbessert werden. Dies dient der Qualitätssicherung und wird deshalb überwiegend aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert.
Die zur Finanzierung der Betriebskosten klinischer Krebsregister vorgesehene fallbezogene Krebsregisterpauschale wurde im Verlauf der parlamentarischen Beratungen von 94 Euro auf 119 Euro angehoben. Damit wird den klinischen Krebsregistern zukünftig eine ausreichende Finanzierungsgrundlage zur Verfügung gestellt. Außerdem werden die Länder bei der Erarbeitung der Fördervoraussetzungen stärker beteiligt.
Mit weiteren Änderungen im Fünften Buch Sozialgesetzbuch trifft das Gesetz Regelungen zur Vermeidung finanzieller Fehlanreize in Zielvereinbarungen für leitende Ärztinnen und Ärzte im Krankenhaus. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft erhält den Auftrag, bis zum 30. April 2013 in ihren Beratungs- und Formulierungshilfen für die Vertragsgestaltung mit leitenden Ärzten im Einvernehmen mit der Bundesärztekammer Empfehlungen zum Ausschluss leistungsbezogener Zielvereinbarungen abzugeben. Die Krankenhäuser sind verpflichtet, in ihren Qualitätsberichten anzugeben, ob sie sich an diese Empfehlungen halten. Ist dies nicht der Fall, müssen sie zusätzlich angeben, für welche Leistungen Bonusvereinbarungen getroffen wurden.
Außerdem schafft das Gesetz die datenschutzrechtliche Grundlage dafür, dass die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen Einzelangaben über die persönlichen und sachlichen Verhältnisse der Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten, von denen sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben Kenntnis erlangt haben, an die Approbationsbehörden der Länder und an die Landeskammern der Ärzte, Zahnärzte oder Psychotherapeuten übermitteln dürfen. Damit wird eine bestehende Regelungslücke geschlossen, um die berufsrechtlichen Vorschriften u.a. zur Korruptionsbekämpfung im Gesundheitswesen zur Anwendung zu bringen.
Hintergrund
Der Gesundheitsausschuss hatte am 30. Januar darüber beraten, wie die Politik den wachsenden Herausforderungen bei der Bekämpfung von Krebs begegnen kann. Beratungsgegenstand war ein Gesetzentwurf zur Krebsfrüherkennung und zu den klinischen Krebsregistern (17/11267). Der Entwurf verfolgt das Ziel, die Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung und den flächendeckenden Ausbau von klinischen Krebsregistern mit gesetzlichen Maßnahmen zu fördern. Beraten wurde zudem über eine Reihe von Änderungsanträgen zu dem Gesetzentwurf. Im Zentrum stand dabei eine Regelung zu den sogenannten Bonuszahlungen für Krankenhausärzte, die am vergangenen Montag Gegenstand einer öffentlichen Anhörung gewesen war. Darin geht es um Zielvereinbarungen zwischen Krankenhäusern und Ärzten, die sich auf Art und Menge einzelner medizinischer Leistungen beziehen. Nach dem Willen der Koalition soll die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) beauftragt werden, in ihren Formulierungshilfen für die Vertragsgestaltung mit leitenden Krankenhausärzten gemeinsam mit der Bundesärztekammer (BÄK) Empfehlungen zu leistungsbezogenen Zielvereinbarungen abzugeben.
Bei den Ausschussberatungen machten die Abgeordneten der Fraktion der CDU/CSU geltend, aus der öffentlichen Anhörung am vergangenen Montag zu den sogenannten Bonusregelungen die richtigen Schlüsse gezogen zu haben. Nunmehr sollen die Empfehlungen, die die Deutsche Krankenhausgesellschaft im Einvernehmen mit der Bundesärztekammer (BÄK) ausspricht, klarstellen, „dass Zielvereinbarungen, die auf finanzielle Anreize bei einzelnen Leistungen abstellen, ausgeschlossen sein sollen“, sagten die Abgeordneten. Man folge damit einem Vorschlag der BÄK, der zudem von dem Sachverständigen Prof. Sodann für verfassungsrechtlich unbedenklich erklärt worden sei. Nach Ansicht der Unionsabgeordneten gilt damit künftig die schärfste Regelung, die überhaupt rechtlich möglich sei.
Aus Sicht der Abgeordneten der Fraktion der SPD gehen die von der Koalition geplanten Regelungen zu den Bonusverträgen – auch in der nunmehr geänderten Fassung – hingegen nicht weit genug. „Wir können nicht erkennen, dass sich mit den Regelungen das Problem lösen lässt“, meinten die Abgeordneten. Denn es sei kaum zu erwarten, dass die DKG wirklich konstruktive Vorschläge zu den Zielvereinbarungen machen werde. Zudem kritisierten die SPD-Abgeordneten, dass die Regelung auf die leitenden Ärzte beschränkt werden solle. Krankenhäuser schlössen auch mit Oberärzten und Assistenzärzten Zielvereinbarungen ab. In seiner Gesamtheit ist das Gesetzesvorhaben nach Auffassung der SPD hingegen grundsätzlich zu begrüßen. Dies gelte insbesondere für die vorgesehene Schaffung einheitlicher Rahmenbedingungen für einen flächendeckenden Ausbau von klinischen Krebsregistern. Die Regelungen „tragen zur Verbesserung der Qualität der Krebsbehandlung bei“, bestätigten die Abgeordneten.
Auch die Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen befürworten die grundsätzliche Stoßrichtung des Gesetzentwurfs. Vor allem das Vorhaben, ein flächendeckendes Krebsregister einzuführen, sei zu begrüßen. Bei der Früherkennung konzentriert sich der Entwurf nach Ansicht der Grünen jedoch zu stark auf die Sekundärprävention. Er trage zu wenig der Tatsache Rechnung, dass der Nutzen mancher Früherkennungsmaßnahmen für die Patienten zweifelhaft sei. „Die Patientinnen und Patienten sollten erst einmal zu einem Beratungsgespräch eingeladen werden, bevor man sie zur Teilnahme an der Früherkennung auffordert“, sagten die Grünen. Für wenig überzeugend halten die Abgeordneten auch die von der Koalition vorgeschlagenen Formulierungen zu den Bonuszahlungen. Es verheiße nicht Gutes, dass die DKG sich in der Anhörung am Montag eher ablehnend zu Einschränkungen bei den Zielvereinbarungen geäußert habe.
Die Abgeordneten der Fraktion Die Linke bewerteten lediglich die geplanten Neuregelungen zu den Krebsregistern positiv. Damit werde es gelingen, einen bundesweit einheitlichen Datensatz über die Behandlung von Krebsfällen zu erhalten. Dagegen beurteilt die Linke die Maßnahmen zur Krebsfrüherkennung eher skeptisch. Es sei ein Fehler, „dass die Früherkennungsprogramme nicht mit den Krebsregistern verkoppelt werden“, meinten die Abgeordneten. Vor Bonuszahlungen für Chefärzte hätten Ärzteverbände und Gewerkschaften schon seit langem gewarnt. Auch aus Sicht der Linken sei es mehr als fraglich, ob die Vertragsfreiheit von Krankenhäusern und Ärzten höher zu bewerten sei als der Schutz der Patienten. „Aus unserer Sicht gehören die Bonusverträge einfach per Gesetz abgeschafft“, äußerten die Linken.
Die Abgeordneten der Fraktion der FDP räumten ein, dass mit der ursprünglichen Version des Änderungsantrages das Ziel der Koalition, Bonusverträge von Krankenhausärzten künftig zu verhindern, möglicherweise nicht erreicht worden wäre. Daher habe man sich für eine neue Formulierung entschieden. Diese sei auch umfassend genug. „Die Formulierungen in dem Änderungsantrag beziehen sich auf alle Zielvereinbarungen, nicht nur auf die für Chefärzte“, erklärten die FDP-Abgeordneten. In seiner Gesamtheit werde mit dem vorliegenden Gesetz ein großer Schritt vollzogen. Dies gelte insbesondere auch für das Thema Transparenz. Die Qualitätsberichte würden mit Sicherheit – und nicht zuletzt mit Hilfe der Medien – dazu beitragen, öffentlichen Druck auf die Krankenhäuser auszuüben. Künftig werde es ihnen schwer fallen, eine Strategie der unbedingten Mengenausweitung zu verfolgen.
Der Gesetzwurf, der im Ausschuss abschließend beraten wurde, fand eine Mehrheit aus CDU/CSU und FDP, hingegen enthielten sich SPD, Linke und Grüne der Stimme. Der Änderungsantrag zu den Bonusregelungen wurde ebenfalls mit der Koalitionsmehrheit, aber gegen die Stimmen von SPD und Linken bei Stimmenthaltung der Grünen angenommen.
- Weiterführende Links
- www.bmg.bund.de
