Patientenrechte sind in Deutschland derzeit in einer Vielzahl von Vorschriften in verschiedenen Rechtsbereichen lückenhaft geregelt. Auf dem Gebiet des Behandlungs- und Arzthaftungsrechts steht Wesentliches nicht im Gesetz, sondern ist Richterrecht. Dies erschwert es allen Beteiligten im Gesundheitswesen, die Rechte zu kennen, und vor allem den Patientinnen und Patienten, diese Rechte einzufordern. Auch die Komplexität der Medizin und die Vielfalt von Behandlungsmöglichkeiten verlangen nach einem gesetzlichen Rahmen, der Patientinnen und Patienten sowie Behandelnde auf Augenhöhe bringt. Risiko- und Fehlervermeidungssysteme können dazu beitragen, die Behandlungsabläufe in immer komplexer werdenden medizinischen Prozessen zum Schutz der Patientinnen und Patienten zu optimieren. Richtig verstandener Patientenschutz setzt nicht auf rechtliche Bevormundung, sondern orientiert sich am Leitbild des mündigen Patienten. Deshalb gilt es, Transparenz und Rechtssicherheit hinsichtlich der bereits heute bestehenden umfangreichen Rechte der Patientinnen und Patienten herzustellen, die tatsächliche Durchsetzung dieser Rechte zu verbessern, zugleich Patientinnen und Patienten im Sinne einer verbesserten Gesundheitsversorgung zu schützen und insbesondere im Fall eines Behandlungsfehlers stärker zu unterstützen. (Foto: DAK)

Dienstag, 23. Oktober 2012

Gesundheitsausschuss: "Aufmerksame Gesundheitsdienstleister werden vor Sanktionen geschützt"

Von: Deutscher Bundestag / Pressemitteilung

Der Gesundheitsausschuss hat sich am 17. Oktober mit Änderungsanträgen zum Gesetzentwurf der Bundesregierung "zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patientnen" (17/10488) befasst. Für Diskussionen im Ausschuss sorgte vor allem eine Änderung, nach der Meldungen von Gesundheitsdienstleistern über Behandlungsfehler nicht zu Nachteilen für die Meldenden führen dürfen.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Krankenhäuser und vertragsärztliche Praxen künftig verstärkt Maßnahmen zur Verbesserung der Patientensicherheit durchführen und Fehlervermeidungssysteme einführen sollen. Nach Ansicht der Koalition darf die Bereitschaft von Beschäftigten im Gesundheitswesen, Risiken und Fehler zu benennen, nicht durch die Furcht vor arbeitsrechtlichen Sanktionen oder gar vor strafrechtlicher Verfolgung beeinträchtigt werden. Die neue Vorschrift soll allerdings nicht gelten, wenn die Verwendung der Daten zur Verfolgung einer Straftat erforderlich ist, die im Höchstmaß mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist und besonders schwer wiegt.
 
Aus Sicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen definiert die Bestimmung nicht genau genug, was unter einer "schwerwiegenden Straftat" zu verstehen ist. Auch die SPD-Fraktion sieht dies so und fordert daher, die Vorschrift zu konkretisieren. "Es kommt bei Operationen leicht zu Fällen von Körperverletzung", gibt die SPD zu bedenken. Der Beschäftigte könne daher rasch in die Situation geraten, bei einer Fehlermeldung doch einer Sanktion ausgesetzt zu sein. Die FDP-Fraktion argumentiert hingegen, dass es hier um die Abwägung von zwei Rechtsgütern gegangen sei. Es gebe Fälle, in denen das "Interesse an der Strafverfolgung höher zu bewerten sei" als der Schutz eines Beschäftigten vor Sanktionen.

Ein weiterer Änderungsantrag der Koalition regelt, dass bei nicht ausreichender Haftpflichtversicherung eines Arztes das Ruhen der Approbation angeordnet werden kann. Im Interesse möglicher Geschädigter sei es angemessen, das Fehlen einer solchen Versicherung mit Sanktionen zu belegen. Dies könne bis hin zu einem vorübergehenden Berufsverbot gehen, legte die Koalition dar.

Die Fraktion Die Linke unterstützt die Grundintention des Änderungsantrages. Es stelle sich aber die Frage, ob die Regelung hinreichend bestimmt sei. Nach Wahrnehmung der Linken wird in der Praxis ein Ruhen der Approbation "nur selten angeordnet". Die SPD-Fraktion stellte fest, dass die geltende Rechtslage in Bezug auf den möglichen Entzug der Approbation bei fehlender Haftpflicht nicht geändert werde. "Es bleibt letztlich bei dem bisher geltenden Verfahren", kritisierte die SPD. Neu sei nur, dass dies nun gesetzlich geregelt sei.

Die Fraktion der CDU/CSU wies darauf hin, dass die Koalition den "verfassungsrechtlich möglichen Rahmen" ausgeschöpft habe. Der Bundesgesetzgeber sei vor allem an die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern gebunden. Für die Approbation von Ärzten seien nun einmal die Länder zuständig, machte die Union deutlich. Immerhin werde diesen nun eine gesetzliche Grundlage gegeben, bei fehlender Haftpflichtversicherung das Ruhen der Approbation anzuordnen.

Lesen Sie dazu weiterführend: "SPD will Patientenrechte erweitern"

Die Fraktion der SPD will die Rechte der Patienten erheblich erweitern. In einem Antrag (17/11008) kritisiert die SPD, dass dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem Patientenrechtegesetz wesentliche Regelungen zum Schutz und zur Interessenvertretung von Patienten fehlten. Er kodifiziere lediglich das bereits bestehende Richterrecht. Demgegenüber habe die SPD seit März 2010 in einer Reihe von Anträgen zahlreiche darüber hinausgehende Forderungen erhoben. Die SPD will diese nun um weitere Punkte ergänzen.

Nach dem Willen der Abgeordneten sollen Patienten nach jedem Eingriff einen Patientenbrief mit Informationen über die durchgeführte Operation, die angewandten Techniken, den Verlauf und eventuelle Komplikationen erhalten. Ferner solle ein Härtefallfonds aufgelegt werden, der eintrete, wenn es keinen sicheren Nachweis der Schadensursache oder des Verschuldens gebe oder eine seltene oder bislang unbekannte Komplikation auftrete, die die betroffene Person erheblich schädige. "Es soll ein besonderes Mediations- und Schiedsverfahren für Fälle der Arzt- bzw. Krankenhaushaftung eingeführt werden", fordern die Abgeordneten weiter. Die Schlichtungsstelle habe die Aufgabe zu klären, ob ein für den Schaden ursächlicher Behandlungsfehler vorliege, und könne dann auf Antrag des Patienten ein Vergleichsverfahren durchführen. Darüber hinaus fordern die Abgeordneten, dass es über die Beweislastumkehr bei schweren Behandlungsfehlern hinaus weitergehende Beweiserleichterungen für die Betroffenen geben soll. Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen neuen Gesetzentwurf vorlegen, der die genannten Regelungen mit aufnimmt.

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