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Dienstag, 30. Juni 2009

Gesetz zur Regelung von Patientenverfügungen vom Bundestag beschlossen

Von: Deustcher Bundestag / Pressemitteilung

Der Bundestag hat sich auf eine gesetzliche Regelung von Patientenverfügungen geeinigt. Er beschloss am 18. Juni mit einer Mehrheit von 317 Stimmen bei 233 Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen einen Gesetzentwurf der Abgeordneten Joachim Stünker (SPD), Michael Kauch (FDP) und weiterer Parlamentarier, der die Patientenverfügung als Rechtsinstitut im Betreuungsrecht verankert.

Der verabschiedete Gesetzentwurf (16/8442) sieht vor, den Willen des Betroffenen unbedingt zu beachten, unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung. Festlegungen in einer Patientenverfügung, die auf eine verbotene Tötung auf Ver- langen gerichtet sind, bleiben unwirksam.

[Den verabschiedeten Gesetzentwurf der Abgeordneten Joachim Stünker Michael Kauch, Dr. Lukrezia Jochimsen: "Drittes Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts" finden Sie am Ende der Seite als pdf-Dokument zum Download.]

Vormundschaftsgericht muss genehmigen

Besonders schwerwiegende Entscheidungen eines Betreuers oder Bevollmächtigten über die Zustimmung oder Ablehnung ärztlicher Maßnahmen muss das Vormundschaftsgericht ge- nehmigen. Zudem stellt der Entwurf klar, dass niemand dazu verpflichtet werden kann, eine Patientenverfügung zu ver- fassen.

Zwei weitere Gesetzentwürfe, die mit je eigenen Ansätzen auf eine gesetzliche Regelung der Patientenverfügung zielten, wurden abgelehnt. Der Entwurf (16/11360) einer Gruppe um den Abgeordneten Wolfang Bosbach (CDU/CSU) hatte strengere formale Bedingungen für eine Patienten- verfügung vorgesehen. Dazu gehörte unter anderem eine vorangehende umfassende ärztliche Beratung.

Aktuellen Patientenwillen individuell ermittlen

Der Entwurf der Unionsabgeordneten Wolfgang Zöller und Dr. Hans Georg Faust hatte neben schriftlichen auch mündlich geäußerte Erklärungen als Patientenverfügungen gelten lassen wollen. Doch musste in beiden Fällen immer der aktuelle Patientenwille von Arzt und Betreuer oder Bevollmächtigtem individuell ermittelt werden.

Ebenfalls keine Mehrheit fand ein Antrag (16/13262) der Abgeordneten Hubert Hüppe, Beatrix Philipp, Prof. Dr. Norbert Lammert (alle CDU/CSU) und weiterer Abgeordneter. Sie hatten darin gefordert, eine gesetzliche Überregulierung der Patientenverfügung zu vermeiden.

"Wir nehmen den Willen von Menschen ernst"

In seiner Rede vor dem Bundestag sagte der SPD-Abgeordnete Christoph Strässer, der Entwurf Stünker/Kauch komme dem Ziel der Selbstbestimmung am Lebensende am nächsten. Seine zentrale Botschaft sei: "Wir nehmen den Willen von Menschen ernst, auch in einer Situation, in der sie nicht mehr selbst entscheiden können."

Der Kernunterschied zum Bosbach-Entwurf sei, dass der festgestellte Wille des Patienten auch dann gelte, wenn seine Krankheit nicht unumkehrbar zum Tod führt. Der Entwurf stelle sich damit gegen eine "Zwei-Klassen-Willenserklärung".

"Feststehende Positionen können sich ändern"

René Röpsel (SPD) verteidigte den Bosbach-Entwurf und verwies darauf, dass "feststehende Positionen von Menschen sich im Laufe ihrer Krankheit ändern können". Eine verpflichtende ärztliche Beratung und eine Beschränkung auf tödlich verlaufende Krankheiten trage dem Rechnung.

Wolfgang Zöller (CDU/CSU) unterstrich die Notwendigkeit eines Gesetzes, das das Notwendigste regelt: "Vielen Menschen flößt nach wie vor Angst ein, am Lebensende zum Objekt einer hochtechnisierten Medizin zu werden." Wichtig sei deshalb, dass der Wille des Patienten respektiert werde und seine Verfügung grundsätzlich verbindlich sei.

"Individuelle Betrachtung des Falles"

Dabei gebe es jedoch keinen Automatismus, der sich auf bloße buchstabengerechte Ausführung richte, sondern stets eine "individuelle Betrachtung" des Falles: "Die Vielfalt der denkbaren Situationen entzieht sich einer pauschalen Betrachtung und lässt sich nicht bis ins Detail regeln." Sterben sei nicht normierbar.

Der CDU-Abgeordnete Hubert Hüppe bezweifelte in seiner Rede, dass ein Gesetz die Situation besser machen würde, als sie jetzt sei. "Man sollte den Versuch nicht unternehmen, etwas zu regeln, was nicht zu regeln ist." Die jahrelange Debatte habe gezeigt, dass Sterben nicht bis in die letzte Minute und schon gar nicht durch Gesetze regelt werden könne: "Das Parlament hat sich übernommen".

"Entscheidung auf Augenhöhe mit dem Arzt"

Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen), die für den Bosbach-Entwurf warb, betonte den darin verankerten Dialog zwischen Arzt und den Angehörigen: "Der Arzt soll nicht allein entscheiden, der Bevollmächtigte entscheidet auf Augenhöhe mit dem Arzt."

Der Sprecher für Palliativmedizin der FDP-Fraktion, Michael Kauch, verwies darauf, dass die Patientenverfügung nur ein Baustein der Selbstbestimmung am Lebensende sei: "Ebenso gehören dazu medizinische Versorgung und menschliche Zuwendung." Mit Blick auf den Bosbach-Entwurf sagte Kauch: "Wir wollen keine Bürokratisierung des Sterbens, keine Zwangsbehandlung des Menschen, nur weil Formvorschriften nicht erfüllt werden."

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