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Dienstag, 09. November 2010

Fragen und Antworten zur elektronischen Gesundheitskarte

Von: Bundesminsiterium für Gesundheit / Pressemitteilung

Die Leistungsfähigkeit der Ärztinnen und Ärzte ist die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Diagnose und Therapie. Sie wird dadurch unterstützt, dass schnell und sicher wichtige Informationen verfügbar sind und zwischen den Beteiligten ausgetauscht werden können. Die zunehmende Spezialisierung in der Medizin führt häufig dazu, dass medizinische Informationen bei verschiedenen Ärzten dokumentiert und archiviert werden. Im Behandlungsfall kommt es darauf an, dass die Ärztin oder der Arzt schnell auf alle relevanten Gesundheitsdaten zugreifen kann. Das gelingt nur mit Unterstützung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien. Diese Technologien helfen dabei, Daten systematisch zu archivieren, zu ordnen, zu verwalten, zu transportieren, aufzubereiten und zu interpretieren. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag für die Verbesserung der Patientenversorgung.

  1. Wann kommt die elektronische Gesundheitskarte?
  2. Was kann die elektronische Gesundheitskarte zurzeit?
  3. Welche Anwendungen sind zuerst vorgesehen?
  4. Werden die gesetzlich vorgesehenen Anwendungen realisiert?
  5. Mit welchen Kosten ist bei der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte zu rechnen und wer übernimmt sie?
  6. Wie hoch wird das jährliche Nutzen- bzw. Einsparpotential im Gesundheitssystem durch die elektronische Gesundheitskarte sein?
  7. Wie wird die Einführung eines modernen Versichertenstammdatenmanagements in den Arztpraxen umgesetzt?
  8. Welcher Aufwand entsteht für die Praxen bei der Einführung eines modernen Versichertenstammdatenmanagements?
  9. Was passiert, wenn der Patient seine Karte vergisst oder die Karte nicht gültig ist?
  10. In welcher Hinsicht verbessert die elektronische Gesundheitskarte das bisherige Datenschutzniveau?
  11. Wie werden die Anwender bei der Einführung weiterer Anwendungen einbezogen?

1. Wann kommt die elektronische Gesundheitskarte?

Die bisherigen Tests haben gezeigt, dass die elektronische Gesundheitskarte die Funktionen der bisherigen Krankenversichertenkarte übernehmen kann. Die Selbstverwaltung hat daher die Vorbereitungen für den "Basis-Rollout" in die Wege geleitet. Im Basis-Rollout werden Arzt- und Zahnarztpraxen sowie Krankenhäuser mit neuen Kartenlesegeräten ausgestattet, die sowohl die bisherige Krankenversichertenkarte als auch die neue Gesundheitskarte auslesen können. Dieser Prozess hat in der Region Nordrhein im Frühjahr 2009 begonnen. Arztpraxen, Zahnarztpraxen und Krankenhäuser sind dort mittlerweile mit Lesegeräten ausgestattet. Der Prozess wird in den weiteren Regionen fortgeführt bis die neue Technik in ganz Deutschland flächendeckend zur Verfügung steht. Dies ist die Voraussetzungen für die Ausgabe von Gesundheitskarten durch die Krankenkassen. Diese Karten werden die Funktionen der Krankenversichertenkarte übernehmen und zusätzlich mit einem Lichtbild ausgestattet sein.

2. Was kann die elektronische Gesundheitskarte zurzeit?

Im Basis-Rollout geben die Krankenkassen Gesundheitskarten aus, die die administrativen Daten der Versicherten speichern. Hierzu gehören z.B. Name, Geburtsdatum, Geschlecht und Anschrift. Darüber hinaus enthalten die Gesundheitskarten Angaben zur Krankenversicherung, wie die Krankenversichertennummer und zum Versichertenstatus (Mitglied, Familienversicherter oder Rentner). Von Beginn an kann die elektronische Gesundheitskarte mit einer "europäischen Krankenversicherungskarte" auf der Rückseite ausgestattet werden. Das ermöglicht die Inanspruchnahme von Leistungen in den Mitgliedstaaten der EU. Die elektronische Gesundheitskarte wird bereits von Beginn an die Anforderungen des Datenschutzes besser als die jetzige Krankenversichertenkarte erfüllen und zusätzlich über ein Lichtbild verfügen. Dies ist ein erster wichtiger Schritt zur Verhinderung der missbräuchlichen Inanspruchnahme medizinischer Leistungen.

Wesentlich ist, dass die jetzt beim Basis-Rollout ausgegebenen Karten bereits für viele weitere Offline- und Online-Anwendungen vorbereitet sind. Diese weiteren Anwendungen können – mit Zustimmung der Versicherten – ohne Austausch der Karten online schrittweise zugeschaltet werden. Voraussetzung ist, dass sie die Tests erfolgreich durchlaufen und ihre Praxistauglichkeit unter Beweis gestellt haben.

3. Welche Anwendungen sind zuerst vorgesehen?

Die Selbstverwaltungspartner haben beschlossen, die Erweiterung der Krankenversichertenkarte zu einer Gesundheitskarte zunächst auf ein modernes und sicheres Versichertenstammdatenmanagement sowie die Bereitstellung der im Notfall wichtigsten medizinischen Informationen des Versicherten (Notfalldaten) zu konzentrieren. Zugleich sollen die Forderungen der Ärzte nach einer sicheren Arzt-zu-Arzt-Kommunikation schnellstmöglich umgesetzt werden. Damit kann direkt beim Start ein Nutzen für alle Beteiligten erreicht werden.

4. Werden die gesetzlich vorgesehenen Anwendungen realisiert?

Die Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte werden schrittweise eingeführt. Dabei wird nach dem Grundsatz verfahren, dass eine Anwendung erst dann umgesetzt wird, wenn sie ihren Nutzen für die Patientinnen und Patienten, ihre Praxistauglichkeit sowie die Einhaltung des Datenschutzes in Testverfahren eindeutig nachgewiesen hat. Abweichungen von den in § 291a Abs. 2 und 3 SGB V genannten Anwendungen sind nicht geplant.

5. Mit welchen Kosten ist bei der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte zu rechnen und wer übernimmt sie?

Für den Aufbau der Telematikinfrastruktur und die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte sind gemäß § 291a SGBV die Organisationen der Selbstverwaltung zuständig. Daher haben sie auch die Kosten der Einführung und des Betriebes zu tragen. Sie haben im Jahr 2004 einen Planungsauftrag vergeben, der bis zum aktuellen Zeitpunkt die einzige mehrheitlich von den Organisationen der Selbstverwaltung akzeptierte belastbare Kosten-Aufwandsschätzung darstellt. Darin werden die Kosten für den Aufbau der Telematikinfrastruktur auf bis zu 1,4 Mrd. Euro beziffert. Die Angaben zu den Betriebskosten für das 1. Jahr liegen danach bei bis zu 147,9 Mio. Euro.

6. Wie hoch wird das jährliche Nutzen- bzw. Einsparpotential im Gesundheitssystem durch die elektronische Gesundheitskarte sein?

Die Kosten für den Aufbau der Telematik-Plattform können durch den Nutzen, den die von der elektronischen Gesundheitskarte unterstützten Anwendungen ermöglichen, refinanziert werden. Dies wird durch Gutachten der Selbstverwaltung, die sich mit speziellen Kosten-Nutzen-Aspekten befasst haben, bestätigt. Darüber hinaus wird die elektronische Gesundheitskarte durch die schnellere Verfügbarkeit von Notfall- und sonstigen Behandlungsdaten zu einer wesentlichen Verbesserung der Versorgungsqualität führen, die sich finanziell nur sehr schwer oder gar nicht bewerten lässt. Durch eine Telematikinfrastruktur und die damit möglich werdende Bereitstellung medizinischer Informationen des Versicherten können Kosten vermieden bzw. erheblich reduziert werden.

Zudem wird der Datenschutz, der bei der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte und dem Aufbau der Telematikinfrastruktur eine besondere Rolle spielt, erheblich verbessert werden. Insgesamt wird der Aufbau einer Telematikinfrastruktur damit neben der Steigerung der medizinischen Behandlungsqualität sowohl aus finanzieller als auch aus datenschutzrechtlicher Perspektive zu einer weiteren Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung beitragen.

7. Wie wird die Einführung eines modernen Versichertenstammdatenmanagements in den Arztpraxen umgesetzt?

Diese Frage wurde innerhalb der Selbstverwaltung eingehend diskutiert. Der Bundestag hat jetzt eine gesetzliche Regelung zum Aufbau eines modernen Versichertenstammdatenmanagements beschlossen. Die Regelung dient im Wesentlichen der Verbesserung des Datenschutzes, der Missbrauchsbekämpfung und der Verbesserung der Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Die Verbindung aus der Arztpraxis zum Versichertenstammdienst bei den Kassen wird dabei jeweils bei Bedarf für jede einzelne Anfrage aus der Arztpraxis heraus initialisiert und nach dem Datenabgleich wieder beendet. Der Abgleich betrifft nur Daten, die für den Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung sowie für die Abrechnung mit den Leistungserbringern ohnehin verwendet werden. Weder Leistungserbringer noch Kostenträger erhalten zusätzliche Daten. Die Prüfung und Aktualisierung der Daten wird mittels der sicheren Telematikinfrastruktur automatisiert, sodass die Prüfung und Aktualisierung schneller und effizienter erfolgen kann, ohne dass eine Erweiterung oder Änderung der Zweckbestimmung der Daten erfolgt.
Eine Anbindung der Praxisverwaltungssysteme ist nicht erforderlich, wenn der Praxisinhaber dies nicht wünscht. Die Ärzteschaft hat hierzu einen Umsetzungsvorschlag erarbeitet. Er sieht vor, dass ein Arzt, der sich gegen eine Online-Anbindung seines Praxisverwaltungssystems entscheidet, den Abgleich und die Aktualisierung der Versichertenstammdaten mit einem davon getrennten Lesegerät durchführen kann.

8. Welcher Aufwand entsteht für die Praxen bei der Einführung eines modernen Versichertenstammdatenmanagements?

Der Aufwand in der Arztpraxis entspricht weitgehend dem derzeitigen Aufwand beim Einlesen der Krankenversichertenkarte und kann in die bestehenden Arbeitsprozesse integriert werden. Die Verwaltung der Versichertenstammdaten erfolgt wie bisher auch bei den Krankenkassen. Die Anpassung erfolgt automatisiert. Über die Verfahren, die zur Kartensperrung oder zur eingeschränkten Nutzbarkeit der elektronischen Gesundheitskarte führen, hat die Krankenkasse die Versicherten zu informieren.

9. Was passiert, wenn der Patient seine Karte vergisst oder die Karte nicht gültig ist?

Die Regelungen für die Fälle, in denen die Karte nicht vorliegt oder ungültig ist, sind unabhängig von der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte. Danach ist jeder gesetzlich Krankenversicherte verpflichtet, vor Beginn der Behandlung dem Arzt oder Zahnarzt seine Krankenversichertenkarte bzw. künftig die elektronische Gesundheitskarte vorzulegen. Sie dient zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen. Kann die Identität des Versicherten nicht bestätigt werden, weil die Karte fehlt oder ungültig ist, sehen vertragliche Regelungen zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern (Bundesmantelverträge) vor, dass ein Ersatzverfahren zur Anwendung kommt. Behauptungen, nach denen der Versicherte in diesen Fällen in Vorkasse treten muss, sind unzutreffend. Vielmehr muss der Versicherte den Versicherungsnachweis innerhalb einer bestimmten Frist nachreichen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Arzt für die Behandlung eine Privatvergütung verlangen. Wenn der Versicherte bis zum Ende des Quartals den Nachweis, aus dem der Leistungsanspruch hervorgeht, nachreicht, muss der Arzt dem Versicherten die Privatvergütung zurückzahlen.
Wenn der Arzt den Verdacht auf die missbräuchliche Verwendung einer elektronischen Gesundheitskarte hat, ist er verpflichtet, die zuständige Krankenkasse zu informieren und er darf die Karte einziehen. Ein Vertragsarzt haftet nur dann, wenn er einen offensichtlichen Missbrauch hätte erkennen müssen. Insofern wird durch den frühzeitigen Hinweis der Ungültigkeit einer elektronischen Gesundheitskarte im Rahmen der Einführung eines modernen Versichertenstammdatenmanagements auch der Vergütungsanspruch der Ärzte künftig besser als bisher abgesichert.

10. In welcher Hinsicht verbessert die elektronische Gesundheitskarte das bisherige Datenschutzniveau?

Die bisherige Krankenversichertenkarte ist eine reine Speicherkarte – sie ist nicht zur Verschlüsselung von Daten geeignet und unterstützt auch keine Zugriffskontrolle auf diese Daten. Dennoch enthält sie sensible Informationen über den Versicherten, wie z.B. den Versichertenstatus. Dies hat der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit kritisiert. Erst mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte und dem Aufbau der neuen Infrastruktur wird eine Verschlüsselung dieser Daten, eine Zugriffskontrolle und damit der Schutz vor unberechtigtem Zugriff ermöglicht.
Auch die gängige Praxis, dass Patientendaten von Ärzten unverschlüsselt und damit für alle lesbar per Telefax oder Mail versendet werden, wird durch den im Rahmen der Einführung einer Telematikinfrastruktur möglich werdenden sicheren Austausch medizinischer Daten abgelöst.

11. Wie werden die Anwender bei der Einführung weiterer Anwendungen einbezogen?

Zuständig für die Einführung der Telematikinfrastruktur und der elektronischen Gesundheitskarte ist die Selbstverwaltung. Sie hat sich darauf verständigt, dass die Verantwortung für medizinische Anwendungen bei den Leistungserbringern liegt. Darüber hinaus gilt der Grundsatz, dass alle Anwendungen getestet werden, bevor sie flächendeckend eingeführt werden. Hier können die beteiligten Testärzte – wie bereits in der Vergangenheit – wichtige Impulse für die Optimierung der weiteren Prozesse geben.

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