
Hintergrund: Die Modernisierung der GKV, die Einführung der elek- tronischen Gesundheitskarte und die Gründung einer Gesellschaft für die Telematikanwendungen der Karte sind in folgenden Gesetzen geregelt: (1.) Gesetz zur Moderni- sierung der gesetzlichen Kranken- versicherung: Mit diesem Gesetz, das neue Paragraphen in das SGB V eingebracht hat, wurde u.a. fest- gelegt, dass die Krankenkassen die bisherige Krankenversicherten- karte zu einer elektronischen Ge- sundheitskarte erweitern. (2.) § 291 SGB V: Enthält u.a. die gesetz- liche Vorgabe, die Krankenversich- ertenkarte zu einer elektronischen Gesundheitskarte auszubauen. (3.) § 291 a SGB V: Enthält u.a. die An- forderungen, Aufgaben und Ziele der neuen Karte (4.) § 291 b SGB V: Enthält u.a. die Aufgaben und Struktur der Gesellschaft für Tele- matik (Foto: Gematik-Labor)
Forderungskatalog der Bundesärztekammer zur elektronischen Gesundheitskarte
Die Bundesärztekammer hat das Bundesgesundheitsminis- terium dringlich aufgefordert, sich mit den Forderungen der Ärzteschaft zur Einführung der elektronischen Gesundheits- karte auseinanderzusetzen. "Wir erwarten eine öffentliche und detaillierte Stellungnahme des Ministeriums zu unserem Forderungskatalog", sagte Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe.
Ein Forderungskatalog auf Grundlage der Beschlüsse des 111. Deutschen Ärztetages ist Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt mit Schreiben des Präsidenten vom 30. Juli 2008 übermittelt worden. "Es ist jetzt an der Bundesregie- rung, für mehr Vertrauen in ein Projekt zu sorgen, dessen kritische Wahrnehmung sich inzwischen immer weniger nur auf die Ärzteschaft beschränkt", schreibt der Ärztepräsident an Ulla Schmidt.
Hoppe stellt fest, dass mangelnde Akzeptanz die Umsetzung des Konzeptes elektronische Gesundheitskarte nachhaltig gefährde, wenn die Positionierung des Bundesministeriums für Gesundheit nicht das ernsthafte Bemühen der Bundesre- gierung erkennen ließe, auf die Forderungen der Ärzteschaft zu diesem Projekt einzugehen. Ein abstrakter Verweis auf die Betreibergesellschaft "Gematik" bzw. auf deren Entschei- dungsprozesse sei dabei wenig hilfreich, da das Bundesmi- nisterium seit Erlassen der Rechtsverordnung vom 2. November 2005 das Projekt elektronische Gesundheitskarte faktisch selbst steuere und somit verantworte. Hoppe wider- spricht ausdrücklich der Auffassung des Bundesgesundheits- ministeriums, dass es insbesondere die Aufgabe der Organi- sationen der Ärzteschaft sei, für die bessere Akzeptanz der elektronischen Gesundheitskarte zu sorgen.
Der 111. Deutsche Ärztetag in Ulm hatte eine Vielzahl von Forderungen zur Einführung der Gesundheitskarte beschlos- sen und diese unverändert kritisch bewertet. So wird unter anderem die Freiwilligkeit der Nutzung aller neuen Funktio- nen der elektronischen Gesundheitskarte – insbesondere der Online-Anbindung – durch Patienten und Ärzte gefordert. Es muss der Entscheidung von Patienten wie auch der sie be- handelnden Ärzte überlassen sein, wann und in welchem Umfang sie Funktionen der elektronischen Gesundheitskarte nutzen, die über die Funktionen der derzeitigen Krankenver- sicherungskarte hinausgehen, heißt es dazu in dem Forder- ungskatalog. Diese Forderung gilt im Besonderen für die Online-Anbindung von Arztpraxen und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens. Zudem wird die Vermeidung zen- traler Speichersystematik durch technik- und ergebnisoffene Tests von Speichermedien in der Hand des Patienten (z.B. von USB-Datenträgern) als Alternative zu Zentralservern gefordert.
Forderungskatalog der Ärzteschaft
- Freiwilligkeit der Nutzung aller neuen Funktionen der elektronischen Gesundheitskarte – insbesondere der Online-Anbindung – durch Patienten und Ärzte. Es muss der Entscheidung von Patienten wie auch der sie behandelnden Ärzte überlassen sein, wann und in welchem Umfang sie Funktionen der elektronischen Gesundheitskarte nutzen, die über die Funktionen der derzeitigen Krankenversicherungskarte hinausgehen. Diese Forderung gilt im Besonderen für die Online-Anbindung der Arztpraxen und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens.
- Vermeidung zentraler Speichersystematik durch technik- und ergebnisoffene Tests von Speichermedien in der Hand des Patienten (z.B. von USB-Datenträgern) als Alternative zu Zentralservern. Die Tests der elektronischen Gesundheitskarte sind zu ergänzen durch die strukturierte Untersuchung von Alternativen zur Speicherung auch größerer Datenmengen auf Speichermedien, die nach Entscheidung des Patienten als Alternative zur Speicherung von Daten auf Serversystemen eingesetzt werden können.
- Beibehaltung des Papierrezeptes als mögliche Alternative zum e-Rezept. Im Sinne der Forderung nach freiwilliger Nutzung der neuen Funktionen der elektronischen Gesundheitskarte muss es den Ärzten überlassen sein, ob und zu welchem Zeitpunkt sie das elektronische Rezept einführen und in welchem Umfang sie es nutzen.
- Möglichkeit sicherer Punkt-zu-Punkt-Kommunikation mit Beginn der Online-Phase. Mit Beginn der Online-Phase muss Arztpraxen und Kliniken die Möglichkeit zur siche-ren Punkt-zu-Punkt-Kommunikation – z. B. zur Übermittlung von elektronischen Arzt-briefen und Befunden – zur Verfügung stehen.
- Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen, damit Notfalldaten auf der elektronischen Gesundheitskarte durch eine "Klinische Basisinformation" ersetzt werden können. Um die elektronische Gesundheitskarte als Offline-Datenträger einsetzen zu können, muss die Nutzung der auf ihr speicherbaren klinischen Basisdaten durch Ärzte auch in der Regelversorgung ermöglicht werden.
- Alleinige Kontrolle und Transparenz des Patienten über seine Daten. Der Patient muss das Recht haben, jederzeit zu wissen, welche seiner mit Hilfe der elektronischen Gesundheitskarte erhobenen Daten wo gespeichert sind, seine Daten jederzeit zu löschen oder nicht speichern zu lassen und seine Daten jederzeit seinen Leistungserb-ringern zugänglich oder nicht zugänglich zu machen.
- Keine Kommerzialisierung von Patientendaten durch ein Verbot der Finanzierung potentiell unzureichend abgesicherter persönlicher elektronischer Gesundheitsakten durch die Krankenkassen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für elektronische Gesundheitsakten nach § 68 SGB V sind so anzupassen, dass für diese Akten die gleichen rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen und Sicherheitsanforderungen wie für elektronischen Patientenakten nach § 291a SGB V gelten.
- Keine Pseudotests der elektronischen Gesundheitskarte da diese nicht geeignet sind, Störungen der Abläufe in Arztpraxen und Kliniken zu verhindern. Durch Beachtung sämtlicher Ergebnisse von Tests und Evaluationen und durch die Behebung aller Fehlfunktionen vor Einführung der elektronischen Gesundheitskarte müssen Störungen der Abläufe in Arztpraxen und Kliniken ausgeschlossen werden.
- Erstellung und Veröffentlichung eines umfassenden Sicherheitsgutachtens und Prüfung der Sicherheitsinfrastruktur der elektronischen Gesundheitskarte durch unabhängige Experten im Rahmen der Tests.
- Keine Speicherung von genetischen Informationen und potentiell besonders stigmatisierender Diagnosen mit Hilfe der elektronischen Gesundheitskarte. Die Bundesärztekammer wird hierzu Vorschläge entwickeln und vorlegen.
- Herstellung von Transparenz über die bisher stattgefundene und weiter geplante Verwendung von Versichertengeldern für die Einführung der elektronischen Gesund-heitskarte.
- Vollständige Kostenerstattung an Ärzte und Krankenhäuser für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte. Wem kein nachweisbarer ökonomischer Nutzen entsteht, dem sind die Kosten umfassend durch den jeweiligen Nutznießer (z. B. die Krankenversicherungen) zu vergüten.
- Weiterführende Links
- www.baek.de
- www.gematik.de