Finanzierungsgrundlagen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
Die GKV finanziert sich durch Beiträge und Bundeszuschüsse sowie sonstige Einnnahmen. Grundsätzlich werden die Beiträge von den Mitgliedern der Krankenkasse und den Arbeitgebern, Rentenversicherungsträgern oder sonstigen Stellen einkommensabhängig getragen und fließen dem Gesundheitsfonds zu. Die Bundeszuschüsse werden aus Steuergeldern ebenfalls an den Gesundheitsfonds gezahlt. Bei Bedarf kann die Krankenkasse von ihren Mitgliedern einkommensunabhängige Zusatzbeiträge erheben, welche direkt an die Krankenkasse zu zahlen sind und auch dort verbleiben. Mit dem am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen GKV-Finanzierungsgesetz sind diese Zusatzbeiträge weiterentwickelt worden. Zudem ist ein unbürokratischer und gerechter Sozialausgleich eingeführt worden, mit dem die Mitglieder vor unverhältnismäßigen Belastungen geschützt werden.
Einkommensabhängige Beiträge
Die Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung bemessen sich nach einem Prozentsatz (2011: 15,5%) der beitragspflichtigen Bruttoeinnahmen. Davon trägt der Arbeitgeber 7,3 % und der Arbeitnehmer 8,2 % (einschließlich des mitgliederbezogenen Sonderbeitrags von 0,9 %) Bei Pflichtversicherten sind dies das Arbeitsentgelt, Renten der gesetzlichen Rentenversicherung, sogenannte Versorgungsbezüge (z. B. Betriebsrenten) sowie weitere Arbeitseinkommen. Bei freiwillig Versicherten ist bei der Beitragsbemessung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Der Begriff der "gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" umfasst alle Einnahmen, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts bestimmt sind, und zwar ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung. Freiwillig Versicherte zahlen dementsprechend zusätzlich Beiträge aus sonstigen Einnahmen wie zum Beispiel Einnahmen aus Kapitalvermögen oder aus Vermietung und Verpachtung. Sowohl bei pflicht- als auch bei freiwillig versicherten Mitgliedern werden die Einkünfte insgesamt nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze (3.712,50 Euro pro Monat im Jahr 2011) berücksichtigt.
Bundeszuschüsse
Bundeszuschüsse werden aus Steuergeld für sogenannte versicherungsfremde Leistungen an die GKV (z.B. kostenlose Familienversicherung von Kindern und Ehegatten) gezahlt. Für das Jahr 2011 werden zum einen Bundeszuschüsse in Höhe von 13,3 Mrd. Euro gezahlt. Einmalig wird im Jahr 2011 zusätzlich ein weiterer Bundeszuschuss von 2 Mrd. Euro gezahlt, der die Finanzierung des Sozialausgleichs im Zusammenhang mit Zusatzbeiträgen für die Jahre 2012 bis 2014 sicherstellen soll. Ab dem Jahr 2015 leistet der Bund Zahlungen zur Finanzierung des Sozialausgleichs; die Höhe dieser Zahlungen wird im Jahr 2014 gesetzlich festgelegt.
Der Gesundheitsfonds
Seit dem 1. Januar 2009 legen die am Gesundheitsfonds beteiligten Krankenkassen, das sind 148 der 157 gesetzlichen Krankenkassen (Stand 29.12.2010) - die landwirtschaftlichen Krankenkassen (LKK) nehmen hieran nicht teil - ihre Beitragssätze nicht mehr selbst fest. Stattdessen gilt für alle gesetzlich Versicherten grundsätzlich der gleiche Beitragssatz. Mit dem Gesundheitsfonds fließen alle Beiträge von Arbeitgebern, Rentenversicherungsträgern und sonstigen Stellen sowie von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zusammen mit dem Steuerzuschuss des Bundes in einen gemeinsamen vom Gesundheitsfonds zu verwaltenden Topf. Dort wird das Geld gesammelt und je nach Alter, Geschlecht und vor allem Gesundheitszustand der Versicherten als Pauschale (Zuweisungen) an die Krankenkassen verteilt. Das heißt: Hat eine Krankenkasse viele Versicherte mit bestimmten schwerwiegenden Erkrankungen, deren Behandlung im Durchschnitt über alle Krankenkassen hohe Kosten verursacht, bekommt sie mehr Geld aus dem Gesondheitsfonds als Krankenkassen, die viele gesunde Versicherte haben.
Die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung wurde mit der Einführung des Gesundheitsfonds neu gestaltet. So gilt in der gesetzlichen Krankenversicherung seit Jahresbeginn 2009 bundesweit ein einheitlicher Beitragssatz, der von allen Krankenkassen verlangt wird. Die Beiträge werden von den beitragspflichtigen Einnahmen berechnet und fließen gemeinsam mit Steuermitteln in den Gesundheitsfonds.
Die Krankenkassen erhalten vom Gesundheitsfonds eine einheitliche Grundpauschale pro Versicherten plus alters-, geschlechts- und risikoadjustierte Zu- und Abschläge zur Deckung ihrer standardisierten Leistungsausgaben. Hierdurch wird die unterschiedliche Risikostruktur der Versicherten berücksichtigt.
Krankenkassen mit älteren und kranken Versicherten erhalten mehr Finanzmittel als Krankenkassen mit einer Vielzahl an jungen und gesunden Versicherten. Darüber hinaus erhalten sie weitere Zuweisungen zur Deckung der sonstigen standardisierten Ausgaben (z.B. Verwaltungsausgaben, Satzungs- und Ermessensleistungen). Die Einkommen, die die Mitglieder der einzelnen Krankenkassen erzielen, spielen bei den Finanzzuweisungen keine Rolle mehr.
Erhält eine Krankenkasse Zuweisungen, die ihren eigenen Finanzbedarf überschreiten, so kann sie an ihre Mitglieder Prämien auszahlen, soweit sie über eine ausreichende Finanzreserve verfügt.
Einen über die Zuweisungen hinausgehenden zusätzlichen Finanzbedarf müssen die Krankenkassen zunächst durch wirtschaftlicheres Verhalten und - soweit dies nicht ausreicht - durch die Erhebung von Zusatzbeiträgen decken. Die Versicherten können der Zahlung eines Zusatzbeitrags durch Wechsel zu einer anderen Krankenkasse entgehen.
Morbidität
Der Begriff Morbidität leitet sich von "morbidus" ab, dem lateinischen Wort für "krank". Im Kontext der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) spielt die Morbidität unter anderem in Bezug auf den Risikostrukturausgleich (RSA) eine wichtige Rolle.
Krankenkassen haben eine ungleiche Versichertenstruktur: Einige haben überdurchschnittlich viele gut verdienende und gesunde Versicherte, andere versichern überdurchschnittlich viele kranke Menschen und Beitragszahler mit niedrigem Einkommen. Seit 1994 gibt es einen Ausgleich dieser Risikounterschiede zwischen den Krankenkassen. Er ist in einem wettbewerblich organisierten System von Krankenkassen mit freiem Kassenwahlrecht der Versicherten zwingend erforderlich. Vor 2009 hat der RSA jedoch diese Unterschiede nur unzureichend berücksichtigt. Die Morbidität der Versicherten wurde nur indirekt erfasst, und zwar über die Merkmale Alter, Geschlecht und Bezug einer Rente wegen Erwerbsminderung. Für die Jahre 2002 bis 2008 wurden ergänzend auch chronisch Kranke gesondert berücksichtigt, wenn sie in einem zugelassenen, strukturierten Behandlungsprogramm (Disease-Management-Programm, DMP) eingeschrieben waren.
Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) wurde das Verfahren des RSA ab dem 1. Januar 2009 neu ausgestaltet und darüber hinaus durch die gleichzeitige Einführung des Gesundheitsfonds vereinfacht. Über den Gesundheitsfonds werden zum einen die Unterschiede in den beitragspflichtigen Einnahmen zwischen den Mitgliedern der Krankenkassen vollständig ausgeglichen. Zum anderen werden im neuen, direkt morbiditätsorientierten RSA die Morbidität der Versicherten für 80 ausgewählte, kostenintensive chronische und schwerwiegende Krankheiten direkt erfasst und deren durchschnittliche Kosten ermittelt. Für Versicherte, die eine der ausgewählten Krankheiten mit hohem Versorgungsbedarf haben, erhalten die Krankenkassen mehr Zuweisungen als für Versicherte, bei denen eine solche kostenintensive oder schwerwiegende Krankheit nicht vorliegt. Den Krankenkassen sollen so durch den Gesundheitsfonds gezielter die Mittel zugewiesen werden, die sie benötigen, um die unterschiedlich hohen Leistungsausgaben ihrer Versicherten zu decken.
Das Geld aus dem Fonds soll damit fair und gezielt entsprechend dem jeweiligen Versorgungsbedarf der Versicherten einer Kasse verteilt werden. Die Wirkungen des RSA und Vorschläge zu seiner Weiterentwicklung werden im Jahr 2011 geprüft.
Prämien und Zusatzbeiträge
Krankenkassen können Prämien auszahlen, wenn sie Überschüsse erzielen. Und sie müssen Zusatzbeiträge erheben, wenn die Zuweisungen, die ihnen über den Gesundheitsfonds zur Verfügung stehen, für die Versorgung der Versicherten und die Verwaltungsausgaben nicht ausreichen. Höhe des Zusatzbeitrags: Kommt eine Krankenkasse mit dem überwiesenen Geld nicht aus, muss sie zunächst Effizienzreserven erschließen. Reicht auch das nicht, muss sie einen Zusatzbeitrag erheben. Auf dieser Grundlage entscheidet jede Krankenkasse im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots selbst, in welcher Höhe sie von ihren Mitgliedern Zusatzbeiträge in festen Euro-Beträgen erhebt. Dieser Zusatzbeitrag ist durch das Mitglied als einkommensunabhängiger Eurobetrag direkt an die Krankenkasse zu zahlen. Ein gerechter und unbürokratischer Sozialausgleich stellt sicher, dass kein Mitglied einer Krankenkasse über Gebühr belastet wird.Für das Jahr 2011 ist ebenso wie im Jahr 2010 davon auszugehen, dass es nur bei wenigen Krankenkassen zu einer Erhebung von Zusatzbeiträgen kommt.
Sozialausgleich
Der Sozialausgleich greift immer dann, wenn der "durchschnittliche Zusatzbeitrag" die Grenze von zwei Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen eines Mitglieds übersteigt. Ob das der Fall ist, wird vom Arbeitgeber bzw. von der Rentenversicherung geprüft. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag ist eine Rechengröße, die für Arbeitgeber und Rentenversicherer zur Berechnung des Sozialausgleichs erforderlich ist. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag wird in jedem Herbst vom Bundesministerium für Gesundheit im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen nach Auswertung der Ergebnisse des Schätzerkreises für das Folgejahr festgelegt. Auf der Basis der wirtschaftlichen Entwicklung und der Ausgabenentwicklung in der Gesetzlichen Krankenversicherung wird geschätzt, wie hoch der Finanzbedarf der Krankenkassen insgesamt sein wird, der nicht durch Zuweisungen des Gesundheitsfonds gedeckt ist. Aus dieser Deckungslücke wird abgeleitet, wie hoch der Zusatzbeitrag des Folgejahres im Durchschnitt sein muss. Dieser "durchschnittliche Zusatzbeitrag" ist die Berechnungsgrundlage für den Sozialausgleich.
Für das Jahr 2011 wurde mit Bekanntmachung im Bundesanzeiger ein durchschnittlicher Zusatzbeitrag von 0 Euro festgelegt, da in diesem Jahr die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds GKV-weit ausreichen werden, um die voraussichtlichen Ausgaben zu decken. Damit ist im Jahr 2011 kein Sozialausgleich notwendig.
Finanzentwicklung der GKV
Die Finanzentwicklung der GKV wird jährlich im Rahmen der endgültigen Jahresrechnungsergebnisse (Statistik) und vierteljährlich im Rahmen der vorläufigen Finanzergebnisse (Statistik KV 45 ) erfasst.
Perspektive für 2011
Im Jahr 2011 hätte der GKV trotz der unerwartet günstigeren konjunkturellen Entwicklung - ohne gesetzgeberische Maßnahmen zur Einnahmeverbesserung und Ausgabenbegrenzung - ein Defizit in einer Größenordnung von bis zu 9 Mrd. Euro gedroht. Dies wurde durch die Anhebung des allgemeinen Beitragssatzes auf das Niveau, das bis zum 1. Juli 2009 Bestand hatte, und durch die ausgabenbegrenzenden Maßnahmen bei Arzneimitteln, Krankenhäusern, Ärzten und Zahnärzten sowie die Nullrunde bei den Verwaltungsausgaben der Krankenkassen vermieden. Im Jahr 2011 ist auch nach der aktuellen Einschätzung des GKV-Schätzerkreises sichergestellt, dass die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds ausreichen werden, die voraussichtlichen Ausgaben der Krankenkassen zu decken. Insofern liegt der auf Basis der Schätzerkreisergebnisse zu berechnende durchschnittliche Zusatzbeitrag im Jahr 2011 bei Null. Das schließt nicht aus, dass einzelne Krankenkassen in diesem Jahr - wie bereits in 2010 - einen Zusatzbeitrag erheben.
Der zusätzliche Bundeszuschuss von 2 Mrd. Euro, den die GKV im Jahr 2011 einmalig erhält, kann in vollem Umfang der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zugeführt werden und steht in den Jahren 2012 bis 2014 für die Finanzierung des Sozialausgleichs zur Verfügung.
- Weiterführende Links
- www.bmg.bund.de