Mittwoch, 23. Juli 2008

DKG-Gutachten zur Kosten-Nutzen-Disskussion von Krebs-Therapien vorgelegt

Von: Deutsche Krebs- gesellschaft / Pressemitteilung

Im Auftrag der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. wurde ein Gutachten erstellt, das die Besonderheiten onkologischer medikamentöser Therapien aufzeigt und die daraus resul- tierenden Unsicherheiten für gesundheitsökonomische Be- wertungen darstellt. Nicht zuletzt aufgrund der Schwere von Tumorerkrankungen sind diese Aspekte auch bei Fragen zur Erstattung durch die Gesetzliche Krankenversicherung ange- messen zu berücksichtigen.

Bei Entscheidungsprozessen zur Erstattung von Arzneimitteln durch die Gesetzliche Krankenversicherung sollen vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheits- wesen (IQWiG) zunehmend Kosten-Nutzen-Bewertungen durchgeführt werden. Da sich die Situation bei Tumorerkran- kungen in vielerlei Hinsicht von der bei anderen Krankheiten unterscheidet, hat die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. den Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftungslehrstuhl für Medizinmanagement in Kooperation mit der CAREM GmbH mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, das die Besonderheiten onkologischer medikamentöser Therapien darstellt und Ansätze zur Berücksichtigung dieser Aspekte bei Erstattungsfragen aufzeigt.

Besonderheiten onkologischer medikamentöser Therapien

Vorgaben von Zulassungsbehörden und Ethikkommissionen können dazu führen, dass der Zusatznutzen eines innova- tiven Arzneimittels in randomisierten klinischen Studien nicht im vollen Umfang abgebildet wird. Beim Studienendpunkt "Gesamtüberleben" betrifft dies vor allem den Einsatz neuer Medikamente bei vorbehandelten Patienten mit weit fort- geschrittenem/metastasiertem Tumor, bei denen eine Heilung nicht mehr möglich ist und die Lebenserwartung durch eine medikamentöse Zweit- oder Drittlinientherapie teilweise nur um einige Monate verlängert werden kann.

Die adäquate Abbildung der Lebensverlängerung ist allerdings auch dann schwierig, wenn ein neues Medikament in einer klinischen Studie zur First-Line-Therapie untersucht wird. Hier können bei späterer Progression der Erkrankung gegebenenfalls weitere, durch das Studiendesign nicht definierte Therapien folgen, die das Gesamtüberleben ganz unterschiedlich beeinflussen können. Es erscheint daher sinnvoll, bei Kosten-Nutzen-Bewertungen in der Onkologie anstelle des Gesamtüberlebens alternative patientenrele- vante Endpunkte, wie z. B. das krankheitsfreie Überleben (disease free survival, DFS) oder die Zeit bis zum Krank- heitsprogress (time to progression, TTP) als Nutzenmaße für die isolierte Nutzen- sowie Kosten-Nutzen-Bewertung festzulegen.

Unterbewertet wird der Zusatznutzen eines innovativen Arzneimittels vor allem dann, wenn die Zulassungsbehörden oder Ethikkommissionen für die Zulassungsstudien ein Cross-over-Design vorschreiben. In diesen Studien erhalten aus ethischen Gründen auch die Patienten des Kontrollarms das neue Medikament, wenn dessen Überlegenheit in einer Interimsanalyse eindeutig nachgewiesen wurde. Da die anschließend im Kontrollarm mit dem innovativen Arzneimittel erzielten Ergebnisse aber weiterhin der Kontrollmedikation zugeordnet werden, verringert sich der Überlebenszeitgewinn zulasten des neuen Studienmedikaments.

Neben möglichen Ungenauigkeiten bei der Abbildung eines Überlebensvorteils muss bei Kosten-Nutzen-Bewertungen im Rahmen von Erstattungsfragen auch berücksichtigt werden, dass Medikamente in der Onkologie nicht selten für verschiedene Tumorerkrankungen und unterschiedliche Therapielinien zugelassen werden. In Abhängigkeit von der Indikation kann daher auch bei ein und demselben Arzneimittel der Nutzengewinn ganz unterschiedlich sein. Wie sich diese Unterschiede bei Festlegung eines Höchstbetrags, wie er derzeit in Deutschland geplant ist, abbilden lassen, ist bisher noch unklar.

Konsensusbildung mittels Sichtungsworkshop

Im Vorfeld einer gesundheitsökonomischen Evaluation medikamentöser onkologischer Therapien durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) sollte zunächst Konsens über die Komponenten der Kosten-Nutzen-Bewer- tung erzielt werden. Vorgeschlagen wird die Durchführung eines Sichtungsworkshops unter Einbeziehung aller relevanten Personengruppen. Dabei sollten zur Festlegung patientenrelevanter Endpunkte auch einzelne Betroffene und Patientenvertreter verbindlich eingebunden werden. Generell sollte zudem geklärt werden, unter welcher Perspektive die Kosten-Nutzen-Bewertung erfolgen soll.

Schlussfolgerung

Kosten-Nutzen-Bewertungen sind grundsätzlich ein sinnvoller Weg für den Umgang mit begrenzten Ressourcen im Gesundheitswesen. Auch in der Onkologie sind gesundheitsökonomische Evaluationen für die Erstattung von Therapien durch die Gesetzliche Krankenversicherung von Bedeutung. Bei der Ergebnisinterpretation müssen aber die Besonderheiten onkologischer Therapien und die aus den Vorgaben internationaler Zulassungsbehörden resultierenden Unsicherheiten angemessen berücksichtigt werden.

Weitere Informationen
Pressestelle der Deutschen Krebsgesellschaft e. V.
Herr André Franck
Tel. (03643) 74 37 49
Fax (03643) 74 35 36
E-mail: presse@krebsgesellschaft.de

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