
Die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie e.V. besteht seit über 70 Jahren und hat heute mehr als 2.500 Mitglieder, die in der Erforschung und Behandlung hämatologischer und onkologischer Erkrankungen tätig sind. Mit der Ausarbeitung von Curricula zur Aus-, Fort- und Weiterbildung, der Erstellung von Behandlungsleitlinien und Behandlungsempfehlungen sowie mit der Durchführung von Fachtagungen und Fortbildungsseminaren fördert die Fachgesellschaft die hochwertige Versorgung von Patienten mit hämatologischen und onkologischen Erkrankungen. (Podium der Pressekonferenz, Foto: DGHO)
DGHO-Tagung 2010: "DGHO plädiert für wissenschaftlich fundierte Nutzenbewertung neuer Krebsmedikamente"
Um den tatsächlichen therapeutischen Nutzen neuer Krebsmedikamente schnellstmöglich festzustellen, müssen industrieunabhängige Daten sowie die Expertise der Fachmedizin stärker berücksichtigt werden. Dies fordert die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie e.V. anlässlich der Jahrestagung 2010 der deutschen, österreichischen und schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Onkologie. Vom 1. bis 5. Oktober 2010 trafen sich im ICC / Messe Berlin mehr als 4.500 Experten, um über den aktuellen Forschungsstand in Diagnose und Therapie von Blut- und Krebserkrankungen zu diskutieren. Die Jahrestagung ist eine der wichtigsten Plattformen für den wissenschaftlichen Austausch und gesundheitspolitischen Dialog auf dem Gebiet der Hämatologie und Onkologie.
Die diesjährige Jahrestagung steht unter dem Motto "Der Weg zur personalisierten Krebsmedizin". Die Entdeckung molekularer Mechanismen der Krankheitsentstehung hat in den letzten Jahren zu beachtlichen Fortschritten in der Therapie von Blut- und Krebserkrankungen geführt. Krankheiten wie Leukämie oder Brustkrebs stellen sich immer mehr als heterogene Erkrankungen mit individuellen biologischen und genetischen Eigenschaften dar. Basierend auf diesen Erkenntnissen forscht die Biomedizin an zielgerichteten Therapiestrategien, die das individuelle Ansprechen verbessern und unnötige Nebenwirkungen vermeiden sollen. "Als Fachärzte und Fachgesellschaften müssen wir neue Therapieoptionen prüfen, kritisch bewerten oder wenn nötig auch verwerfen, um neue Standardtherapien festlegen zu können", erläutert der Kongresspräsident Prof. Eckhard Thiel, Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie der Charité Campus Benjamin Franklin.
Industrieunabhängige Daten für die Nutzenbewertung neuer Medikamente
Zielgerichtete medikamentöse Therapien sind teuer, und ihr tatsächlicher therapeutischer Nutzen zeigt sich in der Onkologie oft erst nach Jahren. Daher begrüßt die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie e.V. grundsätzlich das geplante Arzneimittelneuordnungsgesetz (AMNOG), das unter anderem bei der Bewertung des Nutzens neuer Medikamente mehr Transparenz schaffen soll. "Allerdings ist nicht nachvollziehbar, warum der Gesetzgeber das fachmedizinische Wissen und industrieunabhängige Daten nicht stärker berücksichtigt", kritisiert Prof. Gerhard Ehninger, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO. "Die derzeit geplanten Regelungen zur Nutzenbewertung neu zugelassener Medikamente führen in dieser Form nicht zu einer Weiterentwicklung der Onkologie", ergänzt Ehninger.
Die DGHO hält eine Nachbesserung für dringend geboten. Wissenschaftlichmedizinische Fachgesellschaften müssen laut DGHO ein Anhörungs- und Beteiligungsrecht bei der Erstellung der Nutzen- bzw. der Kosten-Nutzen-Bewertung erhalten. Bei der Festlegung der Methoden und Kriterien für den Prüfauftrag an das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sollten Fachgesellschaften einbezogen werden. Außerdem müsse der Gemeinsame Bundesausschuss Versorgungsstudien nicht nur mit pharmazeutischen Unternehmen, sondern auch mit Kompetenznetzen, Studiengruppen und Fachgesellschaften vereinbaren können.
Defizite bei den Zulassungsstudien neuer Krebsmedikamente
In den letzten Jahren wurden immer mehr, häufig sehr teure onkologische Arzneimittel neu zugelassen. "Schon zum Zeitpunkt der Zulassung gibt es ein erhebliches Erkenntnisdefizit bezüglich der Wirksamkeit und Sicherheit neuer Wirkstoffe", erklärt Prof. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. "Infolge ökonomischer Interessen und Marketingaspekten werden patientenrelevante primäre Endpunkte wie Gesamtüberleben und Lebensqualität in Zulassungsstudien häufig nur unzureichend berücksichtigt", so Ludwig weiter. Um den Nutzen bzw. das Risiko der neuen Arzneimittel ausreichend zu erfassen, schlägt Ludwig vor, dass sich Experten unmittelbar nach Zulassung zusammensetzen, um neue Wirkstoffe hinsichtlich ihres therapeutischen (Zusatz-)Nutzens zu bewerten und offene Fragen für unabhängige, versorgungsrelevante Phase-IV-Studien festzulegen.
"Onkopedia" – Therapieempfehlungen für Ärzte und Patienten
"Aufgrund der Vielzahl neuer Studien in der Onkologie brauchen Ärzte ein verlässliches Instrument für die individuelle Therapieentscheidung, das den aktuellen Stand des Wissens komprimiert und übersichtlich darstellt", erläutert Prof. Bernhard Wörmann, Facharzt für Hämatologie und Internistische Onkologie und DGHO-Koordinator für Leitlinien. Die DGHO hat deshalb die onkologische Wissensdatenbank "Onkopedia“ im Internet angelegt. Seither bearbeiten und aktualisieren Experten der DGHO regelmäßig Therapieempfehlungen zu den häufigsten Erkrankungen im Bereich Hämatologie und Onkologie.
In Kürze stehen unter "Mein Onkopedia" für Krebspatienten, Angehörige und Interessierte auch die ersten 15 Patientenleitlinien zur Verfügung. Sie basieren auf den aktuellen DGHO-Therapieempfehlungen und sind teilweise in Zusammenarbeit mit Selbsthilfeorganisationen verfasst worden. Fachbegriffe werden in einem getrennten Glossar erklärt.
Jahrestagung 2010 von DGHO, ÖGHO, SGMO und SGH+SSH
Die Jahrestagung der deutschsprachigen Fachgesellschaften für Hämatologie und Onkologie fand in diesem Jahr in Berlin, der Stadt der Wissenschaft 2010, statt. Über 4.500 Teilnehmer werden sich noch bis zum 5. Oktober in zahlreichen wissenschaftlichen Symposien, Fortbildungsveranstaltungen und Keynote- Lectures mit führenden internationalen Experten über den aktuellen Stand in der Grundlagen- und klinischen Forschung austauschen. Unter dem Motto „Onkologische Pflege – Stand und Perspektiven“ findet ab Samstag, 2.10.2010 eine zweitägige Pflegetagung mit zahlreichen Vorträgen und Workshops statt. Ebenfalls am Samstag, 2.10.2010 können sich beim Patiententag Interessierte über Neuigkeiten aus der onkologischen Forschung und Klinik informieren.
- Weiterführende Links
- www.dgho.de