
Der Vorsitzende des Verbandes der Privaten Krankenversicherung, Reinhold Schulte, erklärte bei der Vorstellung der vorläufigen Branchenzahlen für das Geschäftsjahr 2011 in Berlin: "Das Neugeschäft der Privaten Krankenversicherung (PKV) hat auch im Jahre 2011 deutlich zugelegt. Es gibt heute so viele Privatversicherte wie nie zuvor, insgesamt rund 31 Mio. Das zeigt: Alle Spekulationen über angebliche Abwanderungen haben mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Insgesamt waren in der PKV zum Jahresende 2011 8,98 Mio. Menschen vollversichert. Es bestehen mehr als 22,5 Mio. Zusatzversicherungen. Die Alterungsrückstellungen stiegen bis Ende 2011 in der Privaten Krankenversicherung auf 146 Mrd. EUR und in der Privaten Pflegeversicherung auf 24 Mrd. EUR, also insgesamt auf 170 Mrd. EUR." (Foto: pixelio.de)
AOK-Studie: "Privaten Krankenversicherungen fehlen jährlich 24 Mrd. EUR"
Die private Krankenversicherung (PKV) hat in ihren Prämienkalkulationen die künftigen finanziellen Belastungen nur ungenügend berücksichtigt. Das ist das Ergebnis der Studie eines Unternehmensberaters im Auftrag des AOK-Bundesverbandes, über die die Illustrierte Stern in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet. Danach fehlen den Privatversicherern jährlich 24 Milliarden Euro, um in den nächsten 40 Jahren die Kosten durch demografischen Wandel, medizinischen Fortschritt und die Entwicklung des Kapitalmarkts aufzufangen.
Basis der Modellrechnungen ist, dass sich die Einnahmen und Ausgaben der PKV wie bisher entwickeln und die Zahl der Versicherten stabil bleibt. So wird der Studie zufolge die weiter steigende Lebenserwartung unterschätzt, was rund 200 Euro pro Jahr ausmache. Der Anstieg der Ausgaben für Ärzte und Medikamente sei zu niedrig angesetzt; hierfür seien zusätzliche 1.670 Euro notwendig. Hinzu kämen die sinkenden Renditen am Kapitalmarkt, die mit mindestens 830 Euro zusätzlich im Jahr zu veranschlagen seien. Um all diese Kosten aufzufangen, müsste die Prämie für jeden der neun Millionen Privatversicherten um 2.700 Euro pro Jahr steigen.
"Wir wollten die Frage ehrlich beantworten, welches System die Menschen künftig unabhängig von Alter, Einkommen und gesundheitlicher Verfassung am besten versorgen kann", erklärt Jürgen Graalmann, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, das Motiv für die Studie. "Und die Kassen stehen in diesem Wettbewerb nicht schlecht da." Hierbei gehe es nicht nur um das privatwirtschaftliche Geschäftsmodell der PKV, so Graalmann, "das geht uns nichts an." Wenn jedoch immer mehr Privatversicherte ihre Prämien nicht zahlen könnten, "dann ist das auch ein sozialpolitisches Problem".
Der Stern-Bericht verweist auf Aussagen von Politikern der Regierungsparteien, die Veränderungen in der PKV anmahnen. Auch in der Branche selbst werde der Ruf nach grundlegenden Reformen lauter. Für AOK-Chef Graalmann steht dabei fest: "Was wir auf keinen Fall zulassen werden, ist, dass diese Probleme am Ende der Solidargemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten aufgebürdet werden."
Lesen Sie dazu auch die Reaktion des Verbandes der privaten Krankenversicherung (PKV): "Völlig benebelt: Das AOK-Beitragsorakel"
Die in der Illustrierten „Stern“ zitierten Mutmaßungen der AOK hinsichtlich der Beitragsentwicklung in der Privaten Krankenversicherung (PKV) kommentiert der Direktor des PKV-Verbandes, Volker Leienbach:
"Die AOK bildet keinerlei Vorsorge für die steigende Lebenserwartung und die steigenden Gesundheitsausgaben ihrer Versicherten. Die Private Krankenversicherung dagegen hat für ihre 9 Millionen Versicherten fast 150 Milliarden Euro kapitalgedeckte Vorsorge vorzuweisen. Da ist es schon dreist, dass die AOK Spekulationen über zukünftige Kosten des System-Wettbewerbers anstellt.
Aber wenn wir schon dabei sind: Der AOK-Höchstbeitrag ist in den letzten 40 Jahren von rund 750 Euro auf heute rund 7.100 Euro pro Jahr gestiegen. Wenn man diese Erfahrungswerte linear fortschreibt, wird der AOK-Höchstbeitrag in 40 Jahren bei über 67.000 Euro pro Jahr liegen. Hinzu kommen noch die Belastungen der Steuerzahler für den Anteil der AOK an den staatlichen Milliarden-Zuschüssen.
Das Beitragsorakel der AOK kann nicht davon ablenken, was sich Tag für Tag in der Praxis beweist: Deutschland hat dank seines Zwei- Säulen-Systems aus Gesetzlicher und Privater Krankenversicherung eine auch im internationalen Vergleich hervorragende Gesundheitsversorgung mit kurzen Wartezeiten, freier Arztwahl und medizinischem Fortschritt für alle.
Nur die Private Krankenversicherung ist nachhaltig und generationengerecht finanziert. Ihr solider Finanzierungsbeitrag stärkt die Gesundheitsversorgung aller, auch der gesetzlich Versicherten. Je mehr Menschen und Leistungen kapitalgedeckt in der PKV abgesichert werden, desto besser für die Zukunft des Gesundheitswesens."
- Weiterführende Links
- www.aok-bv.de
- www.pkv.de