AOK hat neue Hausarztversorgung in Baden-Würt- temberg vereinbart
Der Vertrag der AOK Baden-Württemberg mit Hausärztever- band und MEDI ist unterzeichnet. Damit wird ein neues Kapitel in der Hausarztversorgung in Baden-Württemberg aufgeschlagen. Der Vertrag schafft eine völlig neuartige, qualitätsgesicherte Hausarztversorgung. "Mit diesem Vor- gehen modernisieren wir gemeinsam mit den Partnern die hausärztliche Versorgung in unserem Bundesland. Qualitäts- volle, zielgenaue Versorgung unserer Versicherten bei besserer Vergütung für die Ärzte waren die Leitgedanken. Am Ende profitiert gerade der Patient davon, weil wir das ganze System von unnötiger Bürokratie befreien", so Dr. Rolf Hoberg, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Würt- temberg, am 08.05.2008 in Berlin.
Die AOK setze nach Ausschreibung und Monaten intensiver Verhandlungen als erste Krankenkasse in Deutschland die Möglichkeiten des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes um- fassend um, direkt mit Ärzteverbänden Umfang, Inhalte und Vergütung der hausärztlichen Versorgung zu vereinbaren. Hoberg: "Stethoskop statt Stift lautet unser Motto, was heißen soll, dass der Hausarzt in Baden-Württemberg jetzt seine Zeit nicht mit Formularen, sondern mit dem Patienten verbringen kann."
Der neue Vertrag soll neben der Versorgungsqualität der AOK-Versicherten in Baden-Württemberg auch die Wirt- schaftlichkeit verbessern helfen. Hausärzte, die sich in das neue AOK-Hausarztprogramm einschreiben, müssten ihre Rolle als Lotse auch tatsächlich wahrnehmen: "Er muss die Behandlungsabläufe immer wieder prüfen und wenn notwendig verbessern, das reduziert den zeitlichen und finanziellen Aufwand. Außerdem sind künftig mehr Service- Leistungen wie Abendsprechstunden bis 20 Uhr für Berufstätige vorgesehen", so Hoberg weiter.
"Wir haben die Abrechnungsmodalitäten so einfach konstruiert, dass sie auch auf einen Bierdeckel passen würden", so Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvize der AOK Baden-Württemberg. Für den Arzt beginnt auch beim Honorar eine neue Zeitrechnung mit festen Eurobeträgen und wenigen übersichtlichen Regelungen: Behandlungs- pauschalen, Qualifikationszuschläge und ergebnisabhängige Vergütungsbestandteile, etwa für das Erreichen einer bestimmten Impf- oder Check-up-Quote. Hermann: "Damit können Hausärzte einen durchschnittlichen Behandlungs- fallwert von bis zu 80,00 Euro im Quartal erreichen. Gegenüber den heute in Baden-Württemberg üblichen Werten eine deutliche Steigerung."
Dafür übernehmen die Ärzte die Verantwortung für eine gleichermaßen qualitätsvolle wie wirtschaftliche Versorgung der AOK-Versicherten. Sie werden hierbei intensiv unterstützt, etwa durch IT-gesteuerte Informationen über effiziente Verordnungsalternativen, insbesondere bei Arzneimitteln sowie durch regelmäßigen Erfahrungsaus- tausch in "strukturierten Qualitätszirkeln" mit besonders geschulten Moderatoren, in denen ärztliche Leitlinien besprochen und die individuelle Verordnungspraxis umfassend gemeinsam mit Arztkollegen erörtert werden.
Die AOK erwartet laut Hermann, dass bis Ende 2009 mindestens eine Million ihrer Versicherten und 5000 Hausärzte in Baden-Württemberg dabei sind: "Mit einer Mindestlaufzeit des Vertrages von fünf Jahren bieten wir unseren Versicherten und den Ärzten eine solide Perspektive für eine sorglose hausärztliche Versorgungszukunft im Südwesten."
Ärzte und Versicherte können sich ab Juli einschreiben: "Die Teilnahme am AOK-Hausarztprogramm ist natürlich freiwillig. Für Versicherte, die sich einschreiben, beginnt das Programm dann vom folgenden Quartal an zu laufen. Die Bindung an den gewählten Hausarzt soll auf jeden Fall für zunächst zwölf Monate bestehen", bestätigt Hermann.
Wer sich für das AOK-Hausarztprogramm entschieden hat, kann im Notfall jeden beliebigen Arzt oder Notdienst in Baden-Württemberg aufsuchen. Gleiches gelte im Urlaub oder für die Notfallversorgung außerhalb Baden-Württem- bergs. Für Ärzte und Patienten, die nicht am AOK-Hausarzt- programm teilnehmen, läuft alles weiter wie bisher.
Dass die AOK Baden-Württemberg im weiteren auch auf die Zusammenarbeit mit der KV setzt, bestätigt Vorstandschef Hoberg: "Der Notfalldienst oder die Sicherstellung des sogenannten Fremdkassenzahlungsausgleichs sind nur einige der weiterhin gemeinsamen Themen. Hier geht es um Versorgungssicherheit, bei der alle Beteiligten an einem Strang ziehen müssen."
Lesen Sie dazu auch die Pressemitteilung des MEDI Baden-Württemberg e.V.
Nach monatelangen Vertragsverhandlungen haben MEDI Baden-Württemberg, die AOK Baden-Württemberg und der Landesverband des Deutschen Hausärzteverbands heute den deutschlandweit ersten Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung zwischen einer Krankenkasse und freien Ärzteverbänden ohne Beteiligung einer Kassenärztlichen Vereinigung (KV) unterzeichnet.
"Dieser Vertrag verbessert die Arbeitsbedingungen in den Praxen, garantiert den teilnehmenden Hausärzten eine feste Vergütung in Euro und sichert den AOK-Patienten die hausärztliche Versorgung in Baden-Württemberg", lobte Dr. Werner Baumgärtner, Vorsitzender des MEDI Verbunds, die neue Zusammenarbeit. Und Werner Conrad, Geschäftsführer der MEDIVERBUND Dienstleistungs GmbH, fügte hinzu: "Die Ärzte werden wieder mehr Zeit für ihre Patienten haben, da der Vertrag ein Minimum an Verwaltungsarbeit erfordert."
Bisher bekommt ein Hausarzt in Baden-Württemberg unter Berücksichtigung aller Leistungen im Schnitt rund 55 Euro im Quartal. Künftig werden es durchschnittlich 78 Euro sein, wobei besonders die Praxen mit vielen chronisch Kranken deutlich besser vergütet werden als bisher und auf Fallwerte von über 100 Euro kommen können. "Es wird keine Fallzahlzuwachsbegrenzung für die AOK-Versicherten geben“, erklärte Baumgärtner und verwies auf gute Perspektiven für diese, „denn bisher fand mancher AOK-Patient keinen Hausarzt in seiner Nähe oder wurde auf das nächste Quartal vertröstet, weil das Fallzahlkontingent aufgebraucht war." Conrad ergänzte: "Das Abrechnungsverfahren ist einfacher und transparenter als das in der KV. Da der Arzt nun eine planbare und höhere Vergütung bekommt, kann er für notwendige Praxis-Investitionen, wie zusätzliches Personal oder Geräteneuanschaffungen, besser kalkulieren." Deshalb rechnen beide mit einer hohen Teilnahme am Vertrag, sowohl von Ärzte- als auch von Patientenseite.
"Mit dem neuen Vertrag zeigt uns die AOK auch, dass sie die wohnortnahe ambulante Versorgung mit freiberuflichen Arztpraxen erhalten möchte und unsere Existenzsorgen ernst nimmt", so Baumgärtner weiter. Darüber hinaus mache der Vertrag die hausärztliche Tätigkeit wieder attraktiver. "Die sprechende Medizin wird wieder gefördert, was im Hinblick auf den fortschreitenden Hausärztemangel sehr wichtig ist."
Für MEDI gehen die Kooperationsgespräche mit der Landes-AOK weiter: Da auch Fachärzte Mitglied im Verbund sind, werden MEDI und die AOK demnächst in neue Verhandlungen zur Einbindung der fachärztlichen Versorgung (§ 73c SGB V) treten. "Nur indem wir auch für unsere Fachärzte bessere Rahmenbedingungen aushandeln, können wir den Menschen eine umfassende wohnortnahe ambulante Versorgung bieten", waren sich Baumgärtner und Conrad einig. "Wenn sich starke Ärzteorganisationen zusammenschließen, laufen Verträge zu besseren Konditionen auch ohne KVen und große Kontrollposten."
- Weiterführende Links
- www.aok.de
- www.medi-verbund.de