"Ärzte sind nach wie vor Spitzenverdiener" konstatiert neue BARMER-Publikation
Im Rahmen einer Pressekonferenz hat die Barmer in Berlin am 26. August ihre neueste Publikation "Gesundheitswesen aktuell 2009" vorgestellt. Darin wird unter anderem die Ein- kommenssituation der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte hinterfragt und bewertet. In dem rund 300 Seiten starken Buch beziehen interne und externe Autoren zu wichtigen Strukturfragen ebenso analytisch Stellung wie zur künftigen Ausrichtung des Gesundheitswesens.
Die Gesamthonorare für ambulant tätige Ärzte
Statement von Uwe Repschläger, Hauptabteilungs- leiter "Unternehmensstrategie und Controlling"
Neben den durchgeführten Finanz- und Organisationsrefor- men in der GKV steht die Höhe der Vergütung der Kassen- ärzte immer wieder im Brennpunkt der öffentlichen Diskus- sion. Oft entsteht dabei der Eindruck, dass sich die Einkom- men der niedergelassenen Ärzte in Deutschland auf einem relativ niedrigen Niveau bewegen, und dass, als Konsequenz hieraus, ein baldiger Ärztemangel droht.
"Ärztliche Arbeit wird verramscht", so die Botschaft der organisierten Ärzteschaft in Richtung Öffentlichkeit und Politik. Auch wenn sich weder alle Ärzte noch alle Arzt- gruppen gleichermaßen zu Wort melden, zeigen die Heftigkeit und anhaltende Dauer der Ärzteproteste, dass eine nennenswerte Zahl niedergelassener Ärzte mit ihrer aktuellen Arbeits- und Einkommenssituation extrem unzufrieden ist. Mit öffentlichkeitswirksam inszenierten Kampagnen bleibt die Einkommenssituation der niedergelassen Ärzte ein Dauerthema für Gesundheitsreformen.
Dies ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Zum einen beschert die aktuelle Honorarreform den Ärzten einen Zuwachs von circa 3,8 Mrd. Euro bzw. über 25.000 Euro je Arzt innerhalb von zwei Jahren allein aus dem Topf der Gesetzlichen Krankenkassen – der höchsten Steigerung der Gesamtvergütung seit Bestehen der ärztlichen Selbstverwaltung. Zudem zählen die niedergelassenen Ärzte in den amtlichen Statistiken regelmäßig sowohl zu einer stetig wachsenden, wie auch zur Gruppe der absoluten Spitzenverdiener in Deutschland.
Vor diesem Hintergrund muten Klagen über zu niedrige Honorare und Ärztemangel eher befremdlich an. Es stellt sich die Frage, an welchem „Bedarf“ sich die unterstellten Mängel eigentlich bemessen. Das eigentlich erstaunliche und bezeichnende an der aktuellen Diskussion ist dabei, dass praktisch die gesamte Auseinandersetzung im luftleeren Raum geführt wird. Weder gibt es im Rahmen der Diskussion eine hinreichende Transparenz über die tatsächlich gezahlten Honorare an Arztpraxen, noch über die realen Einkommensverhältnisse der niedergelassenen Ärzte. Es dominieren interpretationsbedürftige und unvollständige Zahlen, die Geschichte der Arzthonorare ist ganz offenbar eine fortwährende "Geschichte von Missverständnissen".
Die Zahl der niedergelassenen Ärzte in Deutschland steigt ausnahmslos jedes Jahr, während die Bevölkerungszahl und die Zahl der GKV-Versicherten seit 10 Jahren praktisch konstant sind. Die Zahl der teilnehmenden KV-Ärzte ist seit Anfang der 90iger Jahre um mehr als ein Drittel auf inzwischen
135.000 gestiegen. Während Anfang der 90iger Jahre noch von einer Ärzteschwemme gesprochen wurde, werden heute 34.000 Ärzten mehr wie selbstverständlich als Ärztemangel dargestellt.
Die Honorare der Gesetzlichen Krankenkassen an die niedergelassen Ärzte sind seit Beginn der 90iger Jahre um 90% auf inzwischen knapp 30 Mrd. Euro (2009) gestiegen. Durchschnittlich steht so je abrechnendem Arzt rein rechnerisch ein GKV-Honorarvolumen in Höhe von 216.000 Euro zur Verfügung. Bei einem Praxiskostenanteil von circa 54% des GKV-Honorars ergibt dies bereits einen durchschnittlichen "GKV-Überschuss" je Arzt in Höhe von knapp 100.000 Euro.
Insgesamt erzielen die niedergelassen Ärzte neben ihren GKV-Honoraren zusätzliche Honorare in Höhe von circa 12 Mrd. Euro, z.B. von der PKV, über Privatliquidationen und sonstige Versicherungsträgern. Die Gesamtsumme der Einnahmen der Arztpraxen im Jahr 2009 liegt bei 42 bis 44 Mrd. Euro bzw. bei durchschnittlich über 300.000 Euro je Arzt. Abzüglich der Praxiskosten ergibt sich ein durchschnittlicher Überschuss vor Steuern in Höhe von circa 190.000 Euro je Arzt. Im Vergleich zu den durchschnittlichen Einkommen der GKV-Mitglieder liegen die zu versteuernden Einkommen der niedergelassenen Ärzte damit um das sechs- bis siebenfache höher.
Vor diesem Hintergrund müssen die aktuellen Proteste und weiteren Honorarforderungen der niedergelassenen Ärzte kritisch bewertet werden. Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Auswirkungen der schweren Finanzkrise, die die Einkommen der die Ärzteeinkommen finanzierenden Beitragszahler negativ beeinflussen werden. Hier ist die Übernahme gesamtstaatlicher Verantwortung durch die zu den Spitzenverdienern gehörende Ärzteschaft in der finanzwirtschaftlichen Krise gefordert.
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