116. Deutscher Ärzte Tag beendet - Die Zusammenfassung der Themen
Vom 28. bis 31. Mai 2013 kamen 250 Ärztinnen und Ärzte aus ganz Deutschland zum 116. Deutschen Ärztetag in die Niedersächsische Landeshauptstadt, um gesundheitspolitische Impulse zu setzen und wichtige berufspolitische Themen zu beraten. Lesen Sie dazu die nachfolgende Zusammenfassung:
Der 116. Deutsche Ärztetag in Hannover hat die Bundesregierung aufgefordert, unverzüglich Regelungen gegen einen weiteren Anstieg der zuletzt dramatisch angewachsenen Haftpflichtversicherungsprämien für Ärzte zu treffen. Konkret sprach sich der Ärztetag für eine Absenkung der Versicherungssteuer für ärztliche Haftpflichtversicherungen von derzeit 19 Prozent auf 11 Prozent aus. Im Rahmen der Daseinsvorsorge habe der Gesetzgeber verschiedene Versicherungen durch eine ermäßigte Versicherungssteuer in Höhe von elf Prozent gefördert. Zudem seien die gesetzlichen Regelungen zur Anpassung der Vergütungen, Erlösbudgets und Gesamtvergütungen für ärztliche Leistungen so zu ergänzen, dass bei Notwendigkeit auch eine unterjährige Berücksichtigung der Entwicklung der Prämien für ärztliche Haftpflichtversicherungen möglich wird.
Haftungsrisiken im Rahmen der Ausbildung von Notfallsanitätern regeln
Das Ärzteparlament hat gefordert, im Rahmen der Ausbildung von Notfallsanitätern auftretende Haftungsrisiken und Risiken im Bereich der Aufklärung nach dem Patientenrechtegesetz gesetzlich zu regeln, damit keine Haftungsrisiken bei den ausbildenden Krankenhäusern/Ärzten verbleiben. Der Notfallsanitäter solle im Rahmen seiner Ausbildung bei einigen hochinvasiven Tätigkeiten den Kompetenzlevel "beherrschen" erreichen, um diese Tätigkeiten in vital bedrohlichen Situationen ohne Verfügbarkeit eines Arztes auch durchführen zu können. Zum Erreichen dieses Kompetenzlevels sei in einigen Fällen die Durchführung am Patienten unter Aufsicht und klinischen Bedingungen notwendig. Allerdings handele es sich um nicht delegationsfähige Leistungen, und eine Berechtigung zur Ausübung der Heilkunde - wie beim ärztlichen Berufsanfänger - liege nicht vor. Dies werfe ohne die geforderten weitergehenden gesetzlichen Regelungen erhebliche (haftungs-)rechtliche Probleme für die ausbildenden Ärzte auf.
Ärztetag: Regressgefahr für Ärzte verringern
Die Delegierten des Ärztetages würdigten die Intention des Gesetzgebers, die Regressgefahr für niedergelassene Ärzte zu verringern, forderten aber weitere Maßnahmen. Die Angst vor einem möglichen Regress sei eines der Haupthindernisse für eine Niederlassung. Um die nach wie vor bestehende massive Unsicherheit in der Vertragsärzteschaft zu beheben, sei die Ausweitung des Grundsatzes "Beratung vor Regress" auf andere Formen der Wirtschaftlichkeitsprüfung für eigene Leistungen sowie medizinisch begründete Fälle einer wiederholten Regelverletzung unabdingbar.
Umgestaltung des EBM
In einer weiteren Entschließung plädierte das Parlament der Ärzte dafür, gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) zu einer „wirklichen Gebührenordnung“ für den vertragsärztlichen Bereich umzugestalten. Essentielle Merkmale seien Einzelleistungsvergütungen, feste Preise in Euro und die Zugrundelegung anerkannter betriebswirtschaftlich kalkulierter Praxiskosten unter Anpassung an die tatsächliche Kostenentwicklung.
Personalentwicklungskosten zusätzlich vergüten
Der Ärztetag forderte den Gesetzgeber dazu auf, dass Personalentwicklungskosten in Klinik und Praxis zusätzlich vergütet werden. Medizinischer Fortschritt, demografische Entwicklung, erschwerte Arbeitsbedingungen aber auch organisatorische Veränderungen wie verstärkte Teamarbeit, Delegation und Telemedizin machten verstärkte Bemühungen um die Qualifikation der im Gesundheitswesen Tätigen unumgänglich.
Prävention nicht als Marketinginstrumente der Kassen missbrauchen
Die Delegierten haben Gesetzgeber und Krankenkassen dazu aufgefordert, bestehende Präventionsstrategien auf ihren effektiven Nutzen hin zu evaluieren. Es müsse sichergestellt werden, dass Präventionsprogramme einer nachhaltigen Gesundheitsvorsorge dienen und nicht als Marketinginstrumente der Krankenkassen missbraucht werden. „Eine auf Nachhaltigkeit angelegte Präventionsstrategie ist ein wichtiger Baustein der Gesundheitspolitik“, so das Ärzteparlament.
Ärztetag für bundeseinheitliche Kriterien bei Sprachnachweis
Der Ärztetag hat Bund und Länder aufgefordert, bundeseinheitliche Kriterien für den Nachweis der für die ärztliche Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache festzulegen. Sprachkenntnisse seien ein wesentliches Element der Qualitätssicherung und dienten im erheblichen Maße der Patientensicherheit.
Ärzte für freie Wahl saisonaler Impfstoffe
Die Delegierten haben gefordert, dass niedergelassene Ärzte die jeweils effektivsten Impfstoffe einsetzen können, ohne durch Rabattverträge auf bestimmte Mittel festgelegt zu sein. Saisonale Impfstoffe müssten deshalb aus der gesetzlichen Vorgabe des Arzneimittelneuordnungsgesetzes (AMNOG) für Ausschreibungen zum Abschluss von Rabattverträgen herausgenommen werden. Es habe sich gezeigt, dass sich durch die Exklusivverträge der Krankenkassen mit den Herstellern die Versorgung der Patienten mit Impfstoffen verschlechtert habe. Qualität und Zuverlässigkeit seien neben dem Preis unverzichtbare Kriterien, um die Versorgungsqualität zu erhalten.
Substituierende Ärzte nicht kriminalisieren
Der Deutsche Ärztetag forderte außerdem die Verbesserung der Bedingungen für Ärzte bei der Behandlung Opiatabhängiger. Die so genannte Substitutionsbehandlung, bei der Ärzte ihren Suchtpatienten Methadon verschreiben, dürfe zukünftig nicht mehr zu einer Kriminalisierung der behandelnden Ärzte führen. Der Ärztetag forderte die Bundesregierung auf, entsprechende Änderungen in die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung aufzunehmen. Insbesondere die Vergabe von Take-home-Medikamenten und die Bestimmungen zum Beikonsum von Opiaten während der Behandlung bedürften einer Überarbeitung. Die derzeitigen Regelungen spiegelten nicht den aktuellen Stand der Wissenschaft wieder, hieß es in der Begründung des Ärztetages. Zudem bestehe bei der derzeitigen Gesetzeslage die Gefahr, dass Ärzte die Substitutionstätigkeit aufgeben, weil sie aufgrund von strafrechtlichen Konsequenzen um ihre Existenz fürchten müssten.
Der Ärztetag sprach sich dafür aus, die Zusammenarbeit von Hausärzten und Betriebsärzten bei der beruflichen Wiedereingliederung zu stärken. Um Verbesserungen auf diesem Gebiet zu erreichen, sollen gemeinsame Fortbildungsmaßnahmen zum betrieblichen Eingliederungsmanagement angeboten werden. Der Ärztetag begrüßte zudem die Resolution der Konferenz zur Sicherung des arbeitsmedizinischen Nachwuchses des Ausschusses für Arbeitsmedizin beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales und unterstützt das geplante Aktionsbündnis zur Förderung des arbeitsmedizinischen Nachwuchses.
Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen ausbauen
Die Delegierten haben für eine verstärkte und häufigere Durchführung von Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen sowohl im ambulanten Sektor als auch in Krankenhäusern plädiert. Die Konferenzen seien ein wichtiges Instrument in der ärztlichen Fort- und Weiterbildung sowie des Qualitätsmanagements, heißt es in einer Entschließung. Es sei möglich, ohne Schuldzuweisungen und Sanktionen interdisziplinär aus Fehlern oder Komplikationen zu lernen. Durch regelmäßige offene Diskussionen über klinische Abläufe während der Konferenzen würde die Sicherheits- und Lernkultur in Gesundheitseinrichtungen nachhaltig gefördert. Ein weiterer positiver Effekt sei das Erlernen von Soft Skills wie analytischem Denken, zielgerichteter Kommunikation und Präsentation, die für den ärztlichen Alltag unabdingbar seien. Als systematische Grundlage für diese Instrumente entwickelt die Bundesärztekammer derzeit einen methodischen Leitfaden zu Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen.
Keine Benachteiligung von Menschen nach Psychotherapie
Menschen, die sich einer Psychotherapie unterzogen haben, dürfen nicht benachteiligt werden, haben die Delegierten in Hannover gefordert. Die Zahl der diagnostizierten psychischen Erkrankungen steige ebenso wie die Zahl der Arbeitsunfähigkeits- und Krankentage sowie Frühberentungen aufgrund psychischer Störungen. Derzeit würden Menschen, die sich einer Psychotherapie unterzogen haben, etwa beim Abschluss von Versicherungen, Berufsunfähigkeits- und Lebensversicherung sowie bei der Verbeamtung benachteiligt. Eltern würden mittlerweile aus Angst vor späteren Benachteiligungen notwendige Psychotherapien für ihre Kinder ablehnen, warnte das Ärzteparlament.
Darüber hinaus forderte der Deutsche Ärztetag einstimmig, dass Suchterkrankungen in Diagnostik und Therapie anderen psychiatrischen Erkrankungen gleichgestellt werden. Jede psychiatrische Erkrankung kann in psychiatrischen Institutsambulanzen behandelt und abgerechnet werden. "Es kann nicht sein, dass Suchterkrankungen davon ausgenommen sind und hier eine Behandlung nur möglich ist, wenn eine weitere psychiatrische Erkrankung vorliegt", kritisierte der Ärztetag. Nach gängiger Praxis können die Krankenkassen die Behandlungsvergütung von Suchterkrankungen bis zu zwei Jahre nach Behandlung streichen, sofern keine zweite psychiatrische Erkrankung festgestellt werden kann. „Dies stellt eine Diskriminierung von Suchtkranken gegenüber anderen psychisch Erkrankten dar“, so der Ärztetag.
Zudem forderte das Ärzteparlament die Landesregierungen auf, zeit- und praxisnahe gesetzliche Regelungen zur Behandlung nicht einwilligungsfähiger psychisch Kranker zu schaffen. Dadurch, dass in einigen Bundesländern die Psychisch-Kranke-Gesetze aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr gelten, sei bei Ärzten und Patienten Unsicherheit hinsichtlich des verantwortungsvollen ethischen Umgangs mit Zwangsbehandlungen entstanden.
Zuschuss an Uni-Kliniken an tarifliche Entgeltsteigerungen anpassen
In einem weiteren Beschluss forderten die Delegierten, den Zuschuss der Bundesländer für Forschung und Lehre an den Universitätskliniken künftig in vollem Umfang automatisch um die jeweiligen tariflichen Entgeltsteigerungen anzupassen. Es sei nicht zumutbar, dass die Universitätskliniken für ihr Personal tarifierte Entgeltsteigerungen durch Einsparungen wie Personalkürzungen selbst auffangen müssten.
Zudem hat der Ärztetag die Landesregierung und den Landtag von Sachsen-Anhalt aufgefordert, die universitätsmedizinischen Standorte Halle und Magdeburg zu erhalten und die Finanzierung der Lehre und Forschung an diesen Standorten zu sichern. Nur durch beide Standorte sei die medizinische Maximalversorgung in Sachsen-Anhalt zu gewährleisten, heißt es in der einstimmig gefassten Entschließung.
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