
Präsentation des Herbstgutachtens 2006 in Berlin. Die sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute legen jeweils im Frühjahr und im Herbst ein Gutachten zur wirtschaft- lichen Lage in Deutschland vor. Die Expertisen zählen neben dem Jahresgutachten der Wirtschafts- weisen zu den wichtigsten Ein- schätzungen zur Entwicklung der deutschen Wirtschaft und beein- flussen wesentlich die offiziellen Erwartungen der Bundesregierung.
Wirtschaftsinstitute kritisieren Gesundheitsreform in ihrem Herbstgutachten
Die sechs führenden Wirtschaftsinstitute haben in ihrem Herbstgutachten die geplante Gesundheitsreform kritisiert. So heißt es dazu aus der Zusammenfassung des vorgelegten Berichtes:
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In den vergangenen Jahren hat die Wirtschaftspolitik durch- aus einiges unternommen, um die Wachstumsbedingungen und die Beschäftigungsaussichten zu verbessern. So wurde die Abgabenlast verringert sowie eine Reihe von Reformen auf dem Arbeitsmarkt und bei den sozialen Sicherungs- systemen eingeleitet. Zudem trug eine moderate Lohnpolitik zur Wende auf dem Arbeitsmarkt bei. Die trendmäßige Wachstumsrate ist aber immer noch niedrig; außerdem ist die Arbeitslosenquote, insbesondere für die Niedrigquali- fizierten, zu hoch.
Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag vier Bereiche genannt, wo sie ansetzen will, um die Lage der deutschen Wirtschaft fundamental zu verbessern: Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte, die Reform der Unternehmens- besteuerung, die Reform im Gesundheitswesen und die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes. Wenn man hier mit großen Schritten vorankäme, wären die Wachstums- perspektiven und die Aussichten für den Arbeitsmarkt am Ende der Legislaturperiode sicherlich wesentlich günstiger einzuschätzen, als dies gegenwärtig der Fall ist. Die entscheidende Frage ist daher, ob hier tatsächlich der große Durchbruch bevorsteht. Das Programm der Bundesregierung lässt sich zwar noch nicht endgültig beurteilen, da nicht alle Maßnahmen in diesen vier Bereichen bekannt sind. Die vorliegenden Informationen lassen nach Auffassung der Institute aber erkennen, dass die Vorhaben weit hinter dem zurückbleiben, was zur deutlichen Verbesserung der Wachstums- und Beschäftigungsbedingungen erforderlich wäre. Bei der Arbeitsmarktpolitik werden von den Parteien der Regierungskoalition Maßnahmen erörtert, welche die Wachstumsaussichten sogar verschlechtern würden.
Ein Grund für dieses pessimistische Urteil ist, dass sich die Bundesregierung offenbar nicht dazu durchringen kann, die Eingriffe des Staates dort zurückzuführen, wo der Markt- prozess bessere Lösungen liefert, und mehr Eigenver- antwortung zuzulassen. Dies zeigt sich exemplarisch an der geplanten Gesundheitsreform. Nach wie vor wird von der Bundesregierung hier eine wesentliche Aufgabe des Staates darin gesehen, die Ausgaben der Privaten bürokratisch zu lenken und durch diverse Eingriffe, wie die Deckelung der Ausgaben und die Fixierung von Preisen, zu begrenzen. Erforderlich wäre hier ein Systemwechsel, der es den Bürgern mehr als bisher überlässt, die Entscheidungen über Art und Umfang der Versicherung selbst zu fällen. Statt- dessen gibt es gerade bei den Sozialversicherungen eine Vielzahl von Eingriffen, die überwiegend verteilungspolitisch motiviert sind, wobei im Unklaren bleibt, wer tatsächlich von der Umverteilung profitiert und wer letztlich die Kosten trägt. (...)
Folgende Mitglieder bilden die "ARGE Arbeitsge- meinschaft deutscher wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute e.V."
- DIW Berlin, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung
- Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA)
- ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München
- Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel
- Institut für Wirtschaftsforschung Halle
- RWI Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung, Essen
- Weiterführende Links
- www.DIW.de