Wettbewerb zwischen den Kassen schafft neue Service- und Leistungsangebote
Die Bürgerinnen und Bürger finden in diesen Tagen immer mehr Anzeichen dafür, dass im Gesundheitswesen ein neues Kapitel aufgeschlagen wurde. Was ist anders? Der Wind des Wettbewerbs bläst über die Kassenlandschaft. Neue Trends bestimmen das Verhältnis zwischen den gesetzlichen Kassen und den Versicherten. Die Gesundheitsreform wirkt.
Kundenorientierung statt Preiswettbewerb
Besonders fällt auf, dass sich die Krankenkassen stärker als bisher an ihren Kunden orientieren. Bislang lockten sie mit möglichst niedrigen Beiträgen und erhoben damit den Preis zum wichtigsten Grund, um einer Kasse beizutreten. Das hat sich mit der Einführung des Einheitsbeitrages von 15,5% des Bruttolohns (14,9% ab 1. Juli) geändert. Es kann nicht mehr allein ums Geld gehen, wenn alle den gleichen Beitragssatz zahlen. Deshalb müssen die Marketingstrategen der Versich- erungen die Menschen mit anderen Gründen überzeugen: warum lohnt sich der Beitritt, warum ist es sinnvoll Mitglied zu bleiben oder warum rechnet sich ein Wechsel?
Die Lösung heißt mehr Qualität und mehr Service bei den Angeboten. Das grundlegende Prinzip ist leicht erklärt. Wenn – nehmen wir einmal an – alle Autos denselben Preis hätten, aber weiter bei Ausstattung, Bequemlichkeit, Motorstärke und so weiter unterschiedlich wären, was wäre dann beim Kauf entscheidend? Nun - höchstwahrscheinlich die Überle- gung, womit man für sein Geld die größte Qualität bekommt. Diese Antwort scheint in der Versicherungslandschaft ange- kommen zu sein.
Qualität ist Trend
Wer heute die Kundenmagazine der Versicherungen auf- schlägt, dem springen Botschaften von "mehr Service" ins Auge. Kein Zweifel, die Bemühungen gehen in Richtung auf ein großes "Plus" an Qualität, Service und Leistung. Dies schließt Vorsorgeangebote ebenso ein wie "Extras". Belohnt wird ein gesünderes Leben, zum Beispiel mit geförderten Mitgliedschaften in Sportvereinen und Fitnessstudios. Bezahlt werden Extras wie Heilbehandlungen, die nicht im Katalog der Regelleistungen stehen. Manche bieten Rooming-in für Eltern bei Krankenhausaufenthalten von Kindern.
Projekte zu einer besseren Integration von ärztlichen Leis- tungen setzen Standards für die Zukunft. Versicherungsei- gene Versorgungszentren, die Fachärzte unter einem Dach beherbergen, die auch abends und am Wochenende geöffnet sind, werden zum Wettbewerbsvorteil. Wenn dann noch eine Lounge mit Internetanschluss und eine Lernecke für Kinder existiert und das Wartezimmer mit langweiligem Ambiente abgeschafft wird, dann dürfte niemand widersprechen: Es handelt sich um Innovationen, die den Menschen nutzen.
Ranking schwieriger geworden
Immer mehr Beobachter stellen fest: Die Gesundheitsreform beginnt zu greifen. Bei einem Ranking der Krankenkassen reicht, wie gesagt, nicht mehr allein der Preisvergleich. Die Versicherten sollten sich daher genau über die Angebote ihrer Kasse informieren, um ihre Versorgung zu verbessern. Zu einem guten Service gehört allerdings auch, dass die Kassen ihre Versicherten umfassend über ihre neuen Angebote aufklären. Schon in ihrem eigenen Interesse.
Informationskampagne: Fragen Sie ihre Krankenkasse!
Zum Beispiel sollten die Verbraucher selbst aktiv werden und ihre Kassen etwa fragen, wie gut und wann diese erreichbar sind. Können sie bei der Vermittlung von Arztterminen behilflich sein und welche Zusatzleistungen bieten sie? Die Kassen müssen sich auf solche und viele andere Fragen einstellen. Spätestens mit dem Start des Gesundheitsfonds sind sie, wie Gesundheitsministerin Schmidt am 18. Februar betonte, "zum echten Dienstleister geworden, der sich um die Versicherten mit ihren individuellen Bedürfnissen kümmern und bemühen muss."
Um dem Versicherten bei der Suche nach der für ihn rich- tigen Krankenkasse zu helfen, hat das Bundesgesundheits- ministerium eine Informationskampagne gestartet. Zusam- men mit der Stiftung Warentest und den Verbraucherzen- tralen will es so einen Service- und Leistungsvergleich erleichtern. Unter dem Motto "Fragen Sie Ihre Kranken- kasse!" bieten die Partner Hilfestellungen an, um sich in der Fülle der Angebote zurecht zu finden.
Gutes Wirtschaften lohnt sich
Natürlich hat eine gute Gesundheitsversorgung auf medizinisch hohem Niveau ihren Preis. Einheitsbeitrag und flexible Angebote geben aber viel Spielraum für Wettbewerb und neue Kreativität beim Anbieter. Bonusprogramme, Zusatz- und Spartarife sowie sogar "Geld-Zurück-Optionen" zeugen davon. Gutes Wirtschaften lohnt sich – für die Krankenkassen und für die Versicherten.
Ein weiterer Trend betrifft das Verhältnis der Kassen untereinander. Hier ist ein Konzentrationsprozess feststellbar. Die gesetzlichen Kassen fusionieren oder kooperieren, um kostengünstiger als bisher Leistungen anbieten zu können. Experten erwarten, dass die Zahl der gesetzlichen Krankenkassen weiter sinkt. Fakt ist, dass Kassenfusionen nichts Neues sind. Die neuen Anforderungen verstärken jedoch die Notwendigkeit, Bündnisse zu suchen.
Der frische Wind weht auch an den privaten Versicherern nicht vorbei. Viele gesetzliche Kassen runden zudem die Palette ihres Leistungskatalogs durch Zusatzpolicen privater Versicherer ab. Sie schaffen so Möglichkeiten zur Kostenabfederung. Dies unterstreicht die Perspektiven für ein konstruktives Miteinander gesetzlicher und privater Versicherer.
Gesundheitsreform schafft mehr Wettbewerb
Die Gesundheitsreform hat für die Kassen zahlreiche neue Möglichkeiten für ihre Vertrags- und Tarifgestaltung geschaffen, um Kosten zugunsten der Beitragszahler einzusparen. Sie können sich dadurch viel stärker als bisher an den individuellen Wünschen und Bedürfnissen der Versicherten orientieren. Für diese wiederum ist mehr Wahlfreiheit entstanden – zwischen den Tarifen und zwischen unterschiedlichen Versorgungsformen.
Die Reform hat auch den Weg für direkte Verhandlungen zwischen Ärzten und Kassen sowie zwischen Kassen und Arzneimittelherstellern frei gemacht. Mit dem Ziel einer besseren Versorgungsqualität, mehr Effizienz, geringeren Kosten und weniger Bürokratie. Und der Weg wurde bereits beschritten. Zum Beispiel bei der integrierten Versorgung, bei der verschiedene Fachärzte und Therapeuten zusammenarbeiten oder bei den Arzneimittelrabattverträgen zwischen Kassen und Herstellern.
- Weiterführende Links
- www.bunderegierung.de
- www.bmg.bund.de