Versandapotheke darf Kunden nicht von gesetzlicher Zuzahlungspflicht befreien
Durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Kran- kenversicherung ("Gesundheitsreform 2004"), das 2004 in Kraft getreten ist, wurden u.a. auch die Regelungen zur Eigenbeteiligung der Versicherten verändert. Seitdem be- tragen die Zuzahlungen bei Arzneimitteln 10% des Abgabe- preises, mindestens jedoch 5 Euro und höchstens 10 Euro. Eine Versandapotheke - der Versandhandel mit Arzneimitteln ist in Deutschland ebenfalls seit der Gesundheitsreform 2004 möglich - hat den Versicherten über deren Krankenkassen "Zuzahlungsgutscheine" zukommen lassen und diese bei einer späteren Bestellung von verschreibungs- und damit zuzahlungspflichtigen Medikamenten eingelöst.
Dadurch hat sie ihren Kunden die Eigenbe- teiligung ersparen wollen. Gegenüber den Krankenkassen hat die Versandapo- theke so abgerechnet, als hätte sie die Zuzahlung verein- nahmt. Die Apothekerkammer hat diese Vorgehensweise auf arzneimittel(preis)rechtlicher Grundlage unter Anordnung der sofortigen Vollziehung untersagt.
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 13. Senat - hat im Rahmen eines Eilverfahrens diese Untersagungsver- fügung bestätigt (Beschluss vom 20. Juni 2008 - 13 ME 61/08) Die Ausgabe und spätere Einlösung von "Zuzahl- ungsgutscheinen" durch Apotheken, mit denen den gesetz- lich Krankenversicherten die vorgeschriebene Eigenbetei- ligung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erspart werden soll, verstößt gegen die nach der Arzneimittelpreis- verordnung vorgesehene Preisbindung, weil der verbindliche Apothekenabgabepreis dadurch in unzulässiger Weise ge- schmälert wird.
Eine Apotheke darf ihren Kunden bzw. den Kranken- versicherten bei preisgebundenen verschreibungs- pflichtigen Arzneimitteln keinen gesetzlich nicht vorgesehenen "Rabatt auf Umwegen" gewähren.
Einem Einschreiten der Apothekenaufsicht auf arzneimittel- (preis)rechtlicher Grundlage steht auch nicht entgegen, dass die Vorgehensweise der Versandapotheke auf einer Ab- sprache mit kooperierenden Krankenkassen beruht. Der Beitrag der Krankenkassen beschränkt sich nämlich auf das Abstempeln der Gutscheine und ggf. eine Änderung des äußeren Erscheinungsbildes. Es kann daher nicht von einer Rechtsbeziehung zwischen Krankenkassen und Versandapo- theke gesprochen werden, aufgrund derer nur die Vor- schriften des Krankenversicherungsrechts (5. Buch des Sozialgesetzbuches) anwendbar wären und ein Einschreiten der Apothekenaufsicht gesperrt wäre.
RiOVG Dr. Jürgen Rettberg
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