Sozialgericht Berlin bestätigt Ausschluss von Insulin-Analoga aus dem GKV-Leistungskatalog
Das Sozialgericht Berlin hat am 13. Januar 2010 die Klagen zweier Pharma-Unternehmen, der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH und der Lilly Pharma GmbH, gegen den Gemeinsamen Bundesausschuss abgewiesen. Die Klägerinnen vertreiben in Deutschland sogenannte kurzwirksame Insulin-Analoga zur Behandlung des Diabetes Mellitus (Sanofi-Aventis das Arzneimittel Apidra ®, Lilly die Arzneimittel Humalog und Humalog Mix). Mit ihren Klagen wandten sie sich gegen die vom Gemeinsamen Bundesausschuss erlassenen Regelungen in den Arzneimittelrichtlinien. Diese Regelungen schlossen die Verordnung von Insulin-Analoga für die Behandlung des Diabetes Mellitus Typ 2 aus, soweit damit gegenüber der Verordnung von Humaninsulinen Mehrkosten für die Krankenkassen verbunden sind. Insulinanaloga sind ca. 30 % teurer, haben aber - nach Auffassung des Beklagten, der sich hierzu auf eine Bewertung des Instituts zur Beurteilung von Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) stützt - keinen nachgewiesenen Zusatznutzen.
Die Klägerinnen machen verschiedene Verfahrensfehler und fehlende Transparenz des Bewertungsverfahrens durch das IQWiG geltend, insbesondere habe das IQWiG nicht nach den Maßstäben der evidenzbasierten Medizin entschieden bzw. deren Vorgaben verkannt. Sie fordern eine umfassendere Einbeziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse und berufen sich auf internationale Leitlinien. Außerdem machen sie die Unverhältnismäßigkeit des Ausschlusses geltend.
Dem hat sich das Gericht nicht angeschlossen. Es hält das Bewertungsverfahren des IQWiG auf Grundlage der gesetzlichen Vorgaben zur Einbeziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse für rechtmäßig und den Gemeinsamen Bundesausschuss demgemäß für berechtigt, den Leistungsausschluss vorzunehmen.
Die Klägerinnen haben mittlerweile Rabattverträge mit den Krankenkassen geschlossen, so dass die Insulinanaloga (zu einem niedrigeren Preis) derzeit weiter verordnungsfähig sind.
Aktenzeichen des Sozialgerichts: S 83 KA 588/07; S 83 KA 221/08
Lesen Sie dazu auch die Pressemitteilung des Gemeinsamen Bundesausschusses
"Gericht bestätigt erneut G-BA-Beschluss zu Insulinanaloga – Hersteller scheitern auch im Hauptsacheverfahren"
In der juristischen Auseinandersetzung um die Rechtmäßigkeit des Beschlusses zur Verordnungsfähigkeit kurzwirksamer Insulinanaloga zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 hat sich der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) gegen zwei Herstellerfirmen nun auch im Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht Berlin durchgesetzt.
Die Firmen Lilly Deutschland und Sanofi Aventis hatten vor dem Sozialgericht geklagt, um den entsprechenden Richtlinien-Beschluss des G-BA aus dem Jahr 2006 aufheben zu lassen. Unter anderem waren durch die Firmen Verfahrensfehler und eine fachlich unzutreffende Bewertung der Insulinanaloga durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit (IQWiG) geltend gemacht worden.
Das Sozialgericht Berlin wies die Klagen am vergangenen Mittwoch ab. Damit steht fest, dass das Bewertungsverfahren und der Beschluss des G-BA rechtskonform zustande gekommen sind. (AZ: S 83 KA 221/08 und S 83 KA 588/07). Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Bereits im November 2008 hatte das Sozialgericht Berlin einen Antrag der Firma Lilly auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen, der zum Ziel hatte, den Richtlinien-Beschluss des G-BA im Eilverfahren aufheben zu lassen (AZ: S 79 KA 1907/06 ER).
Der G-BA hatte am 18. Juli 2006 in einer viel beachteten Grundsatzentscheidung beschlossen, dass kurzwirksame Insulinanaloga zur Behandlung von Diabetes-Typ-2-Patientinnen und Patienten nur noch dann zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden dürfen, wenn sie nicht teurer sind als Humaninsulin. Mit diesem Beschluss hatte der G-BA eine vorherige Nutzenbewertung des IQWiG in der Arzneimittel-Richtlinie umgesetzt.
Insulinanaloga sind Abwandlungen des Hormons Insulin, die wie Humaninsulin den Blutzucker-Spiegel senken. Sie sind in Deutschland seit etwa zehn Jahren auf dem Markt. Insulinanaloga sind in der Struktur dem Insulin ähnlich aufgebaute Hormone und können um ein Vielfaches teurer sein als Humaninsulin, ohne dass bisher ein Zusatznutzen für die Patientinnen und Patienten im erforderlichen Maße nachgewiesen wurde.
- Weiterführende Links
- www.berlin.de/sen/justiz/gerichte
- www.g-ba.de