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Freitag, 03. Mai 2013

Schwarz-Gelb will Arzneimittelrecht reformieren und mehr Gesundheitsbewusstsein

Von: Deutscher Bundestag / Pressemitteilung

Mit mehreren Änderungen des Arzneimittelgesetzes wollen Union und FDP europäisches Recht hinsichtlich der Pharmakovigilanz, also der Überwachung der Arzneimittelsicherheit, umsetzen und gleichzeitig Änderungen bei den Vorschriften zum Dopingverbot vornehmen. Die geht aus einem entsprechenden Gesetzentwurf (17/13083) hervor.

Darin heißt es, wenn ein Zulassungsinhaber ein Arzneimittel vom Markt nehmen wolle, habe er die zuständige Bundesbehörde "unverzüglich die Gründe für das vorübergehende oder endgültige Einstellen des Inverkehrbringens, den Rückruf, den Verzicht auf die Zulassung oder die Nichtbeantragung der Verlängern der Zulassung" zu informieren. Dies gelte auch dann, wenn die Maßnahme in einem Drittland getroffen werde. Der Inhaber der Zulassung müsse insbesondere erklären, ob die Rücknahme aufgrund bestimmter Versagungsgründe - etwa unvollständiger Prüfung oder mangelnder therapeutischer Wirksamkeit - erfolgt. Unter Umständen müsse es dann auch eine Meldung an die Europäische Arzneimittel-Agentur geben. Zur Begründung heißt es, eine freiwillige Marktrücknahme solle nicht dazu führen, dass insbesondere Bedenken in Bezug auf Nutzen der Risiken eines Arzneimittels seitens der zuständigen Behörden "nicht ordnungsgemäß berücksichtigt würden". Bisher sei die Meldung über eine Marktrücknahme ohne Angabe von Gründen erfolgt, man gehe von rund 100 Fällen pro Jahr aus.

Außerdem werden Anforderungen an in Deutschland ansässige Arzneimittelgroßhändler bei der Lieferung von Arzneimitteln an Betriebe und Einrichtungen mit Sitz in Drittstaaten formuliert: So muss sich der Großhändler versichern, dass die Empfänger über die notwendige Berechtigung zum Großhandel oder zur Abgabe von Arzneimitteln nach dem jeweiligen Recht ihres Staates verfügen.

In dem Entwurf heißt es, die Änderungen bei den Vorschriften zur Bekämpfung des Dopings im Sport beruhten auf den Ergebnissen eines im Oktober 2012 vom Bundeskabinett beschlossenen Berichts der Regierung. Mit der Änderung soll nun ein eine "Tathandlung des Erwerbs" von Arzneimitteln, die dem Besitzverbot unterliegen, geschaffen werden. Dies diene der „effektiveren Strafverfolgung“. Zudem soll es nicht länger von Bedeutung sein, dass die Stoffe "in erheblichem Umfang" angewendet werden. Im Entwurf heißt es, der Nachweis einer Anwendung zu Dopingzwecken in erheblichen Umfang sei bei in der Verbotsliste neu eingetragenen Stoffen "schwierig zu führen" und könne "daher häufig nicht zeitnah erbracht werden". Die Voraussetzung sei daher "aus Praktikabilitätsgründen" zu streichen.

Künftig sollen zudem in Krisensituationen für Rechtsverordnungen die Zustimmung des Bundesrates nötig sein. Nach der Erweiterung von Handlungsmöglichkeiten der zuständigen Behörden in Krisensituationen bestehe nach der neuen Rechtslage für Eilverordnungen ohne Bundesrat "kein zwingender Bedarf" mehr. Sowohl im Falle eines Versorgungsmangels als auch im Falle bedrohlicher Infektionskrankheiten sei ein sofortiges und flexibles Handeln der zuständigen Behörden möglich.

"Mehr Gesundheitsbewusstsein"

Die Koalition will die Bevölkerung in einem gesundheitsbewussten Verhalten stärken und damit gesundheitliche Risiken reduzieren. Dies geht aus einem Gesetzentwurf von Union und FDP (17/13080) hervor. Darin heißt es, Gesundheit fördere die Entwicklung und die gesellschaftliche Teilhabe jedes Einzelnen und sei Voraussetzung für die „Leistungsfähigkeit der Gesellschaft, für Beschäftigung und für Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland“. Daher sollen die Leistungen zur Prävention und zur Früherkennung von Krankheiten im Fünften Buch Sozialgesetzbuch fortentwickelt werden. Eine Ständige Präventionskonferenz im Bundesministerium für Gesundheit soll dabei helfen, sich auf gemeinsame Gesundheitsförderungs- und Präventionsziele zu verständigen; auf diese gemeinsamen verbindlichen Ziele sollen die Leistungen ausgerichtet werden. Zudem will Schwarz-Gelb die Rahmenbedingungen der betrieblichen Gesundheitsförderung verbessern und den Wettbewerb der Krankenklassen auch im Bereich der Prävention stärken.

Dafür soll der Ausgabenrichtwert für Leistungen zur Primärprävention angehoben werden: Im Jahr 2013 sollen die Krankenkassen dafür 3,01 Euro für jeden ihrer Versicherten zur Verfügung stellen, ab 2014 sollen es 6 Euro sein. Für die betriebliche Gesundheitsförderung sollen ab dem Jahr 2014 jährlich mindestens 2 Euro für jeden Versicherten ausgegeben werden. Zusätzlich ist ein Euro für jeden Versicherten pro Jahr für Leistungen zur Prävention in Lebenswelten vorgesehen. Als Lebenswelten bezeichnet die Koalition „abgrenzbare soziale Systeme insbesondere des Wohnens, des Lernens, des Studierens, der medizinischen und pflegerischen Versorgung sowie der Freizeitgestaltung einschließlich des Sports und des Spielens, in denen die Versicherten große Teile ihres Lebens verbringen“.

Krankenkassen sollen künftig in ihrer Satzung bestimmen, unter welchen Voraussetzungen Versicherte, die regelmäßig Leistungen zur Vermeidung und Früherkennung von Krankheiten in Anspruch nehmen oder an Leistungen der Kassen zur individuellen Verhaltensprävention teilnehmen, Anspruch auf „eine Geldleistung als Bonus haben“. Gleiches gilt für Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung.

Mit der Unterstützung der Krankenkassen bei der Durchführung von kassenübergreifenden Leistungen zur Prävention für GKV-Versicherte soll ab dem kommenden Jahr die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung beauftragt werden. Sie erhält dafür eine pauschale Vergütung, die mindestens der Hälfte des Betrages entsprechen soll, die die Kassen für Leistungen zur Prävention in Lebenswelten aufzuwenden haben.

Über die Entwicklung der Gesundheitsförderung soll die Ständige Präventionskonferenz berichten. Sie wird nach dem Willen der Koalition alle vier Jahre einen Bericht erstellen und diesen dem Bundesgesundheitsministerium zuleiten. Vorsitzender der Konferenz wird der Bundesgesundheitsminister sein, der zudem Vertreter der betroffenen Ministerien, der Länder, der kommunalen Spitzenverbände, der Sozialleistungsträger, der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie der Verbände einberuft.

Zur Begründung heißt es, schon jetzt würden Krankenkassen Präventionsmaßnahmen "in erheblichem Umfang" fördern. Die Leistungen zur Primärprävention würden bislang jedoch „keinem einheitlichen Qualitätsstandard“ entsprechen, zudem würden sie nicht immer die Menschen erreichen, die einen Bedarf hätten. Insbesondere die Menschen sollen zu gesundheitsbewusstem Verhalten in die Lage versetzt werden, "die - wie Jugendliche mit Migrationshintergrund und Menschen mit niedrigem Bildungsstand - oft schwer zu erreichen sind". Auch deshalb soll die "im Grundschulalter bestehende Versorgungslücke“ bei der primären und sekundären Prävention bei Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, indem die bisherige Altersgrenze für die so genannten U-Untersuchung angehoben wird. "Primärpräventive Beratungselemente" sollen nach dem Gesetzentwurf künftig zum verbindlichen Bestandteil der Früherkennungsuntersuchungen werden.

Die Koalition gibt in ihrem Gesetzentwurf an, die geplanten Maßnahmen werden zu jährlichen Mehrausgaben von 150 bis 180 Millionen Euro ab dem Jahr 2014 führen. Dem könnten aber "mittel- bis langfristig erhebliche Einsparungen durch die Vermeidung von Krankheits- und Krankheitsfolgekosten gegenüberstehen".

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