Lesen Sie auch die Reaktion des GKV-Spitzenverband auf diese RWI-Studie: Mit dem Fokus auf die Gewinn- oder Verlustaussichten der deutschen Krankenhäuser greift der heute vorgestellte RWI Rating Report 2011 nach Einschätzung des GKV-Spitzenverbandes zu kurz. "Verluste von Krankenhäusern sind kein Indiz für eine unzureichende Finanzierungsausstattung, sondern oft ein Zeichen von strukturellen Problemen", betont Johann-Magnus v. Stackelberg, stellv. Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes. Weiterführend müssten nun die jeweiligen Ursachen für eine ökonomische Schieflage analysiert und praktische Konsequenzen gezogen werden. Der RWI Rating Report 2011 zeigt zwar auf, dass Defizite auch im Krankenhausmarkt möglich sind. Allein die Aussage, dass 12 Prozent der Krankenhäuser ein erhöhtes Insolvenzrisiko ausweisen, lässt sich aber nicht damit erklären, dass zu wenig Geld im System vorhanden ist. Vielmehr zeigt sich hier, dass es eine strukturelle Überkapazität gibt und das vorhandene Geld besser eingesetzt werden muss. "Verkrustete Strukturen dürfen nicht länger konserviert, sondern müssen aufgebrochen werden. Wir mahnen dringend eine strukturelle Bereinigung der Krankenhauslandschaft an", so v. Stackelberg. Insbesondere die Gewinnmeldungen der privaten Klinikbetreiber in den vergangenen Jahren zeigen, dass es sehr vielen Krankenhäusern trotz der gesetzlich gedämpften Ausgabendynamik gut geht. Das GKV-Finanzierungsgesetz war vor allem ein Beitragssatzerhöhungsgesetz mit einem Ausgabenrekordwert für Ärzte und Krankenhäuser. Allein im Jahr 2011 werden seitens der gesetzlichen Krankenversicherung über 60 Mrd. Euro in die stationäre Versorgung fließen. Viele Krankenhausbetten in Ballungszentren bleiben leer: Alarmierend ist der niedrige Nutzungsgrad der Krankenhausbetten, der in den vergangenen Jahren deutlich unter 80 Prozent lag. Es verwundert wenig, dass bei einem solchen Bettenüberhang einigen Häusern Verluste drohen. Ein Strukturwandel ist insbesondere dort notwendig, wo eine hohe Anbieterdichte vorliegt, wie z. B. in den Ballungsgebieten im Westen Deutschlands. Anders ist die Situation in den ländlichen Regionen zu bewerten. Hier bietet insbesondere der sogenannte "Sicherstellungszuschlag" Möglichkeiten, eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen. Krankenhäuser, die in einer bestimmten Region die einzige Klinik sind und aufgrund eines geringen Versorgungsbedarfs nicht kostendeckend arbeiten, können zusätzliche finanzielle Mittel erhalten. Der notwendige strukturelle Wandel erfordert Investitionen. Das zeigt auch der RWI Rating Report auf. Insbesondere im Bereich der Investitionsfinanzierung kommen aber die Bundesländer ihren Verpflichtungen nicht ausreichend nach. Während die gesetzliche Krankenversicherung Jahr für Jahr mehr Geld in die stationäre Versorgung lenkt und damit die Betriebskosten der Kliniken absichert, reduzieren die Länder als zweiter Finanzpartner für Investitionen ihren Anteil kontinuierlich. "Hier sollte der Gesetzgeber endlich eine verbindliche Investitionsquote vorschreiben und damit die Bundesländer in die Pflicht nehmen", so v. Stackelberg. (Quelle: GKV-Spitzenveraband / Foto: DAK / Scholz)

Donnerstag, 19. Mai 2011

RWI Krankenhaus Rating Report 2011: "Die fetten Jahre sind vorbei"

Von: Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung / Pressemitteilung

Bis zum Jahr 2020 werden ohne Gegenmaßnahmen voraussichtlich etwa 10% von derzeit rund 2.000 deutschen Kliniken schließen. Insbesondere für kleine Häuser in kommunaler Trägerschaft werden die nächsten Jahre wirtschaftlich hart. Besonders betroffen wird wohl der ländliche Raum sein. Die Versorgungssicherheit auf dem Land wird dadurch in den meisten Fällen aber nicht gefährdet. Zu diesen und vielen weiteren Ergebnissen kommt die siebte Ausgabe des "Krankenhaus Rating Report", der im Rahmen des "Hauptstadtkongress 2011 - Medizin und Gesundheit" in Berlin erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Die Studie über die wirtschaftliche Lage deutscher Krankenhäuser wurde gemeinsam vom RWI, der ADMED GmbH und der HCB GmbH erstellt.

Ohne Gegenmaßnahmen wird sich die derzeit gute wirtschaftliche Lage deutscher Krankenhäuser ab 2011 wieder verschlechtern. Bis zum Jahr 2020 dürften etwa 10% aus dem Markt ausscheiden. Betroffen sind vor allem kleine Häuser, hier insbesondere solche in kommunaler Trägerschaft in Teilen Bayerns, in Baden-Württemberg, in Südhessen und in Teilen Niedersachsens. Im Jahr 2009 befanden sich 12% der Krankenhäuser im "roten Bereich" mit erhöhter Insolvenzgefahr, 75% lagen im grünen Bereich, die restlichen 13% dazwischen. Laut ihrem Betriebsergebnis in der Lage, die erforderlichen Investitionen voll zu tätigen, waren dennoch nur rund 30% aller Krankenhäuser. Ohne Investitionen können sie aber langfristig nicht überleben. Seit dem Jahr 1991 hat sich in den Kliniken ein Investitionsstau von mittlerweile 14 Milliarden Euro angehäuft. Krankenhäuser müssen daher ihre Möglichkeiten zur Innenfinanzierung deutlich erhöhen. Zu diesen Ergebnissen kommt der siebte "Krankenhaus Rating Report", den das RWI, das Institute for Healthcare Business GmbH und die ADMED GmbH gemeinsam erstellt haben und dessen Ergebnisse im Rahmen des "Hauptstadtkongress 2011 - Medizin und Gesundheit" in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt wurden.

Am besten war die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser 2009 demnach in Rheinland-Pfalz/Saarland, Sachsen-Anhalt/Thüringen und in Sachsen, gefolgt von Nordrhein-Westfalen. Am schwierigsten war die Situation in Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen/Bremen und Bayern. Dabei gab es trotz ähnlicher regionaler Bevölkerungsdichte beispielsweise in Bayern rund 40% mehr Krankenhäuser je Einwohner als in Ostdeutschland. Auch die Inanspruchnahme von Krankenhäusern variierte deutschlandweit. Sie reichte von 14% unter dem Durchschnitt liegenden Fällen je Einwohner in Baden-Württemberg bis zu 12% darüber in Thüringen. Die Krankenhauskosten je Einwohner betrugen zwischen 717 Euro je Einwohner in Baden-Württemberg und 988 Euro im Saarland.

Kliniken, die gut wirtschaften, haben auch zufriedenere Patienten

Betrachtet man die wirtschaftliche Situation deutscher Krankenhäuser nach Trägern, schneiden kommunale Kliniken signifikant schlechter ab als private oder freigemeinnützige. So lagen im Jahr 2009 21% der kommunalen Häuser im "roten Bereich", aber nur 10% der freigemeinnützigen und 4% der privaten. Eine Ausnahme waren ostdeutsche kommunale Kliniken, die genauso gut abschneiden wie nicht-kommunale. Auch zwischen den westdeutschen kommunalen Krankenhäusern gibt es große Unterschiede und Häuser mit guten Betriebsergebnissen.

Weitere Ergebnisse der Studie sind, dass kleine Krankenhäuser bezüglich der wirtschaftlichen Lage signifikant schlechter abschneiden als große. Einen Zusammenhang gibt es auch zwischen Wirtschaftlichkeit, Qualität und Patientenzufriedenheit: Häuser mit Qualitätsproblemen weisen ebenso ein schlechteres Rating auf wie solche mit geringer Patientenzufriedenheit. Erstmals konnten Unterschiede innerhalb freigemeinnütziger Krankenhäuser untersucht werden. Dabei fällt die wirtschaftliche Lage katholischer Krankenhäuser überdurchschnittlich gut und signifikant besser als bei evangelischen Krankenhäusern aus.

Ausgaben für Krankenhäuser weniger stark gestiegen als für Arztpraxen

Der "Krankenhaus Rating Report 2011" basiert auf einer Stichprobe von 687 Jahresabschlüssen aus dem Jahren 2008 und 366 Jahresabschlüssen aus dem Jahr 2009, die insgesamt mehr als 1.000 Kliniken umfassen. Die Ausgaben für Krankenhäuser betrugen 2009 insgesamt 71 Milliarden Euro und waren damit um 6,4% höher als im Vorjahr. Allerdings stiegen auch die Kosten der Krankenhäuser, vor allem für den ärztlichen Dienst, 2009 stark an. Zwischen 2005 und 2009 sind die Ausgaben für Krankenhäuser um 15% gestiegen und damit geringer als die Ausgaben für Arztpraxen (22%) und für ambulante und stationäre Pflege (20%).

In Zukunft werden voraussichtlich vor allem strukturschwache ländliche Räume nicht nur mit einer alternden Bevölkerung, sondern auch mit spürbaren Bevölkerungseinbußen umgehen müssen. Daher wird dort die Krankenhausinfrastruktur nicht in vollem Umfang aufrechterhalten werden können. Schließungen dürften die Versorgungssicherheit auf dem Land in den meisten Fällen aber nicht gefährden. Bereits heute fällt die Lage der ländlichen Grundversorger am schlechtesten aus – dies gilt insbesondere für solche in kommunaler Trägerschaft – gefolgt von den städtischen Grundversorgern. Ländliche und städtische Spezialisten schneiden durchschnittlich gut ab, große Versorger, sowohl kommunale als auch nicht-kommunale, mit mehr als 300 Betten am besten.

Kommunalpolitik versucht Klinikschließungen möglichst zu verhindern

Es ist zu erwarten, dass die Kommunalpolitik eine Marktbereinigung hin zu weniger, aber größeren und wirtschaftlicheren Krankenhausstandorten nicht unterstützen wird. Auch die Landespolitik dürfte sich zurückhalten, um bei den Wählern nicht in Ungnade zu fallen. Somit werden voraussichtlich die Banken über die Kreditvergabe beziehungsweise Nicht-Vergabe den Marktbereinigungsprozess maßgeblich mitbestimmen. Damit Veränderungen im Sinne von Patienten und Beitragszahlern stattfinden, wäre es hilfreich, wenn auch die über die Krankenversicherungen gebündelte Nachfrage nach Krankenhausleistungen stärkeren Einfluss auf das Leistungsangebot nehmen könnte.

Ihre Ansprechpartner dazu
Dr. Boris Augurzky (RWI) Tel.: (0201) 81 49-203
Dr. Sebastian Krolop (ADMED GmbH) Tel.: (02238) 47 53 00
Sabine Weiler (Pressestelle RWI) Tel.: (0201) 81 49-213

Dieser Pressemitteilung liegt die Studie "Krankenhaus Rating Report 2011: Die fetten Jahre sind vorbei" zugrunde. Sie enthält unter anderem grafische Darstellungen auf Deutschlandkarten und Krankenhausbenchmarks. Das Executive Summary ist unter www.rwi-essen.de/publikationen/rwi-materialien/ als Heft 67 der "RWI Materialien" und unter www.admed.com als pdf-Datei erhältlich. Die vollständige Studie kann für 270 Euro inkl. 7% MwSt. beim RWI, der HCB GmbH oder der ADMED GmbH bestellt werden.

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