
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel bei ihrer Regierungserklärung zum "Konjukturpaket II" im Deutschen Bundestag (Foto: DBT/photothek)
"Pakt für Beschäftigung und Stabilität" von der Bundesregierung beschlossen
Deutschland soll stärker aus der Wirtschaftskrise heraus- kommen, als es hineingegangen ist. "Wir wollen diese Krise als Chance nutzen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am 14. Januar 2009 in ihrer Regierungserklärung vor dem Deutschen Bundestag. Während Redner der Union und der SPD um Unterstützung für das so genannte zweite Konjunk- turpaket warben, äußerten die Vorsitzenden der drei Oppo- sitionsfraktionen heftige Kritik an den Regierungs- plänen.
Aus Sicht des Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion, Volker Kauder, erfordert die Wirtschaftskrise "außerordentliche Maßnahmen". Große Wirtschaftsnationen wie die USA müssten sich ihrer Verantwortung für die Weltwirtschaft bewusst sein. Dem künftigen US-Präsidenten müsse man zurufen, dass dieses Problem, "das aus Amerika zu uns kam", nicht mit Protektionismus aus der Welt zu schaffen sei.
Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung
Unter den insgesamt 14 einzelnen Beschlüssen wird auch der Bundeszuschuss an die gesetzliche Krankenversicherung mit Wirkung zum 1. Juli 2009 für das Jahr 2009 um 3 Mrd. ¤ und für das Jahr 2010 um 6 Mrd. ¤ erhöht. Die paritätisch finan- zierten Beitragssätze werden dementsprechend um 0,6 Pro- zentpunkte gesenkt.
Der Pakt für Beschäftigung und Stabilität beinhaltet die folgenden Beschlüsse
- Zukunftsinvestitionen der öffentlichen Hand
- Beschleunigung von Investitionen durch Vereinfach- ung des Vergaberechts
- Kredit- und Bürgschaftsprogramm
- Ausweitung der bundesgedeckten Exportfinanzierung
- Innovationsförderung des Bundes
- Breitbandstrategie der Bundesregierung
- Stärkung PKW – Nachfrage
- Neuregelung Kfz-Steuer
- Förderung anwendungsorientierter Forschung im Bereich Mobilität
- Beschäftigungssicherung
- Senkung der Einkommenssteuer
- Beträge zur gesetzlichen Krankenversicherung
- Familien und kinderbezogene Leistungen
- Beschluss zur Einführung einer neuen Schuldenbe- grenzungsregel
Soziale Marktwirtschaft erhalten
Jetzt gehe es darum, so Kauder, die soziale Marktwirtschaft in schwierigen Zeiten zu erhalten. Die Menschen erwarteten vom Staat Sicherheit in existenziellen fragen. Sie müssten mit Perspektiven, mit dem Erhalt ihres Arbeitsplatzes, durch diese schwierige Zeit kommen.
Dagegen sprach der FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Guido Westerwelle vom "größten Schuldenpaket" in der Geschichte des Landes. Der Kanzlerin warf er vor, dass in guten Zeiten nicht für die schlechten vorgesorgt worden sei. Einen Auf- schwung gebe es nur, wenn sich Leistung für die Bürger wieder lohne. Zu einem niedrigen, einfachen Steuersystem fehle der Koalition jedoch der Mut.
"Entlastungen auf Taschengeldniveau"
Deutschland werde angesichts der angekündigten "Steuer- entlastungen auf Taschengeldniveau" nicht in einen Konsum- rausch verfallen, sagte Westerwelle. Das Paket kümmere sich weniger um die Konjunktur als um die Wahlkampfin- teressen. Die Wenigsten würden den Tag erleben, an dem die mit dem Konjunkturpaket verbundenen neuen Schulden zurückgezahlt sein werden, prophezeite der FDP-Politiker.
Als "völlig unzureichend" bezeichnete Oskar Lafontaine (Die Linke) das Konjunkturpaket, weil viel zu wenig in die öffent- liche Infrastruktur investiert werde. Hinzu komme, dass nicht gegen die "Schieflage in der Gesellschaft" unternommen werde. Die Hälfte aller Haushalte zahle keine Steuern, brauche aber das Geld.
"Soziale Ungleichgewichte"
Sinnvoller wäre es gewesen, so Lafontaine, einen Mindestlohn von 8,71 Euro pro Stunde einzuführen, die Renten um vier Prozent zu erhöhen und den Hartz-IV-Regelsatz auf 435 Euro monatlich anzuheben. Die "sozialen Ungleichgewichte" bei Einkommen und Vermögen müssten im eigenen Land abgebaut werden.
Fraktionschef Fritz Kuhn von Bündnis 90/Die Grünen sagte, das Geld künftiger Generationen auszugeben sei nur dann legitim, wenn die künftigen Generationen etwas davon hätten. Er sprach von einem "ordnungspolitischen Blindflug" der Koalition angesichts der Teilverstaatlichung der Commerzbank.
Wirkungsvoller wäre aus Kuhns Sicht gewesen, bei den Hartz-IV-Sätzen und beim Mindestlohn tätig zu werden. Das Vorgehen beim Beitragssatz zur Krankenversicherung, ihn nach der jüngsten Anhebung wieder um 0,6 Prozentpunkte zu senken, umschrieb Kuhn mit dem Begriff "Voodoo-Ökonomie".
"Abwrackprämie für den Erhalt von Arbeitsplätzen"
Andrea Nahles (SPD) verteidigte die von Kuhn kritisierte Umweltprämie von 2.500 Euro für die Verschrottung von mehr als neun Jahre alten Pkw. Diese "Abwrackprämie" sei eine Prämie für den Erhalt von Arbeitsplätzen in diesem Land, sagte die Sozialdemokratin.
Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU) widersprach der Einschätzung, Steuersenkungen seien kein Mittel in der Krise. Das verabredete Entlastungsvolumen von sechs Milliarden Euro sei höher als das der Unternehmensteuerreform von 2007.
"Wir handeln gut überlegt"
"Nichtstun ist keine Alternative", hatte Angela Merkel eingangs festgestellt und dabei versichert: "Wir handeln gut überlegt." In der Autobranche habe Deutschland eine weltweit einmalige Technologie- und Innovationskraft. Diese Kernsubstanz wolle man nicht nur erhalten, sondern modernisieren.
Die Entlastung für eine vierköpfige Familie mit zwei Kindern und einem Erwerbstätigen mit einem Durchschnittseinkommen von 30.000 Euro im Jahr bezifferte Angela Merkel auf 314 Euro. Mit 80 Milliarden Euro für beide Konjunkturpakete brauche Deutschland den europäischen Vergleich nicht zu scheuen. Mit der vorgesehenen Aufnahme einer "Schuldenbremse" ins Grundgesetz werde man zudem für künftige Generationen ein Zeichen setzen, sagte die Kanzlerin.
"Krisen der Weltwirtschaft verhindern"
AußenministeDr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) bezeichnete das Konjunkturpaket als "Zwischenschritt". Die Menschen wollten wissen, wie der politische Rahmen aussieht, damit Unternehmen wieder langfristig denken und investieren. Jetzt, wo auch international die Einsicht vorhanden sei, "müssen wir an einer Ordnung der Weltwirtschaft arbeiten, die Krisen verhindert", sagte der Minister.
- Weiterführende Links
- www.bundestag.de
- www.bundesregierung.de