Dr. Andreas Köhler, Vorstands- vorsitzender der Kssenärztlichen Bundesvereinigung (Foto: KBV)

Mittwoch, 15. November 2006

Neue Gebührenordnung für Ärzte beinhalte unvor- hersehbare Risiken

Von: Ausschuss für Gesundheit / Pressemitteilung

Der Bundestagsausschuss für Gesundheit gibt bekannt: Die Einführung einer neuen Gebührenordnung im Rahmen des GKV-Wettbewerbsgesetzes birgt nach Ansicht von Experten eine Reihe von Risiken und Problemen. "Das Ende der Budgetierung wird nicht erreicht", erklärte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, bei einer Anhörung im Gesundheitsausschuss. Gleichzeitig warnte er vor dem Risiko von Insolvenzen, auch in den alten Bundesländern: "Wir werden Praxispleiten erleben", so Köhler.

Bei der dritten Anhörungsrunde zur Gesundheitsreform wurde unter anderem die Neuordnung der Vergütung von Ärzten und Zahnärzten in der ambulanten Versorgung (Paragrafen 85a und b des Fünften Buches Sozial- gesetzbuch) diskutiert. Die Ablösung des Vergütungssystems zum 1. Januar 2009 beinhaltet nach Meinung der Spitzenverbände der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) erhebliche Risiken für die Ausgabenentwicklung und die Beitragssatzstabilität der Krankenkassen. Sie fürchten eine "doppelte Dynamik" der Ausgaben für ärztliche Leistungen. Denn es müssten nicht nur die Preise an die Kosten- entwicklung angepasst werden, sondern von den Ärzten auch die so genannte Morbidität, also die Krankheits- wahrscheinlichkeit, festgestellt und dokumentiert werden.

Das Gesetz sieht vor, in Zukunft ärztliche Leistungen nach bundesweit einheitlichem Punktwert zu berechnen. Der Wert für das Jahr 2009 soll erstmalig bis zum 31. August 2008 nach bestimmten Kriterien festgelegt werden. Ärztliche Leistungen werden dann entsprechend den Eckpunkten der Gesundheitsreform nicht mehr nur nach einem Punkte- system, sondern nach festen und einheitlichen Preisen (Euro-Gebührenordnung) bewertet. Das bisherige System war immer wieder als intransparent kritisiert worden. Der Sachverständige Jürgen Bausch warnte davor, dass das geplante System "noch unübersichtlicher und bürokratischer" sein werde. Er rechnet zudem mit 13 Prozent weniger Vergütung für die Ärzte.

Probleme sehen die Experten auch bei der Datenerfassung. Die Vertreter von KBV und GKV bezeichneten den vorgesehenen Zeitraum für die Berechnungsgrundlage als nicht realistisch. Nach Meinung der Gesetzlichen Kranken- kassen ist es unrealistisch, die ärztlichen Leistungen in der Gebührenordnung innerhalb weniger Monate zu Pauschalen zusammenzufassen. "Das ist in sechs Monaten nicht zu schaffen", sagte GKV-Vertreter Johann-Magnus von Stackelberg. Für die Kassenärztliche Bundesvereinigung schlug Köhler vor, die Punktwerte durch den Bewertungsausschuss festlegen zu lassen.

Die Opposition machte darauf aufmerksam, dass es bei der neuen Gebührenordnung zu Problemen für spezielle Ärztegruppen wie beispielsweise Psychotherapeuten oder Kinderärzten kommen könne. Ingrid Clever vom Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten betonte, dass Psychotherapie weiter als Einzelleistung abgerechnet werden müsse, da hier der Behandlungszeitraum variieren könne. Auch Manfred Partsch von den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) forderte, dass der Spielraum für Sonderregelungen erhalten bleiben müsse. Er wies nochmals darauf hin, dass das neue Vergütungssystem vor allem ab 2010 "erhebliche Ausgaberisiken für die Krankenkassen" bedeute. Es ist, so Patsch, "ein Experiment mit unsicherem Ausgang".

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