Freitag, 18. August 2006

Kommunale Klinikstreiks beendet: Ärzte haben Tarifvertrag erstritten

Von: Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände / Pressemitteilung

Am Donnerstag, den 17. August 2006 haben sich die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und der Marburger Bund (MB) auf einen Tarifvertrag für die Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern geeinigt. Der Einigung gingen langwierige und schwierige Verhandlungen voraus. Der Verhandlungsführer der VKA, Prof. Dr. Otto Foit, sagte zum Abschluss: "Unser Nahziel war es, im Interesse all unserer Patienten  Beschäftigten den geregelten Betrieb den Krankenhäusern wiederherzustellen. Das haben wir erreicht. Ebenso ist es uns gelungen, den Flächentarifvertrag für die kommunalen Kliniken zu erhalten." Foit sagte weiter: "Dennoch ist heute kein wirklich guter Tag für die Kliniken. Wir müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass der uns heute aufgezwungene Kompromiss für manche Klinik die Existenzfrage verschärfen wird." - Im Einzelnen wurden folgende Eckpunkte vereinbart:

  • Entgelttabelle monatliche in EUR nach Stufen 1-5

Arzt: (3420) (3.640) (3.760) (4.000) (4.200)

Facharzt: (4.450) (4.800) (5.110) (5.300) (5.600)

Oberarzt: (5.650) (6.000) AT (freie Vereinbarung)
Ltd. Oberarzt: (6.500) AT (freie Vereinbarung)

Werte auf Basis von 40 Stunden/Woche einschließlich Jahressonderzahlung

Die Tatsache, dass ein Leistungsentgelt für Ärztinnen und Ärzte nicht tarifvertraglich vereinbart worden ist, bedeutet nicht, dass die kommunalen Krankenhäuser bei Ärztinnen und Ärzten auf materielle Leistungsanreize verzichten. Sie können schon in 2007 leistungsdifferenzierende Zielvereinbarungen mit Ärztinnen und Ärzten praktizieren.

Im Tarifgebiet Ost beträgt der Bemessungssatz 95,5 v.H. der Tabellenentgelte. Dieser Bemessungssatz erhöht sich zum 1. Juli 2007 auf 97 v.H.. Aus diesen Tabellenwerten ergeben sich für die Ärztinnen und Ärzte deutlich verbesserte Einkommen. Durchschnittlich steigen die Einkommen je nach Struktur des Krankenhauses um ca. 10 bis 13 Prozent gegenüber dem TVöD.

  • Bereitschaftsdienst

Vereinbart wurde eine Erhöhung der Entgelte durch Anhebung der Bemessungssätze sowie eine Vereinfachung der Abrechnung.

- Bemessungssätze:

Stufe I: (bis zu 25% Arbeitsleistung) 60%
Stufe II: (über 25 bis zu 40% Arbeitsleistung) 75%
Stufe III: (über 40 bis zu 49% Arbeitsleistung) 90%

- Stundenentgelte (Tarifgebiet West):

Assistenzarzt: 22,30 Euro
Facharzt: 27,10 Euro
Oberarzt: 30,00 Euro
Ltd. Oberarzt: 32,00 Euro

Wochentags sind tägliche Arbeitszeiten einschließlich Bereitschaftsdienst von bis zu 18 Stunden möglich. An Wochenenden und aufgrund von Betriebs-/ Dienst- vereinbarungen kann die tägliche Arbeitszeit auf bis zu 24 Stunden verlängert werden.

  • Arbeitszeiterfassung

Hinsichtlich der Arbeitszeiterfassung wurde vereinbart, die Arbeitszeiten der Ärzte durch elektronische Verfahren oder auf andere Art objektiv zu dokumentieren.

  • Tarifgebiet Ost

Für das Tarifgebiet Ost sind die Tabellenwerte des Tarifgebiets West reduziert um den für das Tarifgebiet Ost gültigen Bemessungssätze (95,5% / ab 1. Juli 2007 97%) vereinbart worden.


Der Verhandlungsführer der VKA, Prof. Dr. Otto Foit zeigte sich trotz aller Bedenken erleichtert, dass eine Einigung erzielt werden konnte:"Wir haben es geschafft, der besonderen Situation der kommunalen Krankenhäuser Rechnung zu tragen. Im Interesse der Ärztinnen und Ärzte wurden deutliche Verbesserungen bei den Entgelten und in den Fragen des Arbeitsschutzes vereinbart. Beim finanziellen Gesamtvolumen liegen wir unter dem Abschluss der Länder mit dem Marburger Bund. Wir fürchten jedoch, dass auch dieses Ergebnis die Schmerzgrenze vieler kommunaler Kliniken überschreitet und deren Existenznöte steigern wird." Nach den rücksichtslosen wochenlangen Streiks des Marburger Bundes sei dies jedoch der Preis für die Wiederherstellung und Sicherung der flächendeckenden Gesundheitsversorgung, betonte Foit.

Ausdrücklich bekräftigte die VKA aber ihr Ziel, an den kommunalen Kliniken weiterhin nur mit einem einheitlichen materiellen Tarifrecht zu arbeiten. Deshalb sei man bestrebt, die Vereinbarungen mit dem Marburger Bund auch in den mit ver.di und dbb tarifunion abgeschlossenen krankenhausspezifischen Tarifvertrag einvernehmlich zu integrieren. "Wir wollen Verhältnisse vermeiden, in denen sich verschiedene Gewerkschaften an den Kliniken mit den Streiks abwechseln und so für dauerhafte Einschränkungen bei der Versorgung der Patienten sorgen", erklärte der Verhandlungsführer der VKA.

Außerdem richtet Foit einen dringenden Appell an die politisch Verantwortlichen: "Dieser Abschluss bedeutet für die kommunalen Krankenhäuser enorme Mehrkosten, die für manche Klinik kaum zu schultern sein wird. Vor diesem Hintergrund fordere ich die Bundesregierung auf, die in der Gesundheitsreform geplanten Kürzungen für die Krankenhäuser zurückzunehmen. Die Arbeitgeber haben ihre Hausaufgaben gemacht, nun ist die Politik am Zug. Eine klinische Versorgung der Bevölkerung wie in Deutschland kann nur mit einer entsprechenden finanziellen Ausstattung aufrechterhalten werden. Jeder Euro an Mehrausgaben aus diesem Tarifvertrag wird in den Kliniken unweigerlich durch Rationalisierungen wieder eingespart werden müssen. Dies bedeutet einen spürbaren Abbau der medizinischen und pflegerischen Qualität, wie wir sie in Deutschland kennen."

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