

Oben: Volker Kauder, CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender (Foto: dpa) Darunter: Infografik zum Modell des Gesundheitsfonds (dpa)
Kauders Modell des Gesundheitsfonds bleibt weiter umstritten
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet: Überlegungen in der großen Koalition, einen Milliardenfonds für Gesundheit einzurichten, stoßen auf Bedenken auch in der Union. Zudem kritisierte die Wirtschaft das Modell, das der Vorsitzende der Unionsfraktion, Volker Kauder, vorgeschlagen hatte.
„Die Vorstellung, man könne über mehr Steuergeld in den sozialen Sicherungssystemen zu einer Besserung kommen, ist nicht richtig“, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) der Zeitung „Welt am Sonntag“. Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) mahnte, eine weitere Steuererhöhung außer der bereits vereinbarten Anhebung der Mehrwertsteuer passe nicht in die politische Landschaft.
„Arbeitgeber sollen sich weiter beteiligen“
Kauder hatte einen Gesundheitsfonds vorgeschlagen. In ihn könnten die einkommensabhängigen Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber fließen, aber auch zusätzliche Mittel aus einer festen Gesundheitsprämie oder aus dem Bundeshaushalt. Die Gesundheitspolitiker denken in diesem Zusammenhang an eine Erhöhung der Einkommensteuer um 3 Prozentpunkte oder an einen Gesundheitssolidaritätszuschlag von 8 Prozent auf die Einkommensteuerschuld. Ob dieser neben dem bestehenden Solidaritätszuschlag zulässig ist, gilt als zweifelhaft. Juristen im Bundesfinanzministerium sollen Bedenken geäußert haben.
Die Union will die geltenden Beitragssätze festschreiben, um steigenden Lohnzusatzkosten vorzubeugen. Höhere Kosten im Gesundheitssystem müßten die Versicherten oder Steuerzahler tragen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wandte sich dagegen, den Arbeitgeberbeitrag zur Krankenversicherung einzufrieren. Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer sagte der Zeitung „Bild am Sonntag“, er rate der Bundesregierung dringend, die Arbeitgeber weiterhin solidarisch an den Gesundheitskosten zu beteiligen. „Dem würde das Einfrieren des Arbeitgeberbeitrages genauso widersprechen wie die Einführung einer Kopfpauschale durch die Hintertür.“
„Mehr Bürokratie, weniger Wettbewerb“
Seine Stellvertreterin, Ursula Engelen-Kefer, forderte den designierten SPD-Vorsitzenden Kurt Beck auf, das Nein der Sozialdemokraten zu einer Deckelung des Arbeitgeberbeitrages nicht aufzuweichen. Beck schließt ein Einfrieren des Arbeitgeberbeitrages nicht aus. Wenn Einkünfte aus Mieten und Zinsen in die Finanzierung des Gesundheitssystems einbezogen werden, will er mit sich darüber reden lassen.
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Ludwig Georg Braun, kritisierte die Überlegungen der Koalition. Der Vorschlag berge die Gefahr höherer Steuern und Abgaben, von mehr Bürokratie und von weniger Wettbewerb.
Kindersteuer für die Krankenversicherung
Der Fraktionsvorsitzende der Union hatte die Katze aus dem Sack der Gesundheitspolitiker gelassen. Und es ist zu befürchten, daß Kauders Modell des Gesundheitsfonds für eine Finanzreform der gesetzlichen Krankenversicherung ernst gemeint ist. Nicht ohne Grund hat die Gesundheitsministerin als erste Beifall gespendet.
Schmidt tut sich nicht schwer, weil sich Union und SPD dort geeinigt haben, wo es einer großen Koalition am leichtesten fällt: Sie schieben die Gesundheitskosten vom Beitrags- auf den Steuerzahler und sammeln dabei unauffällig noch ein paar Milliarden zusätzlich ein - alles selbstverständlich nur im Namen der Kinder.
Dreh- und Angelpunkt des Konzepts ist die Verlagerung der Kinderkrankenkosten von den Versicherten auf die Steuerzahler. Für dieses Manöver steht der politische Wind günstig, denn es klingt, als werde Familien etwas Gutes getan. Wer wollte sich dem im kinderarmen Deutschland in den Weg stellen? Was aber haben die Familien wirklich davon? Vermutlich nichts.
Kein Einfluß auf das Ausgabenwachstum
Die Erfahrung mit solcher Umfinanzierung sozialer Leistungen zeigt, daß die Beitragssätze dadurch nur vorübergehend sinken, während die Steuerlast dauerhaft steigt. Auf das Ausgabenwachstum hat die Umschichtung keinen Einfluß. Die Koalition will diesen Mechanismus außer Kraft setzen, indem sie die Beitragssätze einfriert. Offen bleibt, wer dann die künftigen Kostensteigerungen trägt. Für die Beschäftigung darf man durch die Schiebereien nicht viel erhoffen. Den geringeren Lohnnebenkosten steht die kräftige Anhebung der Einkommensteuer gegenüber, die mittelständische Unternehmen ins Mark trifft und die Stellen vieler Familienväter und -mütter gefährdet. Die wachstumsfeindlich hohe Abgabenlast steigt mit dieser "Reform" noch weiter an.
Nun gibt Kauder vor, die Koalition werde über stärkeren Wettbewerb auch die Ausgaben begrenzen. Wie sie das erreichen will, erschließt sich aber nicht. Das undurchsichtige Finanzmodell bietet den Versicherten keinerlei Anreiz zum sparsameren Umgang mit den Ressourcen. Die Kassen wiederum sollen über einen Finanzierungsfonds mit Einheitsbeiträgen abgespeist und einander gleichgestellt werden. Dieses Konstrukt führt letztlich dahin, wohin niemand will: in die staatliche Rationierung von Gesundheitsleistungen. Angela Merkel sollte es beizeiten stoppen.