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Donnerstag, 10. Januar 2008

Kartellamt verhängt Bußgelder gegen Apotheker, Verbände und Hersteller

Von: Bundeskartellamt / Pressemitteilung

Das Bundeskartellamt hat Geldbußen gegen neun Landes- apothekerverbände (LAVe), den Bundesverband der Arznei- mittel-Hersteller e.V. (BAH) und fünf Pharma-Hersteller in Höhe von insgesamt 465.000 ¤ verhängt.

Seit Anfang 2004 unterliegen nicht rezeptpflichtige, aber apothekenpflichtige Arzneimittel (sog. OTC-Arzneimittel) nicht mehr der Preisbindung, sodass jeder Apotheker seine Preise frei bestimmen kann. Der Gesetzgeber beabsichtigte so, Preiswettbewerb für diese Arzneimittel in Gang zu setzen. Um den befürchteten Preiswettbewerb zu dämpfen, haben verschiedene Marktteilnehmer zu Mitteln gegriffen, die gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen.

(Siehe hierzu auch nachfolgenden Presseerklärungen in Sachen Hildesheimer Apotheken [1] sowie das noch anhän- gige Verfahren gegen Bayer Vital [2].)

Kartellamtspräsident Heitzer sagte: "Der Fall zeigt, dass der Gedanke des Wettbewerbs bei den Apothekern und Arznei- mittelherstellern sich noch nicht ausreichend durchgesetzt hat. Das Bundeskartellamt wird mit dieser Entscheidung dem Preiswettbewerb hier zum Wohle der Verbraucher auf die Sprünge helfen."

Ende 2003 organisierten neun LAVe und der BAH, in dem viele Hersteller nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel organisiert sind, Vortragsveranstaltungen in 24 deutschen Städten. Auf diesen Vortragsveranstaltungen, an denen mehrere tausend Apotheker teilnahmen, traten Redner der Apothekerverbände, von Beratungsunternehmen und von pharmazeutischen Herstellern auf, um den Apothekern nahe zu legen, vom Preiswett­bewerb Abstand zu nehmen, und sich statt dessen an die unverbindlichen Preisempfehlungen der Hersteller zu halten.

Die Beschlüsse der LAVe, entsprechende Vortragsveranstal- tungen in ihren Bundesländern durchzuführen, verstoßen nach Ansicht des Bundeskartellamtes gegen das Kartell- verbot. Der BAH und die beteiligten Industrieunternehmen haben sich an der Umsetzung der Beschlüsse der LAVe beteiligt. Da die Veranstaltungsreihe bereits einige Jahre zurückliegt und in eine Zeit fällt, in der Preiswettbewerb im Apothekenbereich erst ermöglicht wurde, hielt das Bundes- kartellamt geringe Bußgelder als Pflichtenmahnung für ausreichend. Das Bundeskartellamt geht davon aus, dass sich ähnliche Verstöße in Zukunft nicht wiederholen werden.

Gegen folgende Verbände und Unternehmen wurden Bußgelder verhängt:

Landesapothekerverband Baden-Württemberg e.V.
Bayerischer Apothekerverband e.V.
Apothekerverband Brandenburg e.V.
Apothekerverband Mecklenburg-Vorpommern e.V.
Niedersächsischer Landesapothekerverband e.V.
Apothekerverband Rheinland-Pfalz e.V.
Sächsischer Apothekerverband e.V.
Landesapothekerverband Sachsen-Anhalt e.V.
Apothekerverband Schleswig-Holstein e.V.
Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V.
Bayer Vital GmbH
Boehringer Ingelheim GmbH & Co. KG
McNeil Pharma GmbH & Co. OHG
Novartis Consumer Health GmbH
Procter & Gamble GmbH.

Die Bußgeldbescheide sind noch nicht rechtskräftig.

Lesen Sie auch die Pressemitteilung [1]:
Bundeskartellamt verhängt Geldbußen gegen Apotheker wegen Preisabsprachen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel

Das Bundeskartellamt hat Ende Dezember Geldbußen in Höhe von insgesamt 150.000 Euro gegen acht Hildesheimer Apotheker verhängt.

Seit Anfang 2004 unterliegen nicht rezeptpflichtige, aber apothekenpflichtige Arzneimittel (sog. OTC-Arzneimittel) nicht mehr der Preisbindung, sodass jeder Apotheker seine Preise frei bestimmen kann. Der Gesetzgeber beabsichtigte so, Preiswettbewerb für diese Arz­neimittel in Gang zu setzen. Um den befürchteten Preiswettbewerb zu dämpfen, haben verschiedene Marktteilnehmer zu Mitteln gegriffen, die gegen das Wettbewerbsrecht ver­stoßen (siehe hierzu auch die Presseerklärungen vom heutigen Tag in Sachen Landes­apothekerverbände[1] sowie zu den noch anhängigen Verfahren gegen Bayer Vital[2]).

Ende 2006/Anfang 2007 hatten rd. 50 Apotheken aus dem Raum Hildesheim mit gemein­samen Preisen für ausgewählte, nicht rezeptpflichtige Arzneimittel geworben und damit gegen das Kartellverbot verstoßen.  Hintergrund war, dass eine sog. Discount-Apotheke beabsichtigte, in Hildesheim eine Filiale zu errichten. Einige Hildesheimer Apotheker befürchteten, in Zukunft ebenfalls Preiswettbewerb ausgesetzt zu sein. Um dieser Gefahr vorzubeugen, schlossen sie sich zu einer Werbegemeinschaft zusammen, die mit redu­zierten, abgesprochenen Preisen für einzelne Arzneimittel warb. Auf diese Weise sollte der Markteintritt der Discount-Apotheke erschwert oder unmöglich gemacht und eine Aus­weitung des Preiswettbewerbs zwischen den Hildesheimer Apotheken verhindert werden.

Den drei Apothekern, die die gemeinsame Werbeaktion initiiert hatten, wurden Bußgelder in Höhe von 25.000 Euro auferlegt. Fünf weitere Apotheker, die ebenfalls aktiv beteiligt waren, erhielten Bußgelder in Höhe von je 15.000 Euro. Verfahren gegen die weiteren beteiligte Apotheker wurden wegen deren geringen Tatbeitrags eingestellt.

Die Wettbewerbsbeschränkung hatte Auswirkungen lediglich in Niedersachsen; die Niedersächsische Landeskartellbehörde hatte das Verfahren an das Bundeskartellamt verwiesen.

Die Bußgeldbescheide sind noch nicht rechtskräftig.

Lesen Sie auch die Pressemitteilung [2]:
Kartellamt durchsucht Standorte der Bayer Vital GmbH

Das Bundeskartellamt hat am 11. Oktober 2007 zwei Standorte der Bayer Vital GmbH in Leverkusen und Köln durchsucht. Das Unternehmen ist innerhalb des Bayer-Konzerns für den Vertrieb nicht verschreibungspflichtiger, aber apothekenpflichtiger Arzneimittel (sog. OTC-Arzneimittel) zuständig. Für OTC-Arzneimittel bestehen seit 2004 keine Preisbindungen mehr und sie werden auch nicht mehr von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet.

Grund für die Durchsuchung ist der Verdacht, dass Bayer Vital in wettbewerbswidriger Weise Einfluss auf die Wiederverkaufspreise seiner Produkte in Apotheken genommen hat.

Bayer Vital hat mit zahlreichen Apotheken für Produkte, die direkt und über den Großhandel geliefert werden, sog. Zielvereinbarungen abgeschlossen. Neben den üblichen, kartellrechtsneutralen Konditionen wie Mengenrabatten oder Rabatten für die Erreichung bestimmter Umsatzziele, besteht der Verdacht, dass Bayer Vital auch einen zusätzlichen Rabatt von bis zu 3% für den Fall gewährt haben soll, dass sich die Apotheken im Wesentlichen an die unverbindliche Preisempfehlung von Bayer halten und von hohen und dauerhaften Preissenkungen für die betroffenen Bayer-Produkte absehen. Eine solche, Einflussnahme auf den Verkaufspreis des Händlers (hier: der Apotheke) durch den Hersteller ist nach nationalem und europäischem Wettbewerbsrecht verboten und kann mit Bußgeldern geahndet werden.

Nach der Veröffentlichung in der Wochenzeitschrift ‚Stern’ haben sich Vertreter von Bayer beim Bundeskartellamt gemeldet und ihre Kooperationsbereitschaft erklärt. Vor diesem Hintergrund dient die Durchsuchung nur noch der Sicherstellung der relevanten Dokumente. Das Bundeskartellamt geht davon aus, dass die Unterlagen freiwillig herausgegeben werden.

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