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Donnerstag, 13. Oktober 2016

Kabinett beschließt Gesetzentwurf zur Stärkung der Arzneimittelversorgung

Von: Bundesministerium für Gesundheit / Pressemitteilung

Das Bundeskabinett hat am 12. Oktober 2016 den Entwurf eines „Gesetzes zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV“ (GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz – AMVSG) beschlossen.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe erklärt dazu: „Die Patientinnen und Patienten sollen sich darauf verlassen können, dass sie auch in Zukunft mit hochwertigen und innovativen Arzneimitteln versorgt werden. Zugleich müssen wir die langfristige Finanzierbarkeit unseres Gesundheitswesens im Blick haben. Um unsere gute Arzneimittelversorgung zu sichern und weiterzuentwickeln, haben wir ein ausgewogenes Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. Mit der Einführung einer Umsatzschwelle sorgen wir dafür, dass die Patienten weiterhin möglichst schnell mit neuen Arzneimitteln versorgt werden, die Ausgaben für besonders hochpreisige neue Arzneimittel aber begrenzt sind. Wir stärken die flächendeckende Arzneimittelversorgung durch Apotheken sowie die Qualität und Sicherheit bei der Versorgung mit Arzneimitteln zur Krebsbehandlung. Leitschnur für den Gesetzentwurf ist der Nutzen für die Patientinnen und Patienten.“

Die Entwicklung innovativer Arzneimittel und neuer Wirkstoffe trägt wesentlich zu einer besseren Gesundheitsversorgung in Deutschland bei. Damit der Standort Deutschland für Forschung und Produktion für die pharmazeutische Industrie weiterhin stark bleibt, haben das Bundesministerium für Gesundheit, das Bundesministerium für Bildung und Forschung und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit Vertretern der pharmazeutischen Verbände, der Wissenschaft und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie im Zeitraum von 2014 bis 2016 einen Dialog geführt.

Der heute vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf greift zum einen wichtige Anregungen aus diesem „Pharmadialog“ auf und beinhaltet zum anderen weitere Maßnahmen zur Stärkung und Erhaltung des hochwertigen Versorgungsniveaus mit Arzneimitteln in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Gleichzeitig tragen die Maßnahmen zur finanziellen Stabilität der Gesetzlichen Krankenversicherung bei.

Zur Weiterentwicklung des mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) im Jahr 2011 eingeführten und inzwischen bewährten Verfahrens zur Nutzenbewertung und Preisbildung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen enthält der Gesetzentwurf folgende Regelungen:

  • Die Besonderheiten von Kinderarzneimitteln sollen bei der Nutzenbewertung noch besser berücksichtigt werden können. Bei Antibiotika wird die Resistenzsituation bei der Nutzenbewertung (und bei der Festbetragsgruppenbildung) künftig einbezogen.
  • Die freie Preisbildung für ein Arzneimittel im ersten Jahr nach Markteinführung gilt künftig nur bis zum Erreichen eines Schwellenwerts in Höhe von 250 Mio. Euro.
  • Ärztinnen und Ärzte sollen künftig über ihre Praxissoftware besser über die Ergebnisse der Nutzenbewertung informiert werden.
  • Auf eine öffentliche Listung der vereinbarten Erstattungsbeträge für Arzneimittel wird verzichtet. Mit einer Verordnung wird diese Regelung ausgestaltet, die den Pharmastandort Deutschland stärkt und Spielraum für die Preisvereinbarung schafft.
  • In begründeten Einzelfällen – wenn es für den Patienten eine wichtige Therapieoption bedeuten kann – wird es möglich sein, bei der Vereinbarung von Erstattungsbeträgen bei nicht belegtem Zusatznutzen von der Vorgabe abzuweichen, dass der Erstattungsbetrag nicht zu höheren Jahrestherapiekosten führen darf als die wirtschaftlichste Vergleichstherapie.
  • Die Wartefrist für eine erneute Bewertung des Zusatznutzens auf Grund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse wird verkürzt.

Darüber hinaus enthält das Gesetz weitere Maßnahmen

  • Das geltende Preismoratorium für Arzneimittel ohne Preisregulierung wird bis zum Ende des Jahres 2022 verlängert. Ab 2018 wird eine Preisanpassung entsprechend der Inflationsrate eingeführt.
  • Zur Sicherstellung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung durch Apotheken wird die Vergütung bei Standard-Rezepturarzneimitteln und Betäubungsmitteln erhöht.
  • Um die Qualität und Sicherheit in der Versorgung mit Arzneimitteln zur Krebsbehandlung (Zytostatika) sicherzustellen und zugleich Wirtschaftlichkeitsreserven zu erschließen, werden Rabattverträge zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Herstellern ermöglicht und die Verhandlungsmöglichkeiten der Selbstverwaltung über die Vergütung der Apotheker erweitert (Hilfstaxe). Die bisherige Ausschreibungsmöglichkeit der Krankenkassen mit Apotheken über Zytostatika entfällt.
  • Um den zielgenauen Einsatz von Antibiotika zu fördern, werden die Regelungen zur Erstattung von diagnostischen Verfahren verbessert.
  • Das Arzneimittelgesetz wird an europarechtliche Vorgaben bezüglich der Anerkennung der Tätigkeit als sachkundige Person in pharmazeutischen Betrieben mit Herstellungserlaubnis angepasst.
  • Um die Akutversorgung der Patientinnen und Patienten zu verbessern, werden Vorratsbestellungen von Importarzneimitteln durch Krankenhausapotheken begrenzt ermöglicht.
  • Um Lieferengpässe bei der Arzneimittelversorgung zu vermeiden, erhalten die zuständigen Bundesoberbehörden durch Änderungen des Arzneimittelgesetzes die Möglichkeit, von den Herstellern Informationen zu Absatzmenge und Verschreibungsvolumen des betroffenen Arzneimittels zu fordern.

Die Regelungen sollen 2017 in Kraft treten. Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.

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