(Foto: Kiefer) Die Studie "Gesund- heitsversorgung 2050 – Prognose für Deutschland und Schleswig- Holstein –" von Prof. Beske ist als Band 108 in der Schriftenreihe des Fritz Beske Instituts für Gesund- heits-System-Forschung Kiel er- schienen und kann gegen eine Schutzgebühr von 10  zzgl. Ver- sandkosten bestellt werden bei: IGSF Kiel, Weimarer Straße 8, 24106 Kiel, Tel. 0431 – 800 60-0, Fax 0431 – 800 60-11, E-Mail: info@igsf-stiftung.de.

Donnerstag, 18. Oktober 2007

IGES-Studie: "Gesundheitsversorgung 2050"

Von: Fritz Beske Institut für Gesundheits-System-Forschung / Pressemitteilung

Ergebnis einer Hochrechnung über die Gesundheits- und Pflegeversorgung bis 2050: Die unaufhaltsame Veränderung der Altersstruktur in Deutschland wird besonders die künf- tigen Generationen finanziell und personell stark belasten.

Gesundheitsversorgung der Zukunft jetzt gestalten

"Jeder Versuch, die Gesundheitsversorgung im Jahr 2050 erfassen zu wollen, ist zum Scheitern verurteilt. Dies kann nicht gelingen. Andererseits stellt sich die Frage, wie wir uns auf eine Zukunft einstellen wollen, die wir nicht kennen und die wir in ihren Auswirkungen bestenfalls erahnen. Wir haben also die Wahl, uns entweder mit allgemeinen Formu- lierungen wie Bedeutung der demografischen Entwicklung und des medizinischen Fortschritts zu begnügen und im Wesentlichen die Zukunft sich selbst zu überlassen, oder den Versuch zu unternehmen, diese Zukunft so weit wie möglich zu erfassen und dann selbst zu gestalten und damit steuernd auf die Entwicklung einzuwirken. Hierzu gehört auch, eine vorhergesagte Zukunft ständig zu beobachten und die Zukunftsgestaltung kontinuierlich an sich verändernde Verhältnisse anzupassen. Die Zukunft wird damit zu einer dauerhaften Gestaltungsaufgabe. Tun wir dies nicht, kann Wirklichkeit werden, was die 3-teilige Dokufiction des ZDF „2030 – Aufstand der Alten“ von Ende Januar 2007 über die Auswirkungen der Alterung in Deutschland mit düsteren Visionen zum Schicksal alter Menschen beinhaltet hat.", so Prof. Dr. med. Fritz Beske bei Vorstellung der neuesten Arbeit des IGSF mit dem Titel "Gesundheitsversorgung 2050".

Die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit sind:

  1. Bezogen auf das Jahr 2000 wird bis zum Jahr 2050 die Bevölkerung in Deutschland von 82,3 auf 68,8 Millionen abnehmen. Gleichzeitig nimmt derAnteil der über 65-Jährigen relativ und absolut zu. Damit kommt es voraussichtlich zu einer Zunahme von altersabhängigen Krankheiten wie Erkrankungen des Kreislaufsystems, bei denen sich die stationären Behandlungsfälle bis zum Jahr 2050 um 67,3 Prozent erhöhen und damit von 3,2 Millionen im Jahr 2000 auf 5,4 Millionen im Jahr 2050. Die Zahl der an Diabetes mellitus erkrankten Personen nimmt um 29,4 Prozent von 3,8 auf 5 Millionen zu.
  2. Die Krankheitskosten pro Einwohner steigen um 47 Prozent von 2.658 auf 3.895 Euro. Die Zahl Pflegebedürftiger erhöht sich um 118 Prozent von 2 Millionen auf 4,4 Millionen. Hierbei hat die Zahl der  Demenzerkrankungen eine besondere Bedeutung. Absolut nimmt die Zahl von Demenzkranken von 0,9 Millionen 2000 auf über 2 Millionen 2050 zu. Die Kosten steigen im gleichen Zeitraum von 6,2 Milliarden auf knapp 15 Milliarden Euro.
  3. Der Bedarf an Pflegepersonal und Pflegeheimplätzen steigt um 150 Prozent.
  4. Die Leistungsausgaben für die Pflegeversicherung erhöhen sich um rund 134 Prozent von 16,4 auf 38,3 Milliarden Euro.
  5. Von 2000 aus betrachtet müssen die dann im Jahr 2050 lebenden erwerbsfähigen Personen im Alter von 20 bis 64 Jahren im statistischen Mittel für die Krankenversorgung ca. 77 Prozent mehr und für die Pflegeversorgung ca. 240 Prozent mehr bezahlen, d. h. jeder Erwerbsfähige muss dann 7.539 Euro für die Krankenversorgung und 1.078 Euro für die Pflegeversorgung aufbringen, 2000 waren es 4.256 bzw. 320 Euro.

Demografische Entwicklung

Die beiden alles beeinflussenden Faktoren sind Altersaufbau und Bevölkerungszahl.

65 Jahre und älter
Für den Altersaufbau einer Bevölkerung hat der Anteil älterer Jahrgänge eine besondere Bedeutung. Der prozentuale Anteil dieser Altersgruppen an der Gesamtbevölkerung sagt aus, wie die Belastung innerhalb der Bevölkerung verteilt ist. Absolute Zahlen geben einen Eindruck von der zukünftig vorzuhaltenden Infrastruktur.

Während 2000 erst 13,7 Millionen in der Altersgruppe 65 Jahre und älter waren, werden es 2050 rund 22,9 Millionen sein, eine Steigerung um rund 67 Prozent.

Noch eindrucksvoller ist die Zunahme der Altersgruppe 80 Jahre und älter, als Hochbetagte bezeichnet. Ihre Zahl steigt relativ von 3,8 auf 15 Prozent, absolut von 3,1 auf 10 Millionen.

20 Jahre und jünger
Die größte Abnahme weist die Altersgruppe 20 Jahre und jünger mit 40 Prozent von 2000 bis 2050 auf, absolut von 17,4 auf 10,4 Millionen. Personen im erwerbsfähigen Alter. Die Hauptlast einer Generation trägt die Altersgruppe im erwerbsfähigen Alter, die Altersgruppe 20 bis 64 Jahre. Es wird bewusst von der Gruppe der statistisch Erwerbsfähigen gesprochen, da nicht vorhersehbar ist, wie viele der Erwerbsfähigen auch erwerbstätig sein werden. Der Prozentsatz dieser Altersgruppe geht von 62,2 im Jahr 2000 auf 51,7 im Jahr 2050 zurück, absolut von 51,2 auf 35,5 Millionen.

Altenquotient
Ein Ausdruck für die Belastung der Altersgruppe im erwerbsfähigen Alter ist der Altenquotient, der angibt, wie viele Personen der Altersgruppe 65 Jahre und älter auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter kommen. 2000 waren es 27 Personen, 2050 werden es 64 sein. Wurde 2000 statistisch betrachtet eine Person ab 65 Jahre noch von 3,7 Personen im erwerbsfähigen Alter unterhalten, werden dies 2050 nur noch 1,6 Personen sein.

Die Verschiebung in der Besetzung dieser Altersgruppe hat direkten Einfluss auf die Finanzierung des Gesundheitswesens. Der Anteil derjenigen, von denen die Leistungen zu finanzieren und personell zu erbringen sind, nimmt ab, der Anteil derjenigen, der diese Leistungen nachfragt, nimmt zu.

Lebenserwartung
Die Lebenserwartung ist in den letzten hundert Jahren gestiegen. Sie steigt weiter. Um 1900 hatte ein neugeborener Junge eine Lebenserwartung von 40, ein neugeborenes Mädchen von 44,6 Jahren. Heute wird die Lebenserwartung mit zwei unterschiedlichen Methoden errechnet, der Periodensterbetafel und der Generationensterbetafel. Nach der Periodensterbetafel 2003/2005 hat ein neugeborener Junge eine Lebenserwartung von 76,2, ein neugeborenes Mädchen von 81,8 Jahren, nach der Generationensterbetafel eine höhere Lebenserwartung und zwar von 81,7 bzw. von 87,8 Jahren. Es wird erwartet, dass in der vorhersehbaren Zukunft die Lebenserwartung alle vier Jahre um ein Jahr steigt.

Bevölkerungszahl
Die demografische Entwicklung wird von einer Abnahme der Bevölkerungszahl begleitet, von 82,3 Millionen 2000 auf 68,8 Millionen 2050, ein Rückgang um 16,4 Prozent.

Ausblick
Die wesentlichen Gründe für diese Entwicklung sind die über lange Zeiträume im Durchschnitt niedrige Kinderzahl und die durch Verbesserung der Umweltbedingungen und der medizinischen Versorgung mit der Umsetzung des medizinischen Fortschritts verbundene sinkende Sterblichkeit. Aber selbst wenn ab sofort die Geburtenrate auf 2,1 Kinder pro Frau im gebärfähigen Alter, die zur Bestandserhaltung der Bevölkerung notwendige Kinderzahl, steigen würde, könnte dies nur geringfügige Auswirkungen auf den demografischen Trend bis 2050 haben. Auch Zuwanderungszahlen von 300.000 pro Jahr statt 96.000 im Jahr 2005 lösen das Problem der Alterung der Bevölkerung langfristig nicht.

Bedeutung ausgewählter Krankheiten

Die Vorausberechnung der Gesamtmorbidität, der Häufigkeit des Zustandes  "krank" in einer Gesellschaft, ist praktisch nicht möglich. Für einzelne  Krankheiten lassen sich jedoch Vorhersagen machen, mit denen Auswirkungen der Alterung deutlich werden.

Krankheitskosten
Bekannt sind die Krankheitskosten insgesamt. Sie steigen trotz abnehmender Bevölkerungszahl von 218 Milliarden Euro 2000 auf 268 Milliarden Euro 2050. Bezogen auf alle Einwohner in Deutschland ist dies eine Steigerung um 47 Prozent, für Personen im erwerbsfähigen Alter um 77 Prozent.

Demenz
Demenz ist eine mit dem Alter zunehmende Krankheit, die für die Betroffenen, deren Angehörige und für die Gesellschaft insgesamt zu den belastendsten Krankheiten zählt. Bei unter 70-Jährigen ist die Demenz eher selten, um dann bis zum Alter von 90 Jahren auf über 30 Prozent mit häufiger Pflegebedürftigkeit zu steigen. Absolut nimmt die Zahl von Demenzkranken von 0,8 Millionen 2000 auf über 2 Millionen 2050 zu. Die Kosten steigen im gleichen Zeitraum von 6,2 Milliarden auf knapp 15 Milliarden Euro.

Herzinfarkt
Die Fallzahl steigt von 274.000 im Jahr 2000 auf 548.000 im Jahr 2050. Schlaganfall. Fast 85 Prozent aller Schlaganfälle treten jenseits des 60. Lebensjahres auf. Schlaganfall ist ein Hauptgrund für Pflegebedürftigkeit im Erwachsenenalter. Die Fallzahl steigt von 160.000 im Jahr 2000 auf 300.000 im Jahr 2050. Kosten von Kreislauferkrankungen. Herzinfarkt und Schlaganfall gehören zu den Krankheiten des Kreislaufsystems. Werden alle Krankheiten des Kreislaufsystems zusammengefasst, steigen die Kosten allein für die stationäre Behandlung dieser Krankheiten von 33,3 Milliarden Euro 2000 auf 52,2 Milliarden Euro 2050 und damit um rund 57 Prozent, im gleichen Zeitraum pro Einwohner von 406 auf 759 Euro und pro Einwohner im erwerbsfähigen Alter von 650 auf 1.469 Euro.

Schlaganfall
Fast 85 Prozent aller Schlaganfälle treten jenseits des 60. Lebensjahres auf. Schlaganfall ist ein Hauptgrund für Pflegebedürftigkeit im Erwachsenenalter. Die Fallzahl steigt von 160.000 im Jahr 2000 auf 300.000 im Jahr 2050. Kosten von Kreislauferkrankungen. Herzinfarkt und Schlaganfall gehören zu den Krankheiten des Kreislaufsystems. Werden alle Krankheiten des Kreislaufsystems zusammengefasst, steigen die Kosten allein für die stationäre Behandlung dieser Krankheiten von 33,3 Milliarden Euro 2000 auf 52,2 Milliarden Euro 2050 und damit um rund 57 Prozent, im gleichen Zeitraum pro Einwohner von 406 auf 759 Euro und pro Einwohner im erwerbsfähigen Alter von 650 auf 1.469 Euro.

Kreislauferkrankungen
Herzinfarkt und Schlaganfall gehören zu den Krankheiten des Kreislaufsystems. Werden alle Krankheiten des Kreislaufsystems zusammengefasst, steigen die Kosten allein für die stationäre Behandlung dieser Krankheiten von 33,3 Milliarden Euro 2000 auf 52,2 Milliarden Euro 2050 und damit um rund 57 Prozent, im gleichen Zeitraum pro Einwohner von 406 auf 759 Euro und pro Einwohner im erwerbsfähigen Alter von 650 auf 1.469 Euro.

Krebserkrankungen

stellen eine Gruppe von fast 100 Einzeldiagnosen dar. Krebs ist vorzugsweise eine Erkrankung des höheren Lebensalters. Die Fallzahl steigt von 2000 bis 2050 um knapp 50 Prozent von 400.000 auf 600.000 Neuerkrankungen jährlich. 2000 gab es rund 2,5 Millionen Krebskranke, 2050 werden es etwa 4,8 Millionen sein, und dies immer bei abnehmender Bevölkerungszahl. Die Kosten für die Behandlung von Krebs steigen im gleichen Zeitraum von 14 auf 19 Milliarden Euro. Dabei muss explizit darauf hingewiesen werden, dass in den Kosten keine Kostensteigerungen aufgrund neuer und in der Regel kostenintensiver Arzneimittel enthalten sind.

Diabetes mellitus
Während Diabetes Typ 1, die seltenere Form des Diabetes, eher in jüngeren Jahren auftritt, ist Typ 2, die häufigere Form, mehr eine Erkrankung des höheren Lebensalters (Altersdiabetes). 2000 waren etwa 3,8 Millionen an Diabetes erkrankt, 2050 werden es etwa 5 Millionen sein. Die Behandlungskosten steigen im gleichen Zeitraum von 4,8 auf 6,3 Milliarden Euro.

Ambulant erworbene Pneumonie
Diese Krankheit tritt gehäuft im höheren Lebensalter auf und gehört zu den 10 häufigsten Todesursachen in Deutschland. Die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen steigt von 1 Millionen 2000 auf 2,9 Millionen 2050.

Angaben zu Ausgaben können nur für die Gesamtausgaben für Atemwegserkrankungen gemacht werden, mit 11,4 Milliarden Euro 2000 und 11,7 Milliarden Euro 2050 ein moderater Anstieg. Der Anstieg für ambulant erworbene Pneumonie wird anscheinend durch den Rückgang von Atemwegserkrankungen in jüngeren Jahren zum Teil kompensiert.

Ausblick
Es muss noch einmal betont werden, dass bei den Kosten der medizinische Fortschritt unberücksichtigt bleiben muss. Diese Kosten mit Kostensteigerungen auf der einen und Kosteneinsparungen auf der anderen Seite einzubeziehen wäre rein spekulativ. In der Regel jedoch kostet der medizinische Fortschritt mehr als er spart. Gleiches trifft für die vollständige Heilung von Krankheiten oder die Vermeidung von frühen Todesfällen oder von Pflegebedürftigkeit zu. Gegenzurechnen wären neu entstehende Krankheiten. In keinem Fall jedoch dürfte eine Kostenreduktion zu erwarten sein.

Entwicklung der Pflegeversorgung

Pflegebedürftig ist im Sinne dieser Arbeit, wer Leistungen nach Sozialgesetzbuch XI und damit aus der Pflegeversicherung erhält. Pflegebedürftigkeit tritt überwiegend im hohen Alter auf. Nur etwa 0,6 Prozent der unter 65-Jährigen sind pflegebedürftig. Bei den 75- bis 90-Jährigen sind es etwa 18, bei den über 90-Jährigen fast 60 Prozent. An dieser Stelle sollen nur die wichtigsten Angaben gebracht werden.

Zahl der Pflegebedürftigen
Die Zahl der Pflegebedürftigen wird sich von 2000 bis 2050 von etwa 2 Millionen auf rund 4,4 Millionen mehr als verdoppeln. Pflegebedürftigkeit nach Versorgungsart. Angaben sollen hier ausschließlich zu stationär versorgten Pflegebedürftigen gemacht werden, also zu Pflegeheimbewohnern. Ihre Zahl steigt von 625.000 im Jahr 2000 auf 1,6 Millionen im Jahr 2050, ein Zuwachs um rund 150 Prozent. Analog steigt der Bedarf an Pflegeheimplätzen, wobei dieser Bedarf höher anzusetzen ist, da Pflegeheime in der Regel nicht zu 100 Prozent belegt sind.

Pflegepersonal
Angegeben wird der Bedarf in Vollzeitäquivalenten. Ihre Zahl wird sich von 509.000 im Jahr 2000 auf rund 1,3 Millionen im Jahr 2050 und damit um fast 150 Prozent erhöhen.

Leistungsausgaben
Die Leistungsausgaben der Pflegeversicherung werden sich von rund 16 Milliarden Euro 2000 auf rund 38 Milliarden Euro 2050 und damit um 134 Prozent erhöhen, und zwar ohne Ausgaben z. B. für Pflegehilfsmittel und Maßnahmen der Wohnumfeldversorgung sowie ohne eine zu erwartende zunehmende Professionalisierung von Pflegeleistungen, was zu höheren Kosten führt. Eine Person im erwerbsfähigen Alter wird 2050 fast 240 Prozent mehr für die Pflege ausgeben müssen als 2000.

Versorgung mit Ärzten
Die Zahl der berufstätigen Ärzte wird sich in Deutschland aller Voraussicht nach in den nächsten Jahren nicht nach unten entwickeln, doch ist insbesondere bei den Hausärzten eine Überalterung festzustellen. Die Abgänge der nächsten Jahre können bei Fortschreibung der Neuzugänge kompensiert werden. Diese Aussage darf allerdings nicht als ausreichende Versorgung bewertet werden. Die Struktur der ärztlichen Versorgung erkrankt schleichend. Unterversorgung wird seit längerem in einigen östlichen Bundesländern ernsthaft diskutiert. In einigen Regionen sorgen sich selbst Krankenhäuser um ärztlichen Nachwuchs. Die hausärztliche Versorgung in ländlichen Räumen wird teilweise auch in westlichen Bundesländern als kritisch angesehen. Auch muss die Arztzahlentwicklung fachgruppenspezifisch betrachtet werden.

Die demografische Entwicklung tut ihr Übriges. Mit zunehmender Alterung der Bevölkerung steigt die Morbidität. Immer mehr Patienten sind wegen chronischer und systemischer Krankheiten zu behandeln, und dies zunehmend in der ambulanten ärztlichen Versorgung. Die Bevölkerung benötigt für die Zukunft eine solide ambulante ärztliche Versorgung. Eine Garantie dafür kann es auch mit den heute noch positiven Zahlen nicht geben.

Folgende Faktoren werden die künftige Arztzahlentwicklung beeinflussen:

  • Konkurrierende Arbeitsmärkte innerhalb und außerhalb Deutschlands.
  • Vergütungs- und Honorarreformen im vertragsärztlichen Bereich sowie Einkommenssituation und Arbeitsbedingungen im Krankenhaus.
  • Mit der erweiterten Öffnung des Krankenhauses für die ambulante Versorgung Zunahme der Konkurrenz der Versorgungsbereiche ambulant und stationär.
  • Form der Berufsausübung z. B. durch geteilte Zulassungen oder Angestelltentätigkeit mit Auswirkungen auf die Zahl der in der ambulanten Versorgung tätigen Ärzte.
  • Zunehmende Feminisierung des ärztlichen Berufs, wodurch mehr Ärztinnen aufgrund der Vereinbarkeit von Arbeit und Familie im Durchschnitt weniger Patienten behandeln.
  • Frage, ob eine vertragsärztliche Bedarfsplanung zukünftig noch benötigt wird. Eine gänzliche Aufhebung kann zu Verdrängungswettbewerb führen, so dass eine flächendeckende Sicherstellung nicht mehr gewährleistet ist.

Versorgung mit Zahnärzten
Bis 2020 kann unter Status-quo-Bedingungen bei Berücksichtigung eines latenten Versorgungsbedarfs mit einer Überversorgung gerechnet werden. Eine Unterversorgung kann mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

Versorgung mit Krankenhausbetten
Grundlage ist eine Trendberechnung mit einem Regressionsmodell für Krankenhausbetten in allgemeinen Krankenhäusern. Es ergibt sich eine Abnahme von 523.824 Betten im Basisjahr 2005 über 462.124 Betten 2020 auf 385.876 Betten 2050 und damit um insgesamt 137.948 Betten, 26,3 Prozent. Diese Entwicklung korreliert mit dem Rückgang der durchschnittlichen Verweildauer von 8,6 Tagen 2000 über 6,3 Tage 2020 auf 3,8 Tage 2050. Für Vergleiche ist die Bettenziffer besonders gut geeignet, die Zahl der Krankenhausbetten je 1.000 Einwohner. Die Bettenziffer reduziert sich von 6,4 im Jahr 2005 über 5,8 im Jahr 2020 auf 5,6 im Jahr 2050, wobei diese Zahl auch Ergebnis einer geringeren Bevölkerungszahl ist.

Im internationalen Vergleich zeigt sich eine ähnliche Entwicklung. Allein auf die Bettenziffer bezogen findet sich weltweit in vergleichbaren Ländern zwischen 1980 und 2004 mit nur einzelnen Ausnahmen ein Rückgang der Bettenziffer um Werte zwischen 0,9 und 8,5. Die niedrigste Bettenziffer weisen die USA mit 2,8, Kanada mit 3, Spanien mit 3,4, Norwegen und Portugal mit 3,7 und die Schweiz und Australien mit 3,8 auf, alles Bettenziffern, die niedriger liegen, als die für Deutschland für 2050 prognostizierte Bettenziffer von 5,6. Der Rückgang der Verweildauer folgt in allen Ländern dem Rückgang der Bettenziffer. Deutschland hatte 2004 mit 10,4 Tagen mit die höchste Verweildauer.

Ausblick
Die hier vorgelegte Trendrechnung lässt offen, welche Auswirkungen eine alternde Bevölkerung mit einer Zunahme schwerer Krankheiten und Multimorbidität auf den Bedarf an Krankenhausbetten hat und wie dieser Bedarf gedeckt werden kann. Offen bleibt auch die Sicherstellung einer wohnortnahen Krankenhausversorgung.

Entwicklung des Beitragssatzes der Gesetzlichen Krankenversicherung

Die Bevölkerungsentwicklung mit einem wachsenden Bedarf an medizinischen Leistungen und der medizinische Fortschritt können nicht ohne Auswirkungen auf den Beitragssatz der Gesetzlichen Krankenversicherung sein. Allein demografiebedingt würde der Beitragssatz von 14,2 Prozent 2005 auf 17,5 Prozent 2050 steigen. Generell wird den Auswirkungen des medizinischen Fortschritts eine größere Bedeutung als der demografischen Entwicklung beigemessen. Bei einer Steigerung der Ausgaben der GKV durch den medizinischen Fortschritt um 1 Prozent jährlich steigt der Beitragssatz bis 2050 auf 27, bei 2 Prozent auf 43 Prozent. Eindrucksvoll für die zu erwartende Entwicklung sind auch die Pro-Kopf-Ausgaben der GKV. Sie betragen beispielsweise 2005 im Alter von 10 Jahren 847 Euro, um dann bis auf 4.895 Euro im Alter von 90 Jahren zu steigen. Die Gesamtausgaben der GKV steigen von 143,8 Milliarden Euro 2005 über 156 Milliarden Euro 2020 auf 153,4 Milliarden Euro 2050. Dabei muss die abnehmende Bevölkerungszahl berücksichtigt werden. Die Jahrgänge im erwerbsfähigen Alter (20 bis 64 Jahre) nehmen in dieser Zeit von 51,2 Millionen auf 35,5 Millionen ab, bezogen auf die Gesamtbevölkerung von 62,2 auf 51,7 Prozent.

Ausblick
Auch andere Wissenschaftler prognostizieren durch die demografische Entwicklung und den medizinischen Fortschritt bedingte Beitragssatzsteigerungen der GKV, die mit Sicherheit über das hinausgehen, was von Gesellschaft und Politik akzeptiert werden wird. Dies unterstreicht den Handlungsbedarf. Eine ähnliche Problematik ergibt sich für die gesetzliche Pflegeversicherung. Außerdem müssen sich Gesellschaft und Politik darüber im Klaren werden, wie sie mit teuren medizinischen Innovationen umgehen wollen, z. B. mit im Ausland durch Stammzellenforschung entwickelte und gentechnisch produzierte Arzneimittel gegen Krebs.

Schlussbemerkung

Von Bedeutung sind weniger einzelne Daten als Größenordnungen und der Weg der hier aufgezeichneten Entwicklung bis 2050. Eines jedoch muss hervorgehoben werden. Unabhängig davon, wie die Entwicklung im Einzelnen verlaufen kann, die Verschiebung der Altersgruppen im Bevölkerungsaufbau hat Auswirkungen auf die Generationsbeziehungen. Die Generation der heute ca. 30-Jährigen, also der Generation, die nach 1975 geboren wurde, steht vor besonderen Belastungen. Einerseits haben sie die Lasten der geburtenstarken Jahrgänge 1955 bis 1970 zu tragen, wenn diese ein höheres Alter erreichen, andererseits kann die Finanzierung mit heutigen Ansprüchen im medizinischen und pflegerischen Bereich in Zukunft nur dann gesichert werden, wenn diese Generation selbst finanziell vorsorgt. Diese Generation hat demnach eine doppelte Belastung zu tragen, die Eigenvorsorge sowie die Versorgung geburtenstarker Jahrgänge und der älteren Bevölkerung insgesamt. Ein zweiter Gesichtspunkt der Generationenbeziehungen ist die Unterstützung, die eine Generation von der ihr nachfolgenden Generation erhalten kann, z. B. in der häuslichen Versorgung kranker und pflegebedürftiger Familienmitglieder. 2000 kamen auf 100 Personen zwischen 50 und 64 Jahre 19,9 Personen, die 80 Jahre und älter waren, als intergenerationeller Unterstützungskoeffizient bezeichnet. 2050 werden es 67 Personen sein. Die Familie gleich in welcher Form, ob ehelich oder nichtehelich, wird als Versorgungseinrichtung alter, kranker und pflegebedürftiger Personen an Bedeutung verlieren. Die Zahl der Paare mit geringerer Kinderzahl und die Zahl dauerhaft kinderloser Paare wird sich erhöhen.

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