GKV erwarten rund 1,2 Milliarden Euro Mehrausgaben
Der Bundestagsausschuss für Gesundheit gibt bekannt: Die gesetzlichen Krankenkassen rechnen infolge der Gesund- heitsreform mit Kostensteigerungen in Höhe von rund 1,2 Milliarden Euro. Die Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Angestelltenkrankenkassen (VdAK), Doris Pfeiffer, sagte zum Auftakt der Anhörungen zu dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen, zu den zusätzlichen Ausgaben trügen unter anderem die Einbeziehung der Palliativversorgung, der Schutzimpfungen und der Eltern-Kind-Kuren in das Regel- angebot der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bei.
Die Deutsche Hospizstiftung und die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) begrüßten ausdrücklich den geplanten rechtlichen Anspruch auf eine professionelle Sterbebegleitung in der Krankenversicherung. DGP-Präsident Professor Christof Müller-Busch betonte, dies sei auch "ein ganz wichtiger Schritt, den zunehmenden Forderungen nach aktiver Sterbehilfe etwas entgegen- zusetzen". Die Juristin bei der Deutschen Hospizstiftung, Christine Eberle, bekräftigte diese Aussage, forderte aber zugleich, die vorgesehene zusätzliche Genehmigungspflicht durch Krankenkassen zurückzunehmen. Palliativ versorgt werden könnten Patienten nach dem Entwurf nur dann, wenn dies erst der Arzt verordne und dann die Krankenkasse genehmige, so Eberle. Den sterbenskranken Patienten sei dieses Verfahren nicht zuzumuten.
Kontrovers beurteilten die Sachverständigen die von Union und SPD geplanten Leistungskürzungen bei Gesundheits- störungen, die durch Piercings, Tätowierungen und medizinisch nicht notwendige Schönheitsoperationen hervorgerufen werden. Während die Spitzenverbände der Krankenkassen dies im Grundsatz begrüßten, äußerte sich der Verein Demokratischer Ärztinnen und Ärzte (VDÄÄ) ablehnend. Der stellvertretende Vorsitzende des VDÄÄ, Gerhard Schwarzkopf-Steinhäuser, warnte, damit werde die Tür geöffnet für den Leistungsausschluss etwa bei Gesundheitsstörungen in Folge bestimmter Sportarten. Außerdem würden "Ärzte zu Richtern" gemacht, was eine empfindliche Störung des Arzt-Patienten-Verhältnisses bedeute.
Kritik gab es zum Auftakt der Anhörung auch an dem Vorhaben, das Versäumen von Vorsorgeuntersuchungen mit später höheren Zuzahlungen finanziell zu bestrafen. Der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Rainer Kötzle, sagte, es sei zwar zu begrüßen, dass die Koalition die Vorsorge stärken wolle. Besser geeignet als die vorgesehene Regelung sei aber, Anreize für Versicherte zu schaffen, Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen.
Dagegen erhielt die Koalition für den Plan, die Möglichkeit von Wahltarifen in der GKV auszuweiten, Unterstützung. Das Vorstandsmitglied der Techniker Krankenkasse, Christoph Straub, verwies auf erste Erfahrungen mit Selbstbehalt- tarifen, an denen sich 22.000 Versicherte beteiligt hätten. Der Tarif rechne sich, unterstrich Straub. Außerdem sei "keine Gefahr der Entsolidarisierung" zu erkennen. Der Gesundheitsausschuss wird sich nach Worten der Ausschussvorsitzenden Martina Bunge (Fraktion Die Linke) in einem "Anhörungsmarathon" von 26 Stunden mit dem Gesetzentwurf der Koalition befassen. Mitberaten werden zudem Anträge der Oppositionsfraktionen. Die insgemsamt sieben Anhörungen finden vom 6. bis 14. November statt.
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- www.bundestag.de