
Die Praxisgebühr ist eine Zuzahlung in Höhe von 10 ¤, die die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Deutschland seit 2004 bei Besuchen von Ärzten, Zahnärzten oder Psychotherapeuten sowie im kassenärztlichen Notdienst einmalig für das jeweilige Quartal entrichten müssen. Mit der Einführung wurde eine finanzielle Entlastung der gesetzlichen Kassen angestrebt. Zudem sollte die Zahl der "Selbstüberweisungen" zu einem Facharzt begrenzt und die Eigenverantwortung der Versicherten gestärkt werden. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr sprach sich aufgrund der hohen Überschüsse der gesetzlichen Krankenkassen gegen die Weiterführung der Praxisgebühr aus. Die Rücklagen in der gesetzlichen Krankenversicherung betragen derzeit rund 20 Milliarden Euro. (BMG) Foto: Margot Kessler / pixelio.de
Gesundheitsausschuss: Einstimmiges Votum für die Abschaffung der Praxisgebühr
Die Praxisgebühr soll abgeschafft werden. Folgt das Plenum dem am 7. November gefassten Beschluss des Gesundheitsausschusses, dann wird die Pflicht der gesetzlich versicherten Patienten, beim Arztbesuch 10 Euro pro Quartal zu entrichten, zum Jahresende aufgehoben. Dies sieht eine Reihe von Änderungsanträgen zum Assistenzpflegegesetz (17/10747) vor, die die Fraktionen der CDU/CSU und FDP dem Ausschuss kurzfristig vorgelegt hatten. Um den entsprechenden Beschluss, den der Koalitionsausschuss in der Nacht von Sonntag auf Montag gefasst hatte, möglichst rasch umzusetzen, soll quasi im Huckepackverfahren eine entsprechende Bestimmung an das Assistenzpflegegesetz angehängt werden.
Zum Thema "Praxisgebühr"
Die Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen wurden vom Ausschuss zwar einstimmig angenommen. In der Sache gab es aber zumindest bei einer Fraktion Vorbehalte. Die CDU/CSU-Fraktion wies darauf hin, dass die Abschaffung der Praxisgebühr Teil des Kompromisspakets sei, das die Koalition am Wochenende geschnürt habe. Die Union trage diesen Beschluss mit, weil er sich aufgrund der guten Finanzlage der Krankenkassen gegenfinanzieren lasse. "Die Union hat diese Maßnahme aber nicht favorisiert", argumentierten die Abgeordneten der CDU/CSU. Außerdem werde die Abschaffung der Praxisgebühr nicht alle Patienten entlasten. "Schwerkranke Patienten werden davon nicht profitieren, weil sie stattdessen andere Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze werden leisten müssten", gab die CDU/CSU-Fraktion zu bedenken.
Bei der Opposition traf die Maßnahme hingegen auf ungeteilte Zustimmung. "Was lange währt, wird endlich gut", hieß bei der SPD-Fraktion. Sie begrüße es, dass die Koalition sich endlich dazu durchgerungen habe, einer Forderung, die die Opposition seit längerem erhebe, nachzukommen. Für die Fraktion Die Linke ist die Abschaffung der Praxisgebühr "ein Lichtblick" in dem Koalitionskompromiss vom Wochenende, der ansonsten von "viel Schatten" gekennzeichnet sei. Demgegenüber bezeichnete die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Maßnahme als lediglich ersten Schritt auf dem Weg zu einem neuen Finanzierungsmodell für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV). "Wir wollen letztlich alle Formen von Zusatzbeiträgen abschaffen", betonten die Grünen.
Die FDP-Fraktion erläuterte, weshalb bei der Umsetzung des Koalitionsbeschlusses so große Eile geboten gewesen sei. Da die Abschaffung der Praxisgebühr nur im Zusammenhang mit einer Reihe von Folgeänderungen zu realisieren sei, habe man den Weg über Änderungsanträge zu einem bereits vorliegenden Gesetzentwurf gehen müssen. Das Ergebnis werde vor allem auch in den Arztpraxen auf einhellige Zustimmung stoßen. Die Fraktion der FDP ist davon überzeugt, dass "die Mitarbeiter über die Entlastung beim Verwaltungsaufwand sehr erfreut sein" werden.
Zum Thema "Assistenzpflegegesetz"
Beim Assistenzpflegegesetz waren die politischen Fronten zwischen Koalition und Opposition dann wieder geklärt. Die CDU/CSU-Fraktion pries die Vorteile der Neuregelung, aufgrund derer behinderte Pflegebedürftige ihre Pflegeassistenten künftig nicht nur ins Krankenhaus, sondern auch in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen mit aufnehmen können. Eine solche Ausweitung des Leistungsanspruchs ist auch nach Ansicht der FDP-Fraktion sachgerecht, weil sie das Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs aus dem Jahre 2009 "folgerichtig fortentwickelt". Für die SPD-Fraktion ist hingegen genau dies nicht der Fall, weil die Neuregelung die Pflegebedürftigen, die ihre Assistenten nicht nach dem Arbeitgebermodell beschäftigen, ausschließe. "Die Richtung der Regelung stimmt, ihre Reichweite ist aber zu gering", meinte die SPD. Auch die Fraktion der Grünen vertrat die Auffassung, dass "gleiche Bedarfslagen gleich behandelt werden sollten." Die Fraktion Die Linke verwies in diesem Zusammenhang auf ihren einschlägigen Antrag. Ihre Forderung, den Anspruch auf Mitnahme des Pflegeassistenten in Gesundheitseinrichtungen auf die gesamte Bedarfsgruppe auszuweiten, entspreche der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen.
Eine Mehrheit aus Koalition und der Linken stimmte im Ausschuss dem Assistenzpflegegesetz in seiner Gesamtheit zu. Hingegen wurden ein Antrag der Fraktion Die Linke zur Assistenzpflege (17/10784) ebenso wie alle sechs Anträge der drei Oppositionsfraktionen zum Thema Praxisgebühr (17/9189, 17/11192, 17/9031, 17/11141, 17/9408 und 17/11179) von der Koalitionsmehrheit abgelehnt. Alle Vorlagen sollen noch diese Woche im Bundestagsplenum abschließend beraten werden.
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