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Mittwoch, 03. November 2010

Gesundheitsausschuss: "Diskussion um Änderungen am Entwurf zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes"

Von: Deutscher Bundestag / Pressemitteilung

Der Gesundheitsausschuss hat sich am 27. Oktober mit weiteren Änderungsanträgen der Koalition zum Gesetzentwurf der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG, 17/2413) befasst. Dabei geht es unter anderem um die Frage, wann der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), also das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken, einen Verordnungsausschluss von Arzneimitteln bestimmen kann. Nach dem Willen von CDU/CSU- und FDP-Fraktion soll dies nur dann möglich sein, wenn die Unzweckmäßigkeit des Arzneimittels erwiesen ist, oder wenn es wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeiten gibt. Ein Ausschluss wegen fehlenden Nutzennachweises soll hingegen ausgeschlossen sein, weil bei Arzneimitteln die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bereits bei der arzneimittelrechtlichen Zulassung von den zuständigen Behörden geprüft worden seien. Ferner sehen die Pläne der Koalition vor, dass der G-BA den Zusatznutzen im Vergleich zu Therapiealternativen bewerten kann. Lasse sich nicht nachweisen, dass ein Arzneimittel einen Zusatznutzen hat, es jedoch höhere Kosten verursacht, könne der G-BA die Verordnungsfähigkeit dieses Medikaments einschränken oder ausschließen, hieß es.

Die Koalition will darüber hinaus dem G-BA im Einzelfall, etwa bei bestimmten Krebsmedikamenten, die Möglichkeit einräumen, "innerhalb einer angemessenen Frist" ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit dieses Arzneimittels vom pharmazeutischen Unternehmen zu verlangen. Werde die Forderung seitens der Industrie nicht erfüllt, habe der G-BA das Recht, das Arzneimittel von der Verordnungsfähigkeit auszuschließen. Die Union verwies darauf, dass damit Erkenntnisse aus der Anhörung aufgegriffen würden. Das Instrumentarium des G-BA werde geschärft.

Die SPD-Fraktion bezeichnete die Möglichkeit für den G-BA, ergänzende Studien verlangen zu können, in der Ausschusssitzung als Verbesserung im Vergleich zu den ursprünglichen Plänen. Zugleich wiesen die Sozialdemokraten darauf hin, dass es keine Verfahren gebe, um die Unzweckmäßigkeit eines Arzneimittels zu belegen. Ähnlich äußerte sich die Fraktion Die Linke. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen befürchtete, dass das Anfertigen zusätzlicher versorgungsrelevanter Studien so viel Zeit in Anspruch nehmen könne, dass der Patentschutz des betreffenden Medikaments vor Fertigstellung der Studie abgelaufen sei.

Ausführlich erörterte der Ausschuss zudem einen weiteren Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen, wonach pharmazeutische Unternehmen und Hersteller von Medizinprodukten künftig Vertragspartner einer integrierten Versorgung sein können. Die Grünen-Fraktion hinterfragte, ob mit diesem Vorhaben eine bessere Versorgungsqualität erreicht werden könne. Die SPD-Fraktion kritisierte, ein Patient, der sich in ein entsprechendes Angebot seiner Krankenkasse eingeschrieben habe, könne sich nicht sicher sein, weshalb ein Arzt ihm ein bestimmtes Medikament aufgeschrieben habe. Auch die Linksfraktion bemängelte, dass ein Patient dann auf die Nutzung bestimmter Medikamente und Medizinprodukte festgelegt werde. Die FDP-Fraktion erwiderte, dass es sich lediglich um die Eröffnung einer weiteren Möglichkeit handele. Im Übrigen sei die Teilnahme an der integrierten Versorgung freiwillig, ergänzte die Unions-Fraktion.

Ebenso verlangt die SPD-Fraktion einen Verzicht auf die Ausweitung der Kostenerstattung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). In einem Antrag (17/3427), der am Freitag in erster Lesung im Bundestag behandelt werden soll, schreiben die Abgeordneten, wer “genug Geld im Portemonnaie hat, um seine Arztrechnung per Vorkasse zahlen zu können, wird in Zukunft bevorzugt behandelt werden“. Schwarz-Gelb mache damit “weiter mit ihrer unverhohlenen Lobbypolitik“. Die niedergelassenen Fachärzte hätten sich schon lange die Kostenerstattung gewünscht. Ihnen solle die Chance geboten werden, den Patienten “direkt ins Portemonnaie zu greifen“, heißt es im den Antrag. Das Resultat werde eine “Drei-Klassen-Medizin“ sein, bei der Privatversicherte Patienten erster Klasse sein sollten, gefolgt von den gesetzlich Versicherten, die sich Vorkasse leisten könnten. Am Ende stünden dann “die normalen gesetzlich Krankenversicherten, die das geringste Honorar versprechen und deshalb z. B. mit längeren Wartezeiten rechnen müssen“.

Die SPD-Fraktion schreibt, Kostenerstattung mache den Arztbesuch für Patienten teurer, denn sie bezahlten per Vorkasse dasselbe Honorar wie Privatversicherte. Ihre gesetzliche Krankenkasse erstatte ihnen aber nur das geringere Kassenhonorar. Die Mehrkosten müssten von den Patienten aus eigener Tasche bezahlt werden.

Gesetzlich Versicherte haben schon jetzt die Möglichkeit, bei ihrer Krankenkasse einen Wahltarif zur Kostenerstattung abzuschließen. Dabei erhält der Patient nach der Behandlung eine Rechnung, die er zunächst aus eigener Tasche bezahlt und anschließend bei seiner Kasse einreicht. Die Fraktionen von CDU/CSU und FDP planen mit ihrem Gesetzentwurf zur Gesundheitsreform (17/3040), diesen Wahltarif attraktiver zu machen. So soll die Mindestbindungsfrist von einem Jahr auf drei Monate verkürzt werden. Zudem ist vorgesehen, die Abschläge für die Verwaltungskosten von zehn auf maximal fünf Prozent des Erstattungsbetrages zu begrenzen. Die Koalition erhofft sich davon mehr Kostenbewusstsein.

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