Die Apotheke zwischen Gesetzlicher Krankenkasse und Arzneimittelhersteller

Installation "Pharmacy" des britischen Künstlers und Turner-Prize-Trägers Damien Hirst in der Londoner Tate Modern Gallery.

Montag, 16. Januar 2006

Die Apotheke zwischen Gesetzlicher Krankenkasse und Arzneimittelhersteller

Von: Dr. jur. Nadja Kaeding, Dr. jur. Thomas Graefe, GRAEFE Rechtsanwaelte

Möglichkeiten zur Stärkung der Marktposition der Apotheken.

Seit Jahren greift der Gesetzgeber und damit der Staat in die Vertrags- und Kostenstrukturen des Gesundheitswesens ein. Sein Ziel ist es, einen Leistungswettbewerb unter allen an staatlicher Finanzierung beteiligten Teilnehmern zu schaffen, einen Preiswettbewerb aber nur zugunsten der gesetzlichen Krankenkassen nach unten zuzulassen. Zu diesem Zwecke werden Kosten und Verträge staatlich gelenkt, es entsteht ein durch Gesetzesregelung und Verträge abgesichertes oligopolorientiertes Konstrukt, das alle Kostenvorteile den gesetzlichen Krankenkassen zuwachsen lässt, alle Nachteile auf die übrigen Teilnehmer ablenkt.

In diesem Gestrüpp von Regelungen sind die Apotheken ein Teil und betrachten sich teilweise als Opfer und Randfigur eines Geschehens, das sie nicht beherrschen und kontrollieren können. Im Folgenden soll das Gestrüpp der Verträge und gesetzlichen Regelungen teilweise gelichtet werden und für die Apotheken Möglichkeiten aufgezeigt werden, die ihnen eine stärkere Position in diesem Netz staatlicher Steuerung ermöglichen.

1. Preisbestimmung durch den Staat

Um die Kosten für Arzneimittel für sich übersichtlich zu gestalten und selbst eine Liquiditätsplanung im staatlichen Haushalt vornehmen zu können, hat der Gesetzgeber über die Arzneimittelpreisverordnung geregelt, in welcher Höhe die Großhändler und Apotheken Gewinnspannen erzielen dürfen. Da dem Gesetzgeber aufgrund der eigenen gesetzgeberischen Kompetenz die Gewinne der Apotheken bekannt sind, hat er nicht darauf verzichtet, in § 130 a SGB V gleichzeitig eine Regelung zu treffen, in welcher Höhe die Apotheken verpflichtet sind, Rabatte gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) zu gewähren, abhängig davon, ob es sich um verschreibungspflichtige Produkte (RX) oder um nicht nichtverschreibungspflichtige (OTC-) Produkte handelt. Neben diesem Rabatt, den die GKVs von Gesetzes wegen von der Apotheke zu beanspruchen haben, regelt das Gesetz in § 130 a SGB V, dass auch der Pharmahersteller (Hersteller) auch Rabatte zu leisten hat. Diese Rabatte werden über die Apotheker einkassiert. Es sind also zunächst die Apotheken, die diese Rabatte zu leisten haben und die deren Liquidität belasten. Sie können diese Rabatte jedoch allein oder gemeinsam über einen Großhandel gegenüber dem pharmazeutischen Unternehmen realisieren.
2. Staatlich erwünschte Verträge

Diese Regelungen, die den gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen der Arzneimittelversorgung bereits einen erheblichen finanziellen Vorteil gewähren, lassen unberührt die Möglichkeit der gesetzlichen Krankenkassen, mit den Herstellern eigene Rabattverträge zu schließen. Auch dies lässt § 130 a SGB V zu. Solche Rabattverträge sind bereits geschlossen worden zwischen der AOK Berlin und dem Generikahersteller HEXAL sowie zwischen der IKK und dem Generikahersteller BetaphaRm. Die Rabattverträge beziehen sich auf solche Produkte, die verschreibungspflichtig oder verschreibungsgeeignet sind, die die GKVs also finanziell belasten. An diesen Verträgen sind die Apotheken und die Großhändler nicht beteiligt. Es handelt sich um eine unmittelbare Rabattgewährung der Hersteller gegenüber den GKVs und werden ausschließlich in diesem Verhältnis realisiert. Die Apotheke läßt die Vereinbarung unberührt.

Stellt sich die Frage, warum der Arzneimittelhersteller, der bereits von Gesetzes wegen verpflichtet ist, Rabatt zu gewähren, noch einmal gesondert neben dieser Rabattgewährung einen eigenen vertraglichen Rabatt einräumt. Die Beantwortung dieser Frage lässt sich ohne Weiteres der Pressemitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt über den Rabattvertrag mit der IKK und Betapharm entnehmen: Hier wurde nicht nur einen Rahmenvertrag über mehr als 130 Wirkstoffe in mehr als 800 verschiedenen Handelsformen von Produkten des Unternehmens Betapharm geschlossen. Vielmehr beinhaltet die Rahmenvereinbarung als Serviceleistung durch die Betapharm auch die Schulung von Arzthelfern im Umgang mit Handbüchern des Unternehmens Betapharm, Telefonhotlines zu der Betapharm sowie einer Internetsoftware der Betapharm (Pressemitteilung der KV Sachen Anhalt vom 07.07.2005, www.kvsa.de/hausarzt/rahmenbeta.htm.) Eine stärkere, streuverlustfreiere und gezieltere Marketingaktion – losgelöst von den strengen Maßgaben des Heilmittelwerbegesetzes -  kann ein Pharmaunternehmen über keine Apotheke oder Großhandel erreichen. Dies ist einen zusätzlichen Rabatt wert.

Die Realisierung dieser Rabattverträge wird dadurch gewährleistet, dass die gesetzlichen Krankenkassen den Ärzten und Apothekern mitteilen, dass ein solcher Rabattvertrag geschlossen ist. Da die Apotheker durch die vertraglichen Vereinbarungen der Spitzenverbände mit den GKVs verpflichtet sind, die günstigen Generikaprodukte abzugeben, wenn nur Wirkstoffe verschrieben sind oder ein wirkstoffidentisches Arzneimittel auf dem Rezept nicht ausgeschlossen ist, ist eindeutig, welche Arzneimittel der Arzt bzw. im Falle der Austauschpflicht durch den Apotheker dieser wählen wird, auch wenn die GKVs keine Produktempfehlungen in Form einer Werbeaussage geben dürfen.

Der Apotheker wird – nicht anders wie der Arzt - hier zu einem Instrument der Kostensteuerung. Seine Aufgabe begrenzt sich in der Realisierung jener Verträge, die die Spitzenorganisationen mit den GKVs geschlossen haben. Eine eigene Beratungsleistung kann in diesem Bereich nicht mehr stattfinden. Die Apotheke wird zum bloßen Umsetzer bereits vorgegebener anderweitiger vertraglicher Entscheidungen.

Über die wettbewerbsrechtlichen Auswirkungen dieser Rabattverträge wird kontrovers diskutiert. Insbesondere der Verband der Generikahersteller warnt davor, nur mit den makrtstarken Generikaherstellern solche Rabattverträge zu schließen, da auf diese Weise eine Kartellierung und Monopolbildung des Marktes stattfinden wird, die den Preiswettbewerb endgültig zum Erliegen bringt (Pressemitteilung des Deutschen Generikaverbandes vom 08.06. 2005, www.presseportal.de). Dies ist nicht Sinn, aber notwendige Folge dieser Rabattverträge, wenn die GKVs sich auf wenige Hersteller konzentrieren. Der Verband der Generikahersteller plädiert deshalb für einen Kodex, der eine Ausschreibung im Wettbewerb erfordert. Ob hier nicht das Ausschreibungsrecht ohnehin gilt, es also eines solchen Kodexes nicht bedarf, wird an anderer Stelle auszuführen sein, es führte hier zu weit.

3. Stärkung der Position der Apotheke

Da die Apotheken also in dem Vertrags- und Gesetzesgeflecht, in dem eine erhebliche Anzahl von Rabatten gewährt wird, die sie zu realisieren haben, selbst nicht beteiligt sind, stellt sich die Frage, wie die Apotheke als solche, als Institution stärker positioniert werden kann.

Die Spitzenverbände des Apothekerwesens, insbesondere die ABDA plädieren hier für die Stärkung der Beratungsleistung und institutionellen Einbindung der Apotheke zugunsten der GKVs. Besonders propagiert wird hierbei das Hausapothekenmodell, das die BARMER-Ersatzkasse bereits vereinbart hat (Interview mit H.-G. Wolf (ABDA), H.S. Keller (DAV), M. Linz (BAK) in Pharmazeutische Zeitung 01/05.)

Das Hausarzt-/ Hausapothekenmodell beinhaltet, dass ein Patient sich gegenüber der GKV verpflichtet (freiwillige Teilnahme), einen bestimmten Arzt als zentralen Ansprechpartner im Sinne eines Hausarztes auszuwählen und sich gleichzeitig bei einer Apotheke seines Vertrauens einschreibt, die dann regelmäßig die ärztlichen Anweisungen im Wege der Arzneimittelversorgung umsetzt. Die Apotheke soll als eine Art Vertrauensperson die Verordnungen kontrollieren, ein Medikationsbuch führen für den jeweiligen Patienten und auf diese Weise Doppelverschreibungen erkennen und verhindern. Gleichzeitig sollen kollidierende Arzneimittel, die wegen ihrer Wechselwirkungen nachteilig für den Patienten sind oder sein können, ebenfalls erkannt und der Patient unter Kontaktaufnahme mit dem Hausarzt gegebenenfalls anders beraten werden (Pressemitteilung der BARMER Ersatzkasse Aachen vom 01.03.2005). Für diese Leistung, die mit einem erheblichen zusätzlichen Aufwand verbunden ist, soll die Apotheke nach Pauschalen vergütet werden. Die Pauschalen werden pro angefallene Tätigkeit und Patient fällig, unabhängig vom tatsächlichen Aufwand. Ein solch dreiseitiger Vertrag ist nicht per se nachteilig für die Apotheke. Die Apotheke setzt aber auch in diesem Modell im wesentlichen die materiellen Interessen anderer, nämlich der GKV um.

Das von den GKVs verfolgte Ziel ist nicht nur eine Einsparung unnützer Arzneimittelkosten. Sie wollen auf diese Weise sicherstellen, dass die eigenen Rabattverträge mit den Generikaherstellern durch die angeschlossenen Hausapotheken realisiert werden. Die Rabatte werden in der Regel nur dann gewährt, wenn der prozentuale Anteil der Produkte des rabattgewährenden Herstellers am Gesamtumsatz der Krankenkasse für gleichartige Arzneimittelprodukte einen bestimmten Wert erreicht. Die GKVs haben also ein erhebliches Interesse, z. B. durch ein solches dreiseitiges Konzept, die Umsetzung des Rabattvertrages sicherzustellen.

Für die Verbände der Apothekenberufe ist es ein Anliegen, den Heilberuf des Apothekers zu betonen und das damit verbundene Beratungselement. Der Apotheker wird also nach Auffassung der Spitzenverbände der Apotheken durch dieses Modell in seiner eigentlichen beratenden Funktion gestärkt (s. Interview in Pharmazeutische Zeitung 01/05).

Die Spitzenorganisationen der Apotheken propagieren gerade solche Modelle, wie das Hausapothekenkonzept, weil nach deren Auffassung die Apotheke eine eigene wirtschaftliche Verantwortung erhält. Der Apotheker soll in Zukunft als Medikationsmanager und als Dreh- und Angelpunkt für die Arzneimittelversorgung und pharmazeutische Betreuung der Bevölkerung bedarf- und behindertengerecht rund um die Uhr zur Verfügung stehen, allerdings stets in Abgrenzung zum Therapiebereich und zum Verantwortungsbereich des Arztes. Welche Gegenleistung die Apotheke für diese Rundum-Betreuung erhalten soll, bleibt unklar. Die Situation bleibt für die Apotheke unbefriedigend.

Der Großhandel spielt in diesem Bereich, mit Ausnahme des Umstandes, dass ihm die Gewinnspannen vorgegeben sind und er gemeinsam mit der Apotheke den Rabatt vom pharmazeutischen Unternehmen einzutreiben hat, keine vom Gesetzgeber hervorgehobene Rolle.

4. Weiterführende Lösungen

Die Spitzenorganisationen der Apotheken betonen regelmäßig, dass ohne die Leistung der Apotheke im Rahmen der Arzneimittelversorgung „nichts ginge“. Die Erklärung, warum das so sein soll, bleiben sie aber schuldig. Das Apothekengesetz allein kann diese Erklärung nicht geben, denn in einem im Umbruch befindlichen Markt sind auch und gerade Gesetze nicht von Dauer. 

Die Apotheken müssen zunächst erkennen, dass sie sich nur selbst helfen können. Keine GKV, kein Hersteller oder Gesetzgeber wird die Apotheke als Institution unterstützen, wenn dies nicht zugleich eigenen Interessen dient. Dort, wo das eigene Interesse nicht mehr mit dem der Apotheke gleichlaufend ist, dort wird die Apotheke keine Unterstützung finden. Die Apotheke muss selbst ihre Stärken erkennen, unabhängig werden und neue Tätigkeitsbereiche erschließen.
Mit dem Wegfall der Preisbindung für OTC-Produkte tritt der Kaufmann im Apotheker stärker hervor. Er konkurriert mit seinen Kollegen, dem Einzelapotheker am Stadtrand in gleicher Weise wie mit dem Apotheker und dessen 3 Filialen in der Innenstadt. Er muss sich abgrenzen und Alleinstellungsmerkmale definieren, die neue Kunden gewinnen lassen und diese langfristig sichern, ohne Zwang. Das Hausapothekenkonzept kann Kunden nur für die Dauer der Laufzeit der Vereinbarung mit dem Apotheker als Hausapotheke sichern und nicht einmal das: Der Kunde kann gleichwohl in gleichen oder anderen Städten andere Apotheken aufsuchen.

Die Apotheke gewinnt Kunden und bindet sie, wenn der dahinter stehende Apotheker seinen Heilberuf ernst nimmt, Entscheidungen trifft, die nicht durch die Vorgaben einer GKV geleitet sind und sich auch zutraut, von einem vom Kunden geforderten OTC- oder Freiwahlprodukt abzuraten und es nicht zu verkaufen. Dazu gehört es auch, nicht ein Produkt des Generikaherstellers abzugeben, mit der die GKV einen Rabattvertrag geschlossen hat, sondern ein Produkt eines anderen Generikaherstellers, wenn dies seiner Auffassung nach für den Kunden das bessere Produkt ist. Erst dann wird der Apotheker vom Kunden  und vom Hersteller pharmazeutischer - und auch kosmetischer – Produkte als eigene Institution mit eigener durchsetzungsfähiger Kompetenz wahrgenommen.

Dazu gehört es auch, den Patienten zu beraten und die – vom Gesetzgeber ohnehin vorgeschriebenen Beratungsräume – nicht nur als lästigen Zwang zum Erhalt der Apothekenzulassung zu begreifen, sondern als das eigentliche Zentrum der Apotheke. Der Kontakt zum Patienten/ Kunden ist ein zentrales Kundenbindungsinstrument.

In diesem Zusammenhang werden sich Spezialisierungen herausbilden, die ein Kooperation mit gleichartig spezialisierten Apotheken oder den Vertretern anderer Heilberufe ermöglichen.

Die Berufsordnung der Apotheken lässt eine Kooperation mit Dritten zu, wenn diese nicht wettbewerbswidrig oder irreführend ist oder den Ausschluss anderer Apotheken zum Gegenstand hat oder eine unmittelbare Belieferung des Patienten außerhalb der Apotheke mit Arzneimitteln, wobei lediglich die Abrechnung durch die Apotheke geschieht. Gleichzeitig sind die Apotheken verpflichtet, mit anderen Vertretern der Heilberufe kollegial umzugehen und zum Wohle der Gesundheit und der Arzneimittelversorgung zu agieren.

Hier können Patienten und Vertreter anderer Heilberufe in Schulungen und gemeinsame Informationsveranstaltungen für Patienten oder Apotheken für die Vertreter anderer Heilberufe realisieren.

Möglich sind Kooperationen mit anderen Vertretern der Heilberufe auch im Rahmen eines integrierten Versorgungsmodells, in dessen Zentrum nicht eine gesetzliche Krankenkasse, sondern ein Managementunternehmen steht, das die Abläufe zwischen den einzelnen Beteiligtenvertretern der Heilberufe effektiviert und unmittelbaren Kontakt herstellt, sodass einen Informationsverlust zwischen den Modellteilnehmern durch Einschaltung des Patienten nicht mehr eintritt. Der Patient kann auf diese Weise schneller und effizienter behandelt werden. Die Apotheke kann gegebenenfalls auch einen finanziellen Vorteil erfahren. Die Zusammenarbeit zwischen Apotheken mit Dritten im Rahmen eines solches Modells ermöglicht auch ein unter den Heilberufen abgestimmtes Marketing.

Der Wettbewerb zwischen den Apotheken rückt das Marketing in das Zentrum der Handlung. Gutscheinmodelle, Versandapothekenmodelle, zulässige Zugaben sind verstärkt Gegenstand solcher Marketingkampagnen und beschäftigen dieserhalb zunehmend auch die Rechtsprechung. Schon heute gibt es Apothekenkooperationen und Dachmarkenkonzepte unter Einbeziehung von Apothekengroßhändlern, die ein einheitliches Marketing realisieren und auf diese Weise ein Wiedererkennungseffekt der angeschlossenen Apotheken in verschiedenen Städten ermöglichen, sodass eine Vertrauensbildung des Kunden zu einer bestimmten Dachmarke stattfinden kann. Gleichzeitig können in diesem Rahmen Mittelstandsempfehlungen gegeben werden.
Diese Möglichkeiten zur Kundengewinnung und zur Kundenbindung muss die Apotheke selbst erkennen und allein oder in Kooperationen gegenüber dem Kunden umsetzen. Parallel dazu kann sich eine in dieser Weise als Institution gegenüber Kunden, GKVs und Herstellern positionierte Apotheke weitere Einnahmequellen erschließen.

Hier ist darauf hinzuweisen, dass die Apotheken über ein erhebliches Wissen verfügen, weil sie als zentraler Umschlagpunkt zur Umsetzung von Verträgen und gesetzlichen Vorgaben Kenntnisse über die Bedürfnisse der Ärzte und Patienten, der Großhändler und Hersteller, vor allem aber auch und gerade der Apotheken selbst besitzen. Die Apotheken können hier ihr Know-how aktivieren und ein umfassender Berater innerhalb und außerhalb der pharmazeutischen Industrie werden.

Zunächst lenkt sich der Blick auf die Vermarktung eigenen Know-hows:
Die Apotheken können allein oder in gemeinsamer Kooperation einen Informationspool bilden in dem sie ihre Informationen, insbesondere die Kenntnis über Abläufe, Anfragen etc. verzeichnen und Unternehmen, insbesondere Softwareentwicklern im pharmazeutischen Bereich oder den pharmazeutischen Herstellern überlassen.

Beispielhaft ist im Bereich der Softwareentwicklung zu nennen die Definition von Prozessabläufen, Effektivierungsmöglichkeiten von Prozessabläufen und deren softwaretechnische Abbildung. Die Apotheke kann zum Trendscout für die pharmazeutische und kosmetische Industrie werden, weil sie wertvolle Informationen für die weitere Produktentwicklung kennt, nicht nur im Bereich der Arzneimittel, auch im Bereich der Kosmetika. Sie kann die Nachfragen und Bedürfnisse der Kunden und die Antworten hierauf bündeln und weitergeben.

Apotheken können mit den Medien kooperieren und dort Erfahrungen, Wissen und Hinweise im Umgang mit Arzneimitteln und Kosmetika an die Zuschauer weitergeben, bei der Gestaltung von wissenschaftlichen Sendungen beraten -  ein Feld, das bisher allein den Ärzten zugestanden wurde, obwohl die Ärzte über die Abwicklung der Arzneimittelversorgung nicht in gleicher Weise kompetent sind, wie Apotheken.

Der Raum des Offizin selbst gibt ebenfalls Möglichkeiten zu Kopperationen mit Dritten. So wie es heute Fernsehen für Arzt-Wartezimmer gibt, ist dies auch in Apotheken möglich. Auch Bestellungen online können in den Räumen der Apotheke realisiert werden. Hier ist nicht nur von Vorteil, das mehr Kunden in der gleichen Zeit mit der Apotheke Verträge schließen, der Apotheker und seine Angestellten stehen jederzeit beratend zur Seite, Rezepte können sofort abgegeben werden, das postalische Versenden erübrigt sich. Auch hier sind Kooperationen denkbar.

Wenn die Apotheken solche Möglichkeiten nutzen, bündeln und auf diese Weise einen bestehenden Bedarf befriedigen, werden sie auch nicht mehr nur der Umsetzer von Verträgen für Dritte sein, sondern selbst als ein eigener Know-how-Träger, als besondere Institution anerkannt und als solche auch honoriert.

5. Zusammenfassung

Die staatliche Steuerung und letztlich auf diese Weise kartellähnliche Strukturen aufweisende Umsetzung von Kostenersparnissen zugunsten der gesetzlichen Krankenkassen zwingt die Apotheken, sich auf sich selbst zu besinnen, neue Formen der Tätigkeit zu suchen und diese zu realisieren. Der Apotheker wird – möglicherweise nicht nur in der Form der Einzelapotheke, möglicherweise in der Form von Apothekenverbunden – neue Felder erschließen, die ihm eigene Einnahmequellen bescheren und ihm von Vereinbarungen zwischen gesetzlichen Krankenversicherungen, pharmazeutischen Herstellern und sein eigenen Spitzenorganisationen unabhängig machen. Mittler solcher Verbünde kann der Großhändler sein, mit dem der Apotheker ohnehin in einem engen vertraglichen Verhältnis steht und der in gleicher Weise wie der Apotheke ein Interesse an der Ausweitung seines Tätigkeitsfeldes und vor allem an der Erhaltung und Stärkung der Apotheke hat.

Auf diese Weise wird dem Schwerpunkt GKV/ pharmazeutischer Hersteller ein eigener gesonderter Schwerpunkt Großhändler/ Apotheker in der Gesamtstruktur gegenübergestellt, sodass das aus der Sicht des Apothekers durch die staatliche Regulierung etwas aus dem Gleichgewicht geratene System wieder ins Lot gerät und dem Apotheker die Stellung verschafft, die hier in dem System auch innehat: das Zentrum der Abwicklung der Arzneimittelversorgung und begleitender Dienstleistungen (z.B. bei der Selbstmedikation) gegenüber dem Patienten/ Kunden.

Es handelt sich hierbei um eine hohe Verantwortung, die die Apotheken tragen. Dieser Verantwortung werden die Apotheken gerecht, wenn sie sich als Institution verstehen und den Blick wieder verstärkt auf den Patienten/ Kunden richten und sich mit ihm auseinandersetzen. Damit korrespondiert dann eine faktische Stellung der Apotheke, die deren immateriellen und materiellen Interessen gerecht wird und die von ihr erbrachte Leistung und deren Fähigkeiten und Kenntnisse auch angemes
sen honoriert. 

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