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Samstag, 11. Februar 2006

Der gewünschten Palliativ-Versorgung fehlen die Finanzierungswege

Von: Angela Mißlbeck und Christoph Fuhr / www.mediaClinc.de

Eine bessere Versorgung für unheilbar kranke Menschen ist in Deutschland erklärter politischer Wille. Zur Verbesserung der Palliativ-Versorgung wird dabei auf Teams aus Ärzten und Pflegekräften mit definierten Qualitätsstandards gesetzt. Dazu haben Palliativmediziner immer wieder Vorschläge zur Qualitätssicherung vorgelegt und die bestehenden Finanzierungsdefizite aufgezeigt. Dennoch bleibt vorerst unklar, wie die verbesserte Palliativ-Versorgung in Deutschland finanziert und vertraglich geregelt werden kann.
"Die Notwendigkeit einer guten Palliativmedizin ist inzwischen in allen Bereichen der Gesellschaft anerkannt. Wenn Konsens besteht, daß Hilfe für besonders betroffene Menschen nötig ist, dann muß das auch entsprechend finanziert werden", sagt Professor Eberhard Klaschik, Vorsitzender der DPD Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin. Das Problem in Deutschland: Spätestens bei der Finanzierung endet die Einigkeit. "Kostenträger und Politiker schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu", kritisiert Klaschik.

Die DGP und die Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz haben jetzt in einem Positionspapier Defizite beschrieben: Unheilbar kranke Menschen mit begrenzter Lebenserwartung werden in Deutschland ambulant immer noch wenig koordiniert versorgt: Hausärzte, Pflegedienste und ambulante Hospizdienste, heißt es in dem Papier, arbeiten oft parallel, ohne enge Abstimmung. Hier zeige sich eine "Unterversorgung in der ambulanten Betreuung von Patienten und deren Angehörigen", stellen DGP und die Arbeitsgemeinschaft Hospiz klar.

Zugleich kritisieren sie eine "Über- und Fehlversorgung" wegen vermeidbarer Klinikaufenthalte: "Die meisten Menschen sterben in Krankenhäusern und Heimen, obwohl es der Wunsch vieler Menschen ist, bis zum Tod in der vertrauten häuslichen Umgebung betreut zu werden", heißt es weiter. Um Betroffenen wirksam zu helfen, müsse der Versorgung und der Begleitung schwerkranker und sterbender Menschen sowie ihrer Angehöriger in allen Bereichen des Gesundheitswesens ein wesentlich höherer Stellenwert als bisher eingeräumt werden. Dazu gehöre auch eine adäquate Unterstützung und Honorierung der niedergelassenen Ärzte und Pflegedienste: "Ihr elementarer zeit- und betreuungsintensiver Beitrag für eine flächendeckende Versorgung unheilbar schwerkranker und sterbender Menschen bleibt unverzichtbar."

Das Problem ist erkannt. Die Bundesregierung plant in ihrer Koalitionsvereinbarung, die Palliativmedizin im Leistungs- und Vertragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu verankern und die ambulante Palliativ-Versorgung auszubauen. Doch: "Die finanziellen Auswirkungen stehen noch nicht fest", räumt Ulrich Orlowski aus dem Bundesgesundheitsministerium ein. Finanzierungsbedarf sieht das Ministerium etwa für sogenannte Palliativ Care Teams, also Teams mit spezialisierten Ärzten und Pflegekräften, die Versorgung sicherstellen sollen. Ministerin Ulla Schmidt hat für die Zukunft die Einrichtung von 330 Palliativ Care Teams in Aussicht gestellt.

Ein Eckpunkte-Konzept des Gesundheitsministeriums sieht vor, "daß GKV-Versicherte einen eigenständigen Anspruch auf ambulante palliativmedizinische Versorgung erhalten", erläutert Orlowski. "Dabei gehen wir davon aus, daß niedergelassene Ärzte und Pflegeteams oder Medizinische Versorgungszentren diese Leistungen erbringen können", sagt er weiter. Grundlage der Abrechnung sollen den Vorstellungen des Gesundheitsministeriums zufolge Verträge zwischen Krankenkassen und Palliativ-Care-Anbietern sein. Dabei werden auch Qualitätsanforderungen definiert.

Im stationären Bereich soll Palliativmedizin vorerst von den Fallpauschalen ausgenommen bleiben, wenn eine Einrichtung mehr als fünf Palliativbetten zur Verfügung stellt. Mit Blick auf Qualität und Finanzierung seien jedoch auch in diesem Bereich noch viele Probleme zu klären, räumt Orlowski ein. Klar scheint: Es ist viel in Bewegung. Inzwischen laufen auch in mehreren Regionen Deutschlands Integierte Versorgungsverträge, die mit dem Ziel abgeschlossen worden sind, palliativmedizinische Versorgung zu verbessern.

Es geht bei den Bemühungen um bessere Betreuung für Sterbenskranke auch darum, Befürwortern einer aktiven Sterbehilfe den Wind aus den Segeln zu nehmen: "Die langjährigen Erfahrungen auf den Palliativstationen in Deutschland zeigen, daß aus dem Sterbenswunsch ein Lebenswunsch wird, wenn eine adäquate Reduktion der körperlichen, psychischen sozialen und geistig-seelischen Leiden gelingt", heißt es in einem Statement der DGP: "Palliativmedizin ist aktive Lebenshilfe!"

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