"Beirat zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeits- begriffs" legt Bericht vor
Seit Einführung der Pflegeversicherung wird der Begriff der Pflegebedürftigkeit als zu eng und zu verrichtungsbezogen diskutiert. Besonders der Bedarf an allgemeiner Betreuung, Beaufsichtigung und Anleitung, wie bei demenzkranken Men- schen häufig auftritt, werde bisher zu wenig berücksich- tigt. Deshalb wurde im Koalitionsvertrag vereinbart, den Pflegebedürftigkeitsbegriff zu überarbeiten. Der Beirat war im November 2006 beauftragt worden, konkrete und wissen- schaftlich fundierte Vorschläge für einen neuen Pflegebedürf- tigkeitsbegriff und ein darauf aufbauendes neues Begutach- tungsverfahren zu erarbeiten. Der Auftrag schloss auch die Frage ein, wie sich Änderungen finanziell auf die Pflegever- sicherung und andere Sozialleistungsbereiche auswirken.
In Berlin hat am 29. Januar der Vorsitzende des Beirats zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs, Dr. h.c. Jürgen Gohde, den Bericht des Beirats an Bundesgesundheitsminis- terin Ulla Schmidt übergeben.
Den vollständigen Bericht lesen Sie bitte als pdf-Download am Ende dieser Seite.
Ulla Schmidt begrüßte den einstimmig vom Beirat beschlos- senen Bericht: "Eine neue Definition der Pflegebedürftigkeit ist Voraussetzung für eine bessere Teilhabe pflegebedürf- tiger Menschen. Die Vorschläge des Beirats sind sehr gelun- gen, sie weisen in die richtige Richtung. Der neue Pflegebe- dürftigkeitsbegriff wird den tatsächlichen Hilfebedarf des Einzelnen besser abbilden. Die oft kritisierte ‚Minutenpflege’ muss der Vergangenheit angehören. Das neue Konzept fragt: Wie stark ist die selbstständige Lebensführung ein- geschränkt? Das kommt vor allem altersverwirrten Men- schen zugute."
In seinem Bericht macht der Beirat Vorschläge für ein neues, praxistaugliches Begutachtungsverfahren und für mögliche Neuregelungen. Er gibt darin Hinweise auf struk- turelle und finanzielle Folgen eines neuen Begriffs. In einem ergänzenden Bericht wird der Beirat voraussichtlich im Mai konkrete Umsetzungsvorschläge machen.
Der Beiratsvorsitzende Dr. Gohde hob hervor, dass im Unterschied zum jetzigen Begutachtungsverfahren der Maßstab zur Einschätzung von Pflegebedürftigkeit nicht die erforderliche Pflegezeit, sondern der Grad der Selbständig- keit sei. "Dies führt zu mehr Gerechtigkeit in der Berücksich- tigung der Beeinträchtigungen von Menschen und hilft zudem Ungleichbehandlungen zwischen Kindern und Erwachsenen sowie körperlich und geistig Behinderten zu vermeiden" ,so Gohde.
Pflegebedürftigkeit
Pflegebedürftig sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen.
Nach der Definition des Pflegegesetzes sind damit Personen erfasst, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung im Bereich der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung auf Dauer – voraussichtlich für mindestens sechs Monate – in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Grundsätzlich kann Pflegebedürftigkeit im Sinne des Gesetzes in allen Lebensabschnitten auftreten.
Seit Einführung der Pflegeversicherung wird der Begriff der Pflegebedürftigkeit im SGB XI als zu verrichtungsbezogen und zu einseitig somatisch diskutiert. Wesentliche Aspekte, wie beispielweise die Kommunikation und soziale Teilhabe, würden ausgeblendet und der Bedarf an allgemeiner Betreuung, Beaufsichtigung und Anleitung, insbesondere bei Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz, zu wenig berücksichtigt.
Im Koalitionsvertrag vom 11. November 2005 ist festgelegt worden, dass es mittelfristig einer Überarbeitung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs bedürfe, die die aktuellen Erkenntnisse der Pflegewissenschaften berücksichtige. Das Bundesministerium für Gesundheit setzte daher im November 2006 einen Beirat zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs ein.
Der Beirat war beauftragt, konkrete und wissenschaftlich fundierte Vorschläge für einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und ein damit eng verbundenes neues Begutachtungsverfahren zu erarbeiten. Der Auftrag schloss auch die Frage mit ein, wie sich Änderungen finanziell auf die Pflegeversicherung und andere Sozialleistungsbereiche auswirken.
Der Beiratsvorsitzende Dr. h.c. Jürgen Gohde hat am 29. Januar 2009 den Bericht des Beirats an Ministerin Ulla Schmidt übergeben.
- Weiterführende Links
- www.bundesregierung.de
- www.bmg.bund.de