
Ulrich Schwabe und Dieter Paffrath (Hrsg.) "Arzneiverordnungs-Report 2007 - Aktuelle Daten, Kosten, Trends und Kommentare" erschienen bei Springer 2008, 1112 S., 96 Abb., 234 Tab. Broschiert, 39,95 EUR, ISBN 978-3-540-72547-3
Arzneiverordnungs-Report 2007: Erfolgreiche Kooperation von Ärzten und Kassen
Die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversi- cherung (GKV) haben im Jahr 2006 mit einem Zuwachs von 1,8 Prozent auf 25,9 Mrd. Euro einen moderaten Anstieg erfahren. Noch im Jahr zuvor waren die Gesamtkosten für Medikamente um fast 17 Prozent gestiegen. Trotz des ab- geschwächten Anstiegs bleiben die Arzneimittelkosten mit 17,8 Prozent der zweit höchste Kostenfaktor der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Arzneimittelkosten liegen damit sogar noch über den Ausgaben für ärztliche Behandlungen (22,2 Mrd. Euro). Auf Platz eins rangieren die Kosten für Krankenhausleistungen mit 50,3 Mrd. Euro.
Die beiden Herausgeber des Arzneiverordnungs-Reports Prof. em. Dr. Ulrich Schwabe und Dr. Dieter Paffrath sind sich darin einig, dass die Hauptursachen für diesen starken Rückgang in den Wirkungen des Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung (AVWG) liegen, das am 1. Mai 2006 in Kraft getreten ist. Während noch im ersten Quartal ein Zuwachs von 10,5 Prozent zu beobachten war, sanken die Arzneimittelausgaben in den folgenden drei Quartalen sogar unter die Vorjahreswerte und lagen im Durchschnitt bei 1,8 Prozent, so die beiden Heraus- geber auf der Pressekonferenz in Berlin, bei der der jährlich erscheinende Report vorgestellt wurde.
Der Report gibt einen Überblick über die Entwicklung der Arzneimittelverordnungen und macht Vorschläge zur Nutzung von Einsparpotenzialen in wichtigen Arzneimittel- gruppen. Hohe Umsatzrückgänge seien vor allem bei Husten- und Erkältungspräparaten (–24%), Calcium- antagonisten (–18%), Antibiotika (–13%), Antimykotika (–12%), Urologika (–11%) und Magenulkustherapeutika (–10%) zu verzeichnen. Hauptursache hierfür, so der Heidelberger Pharmakologe Schwabe, seien gesunkene Arzneimittelpreise, trotzdem sei der Verbrauch in vielen Fällen sogar angestiegen.
Eingebettet in die gesetzlichen Neuregelungen kam es in erster Linie bei Generika zu massiven Preissenkungen. Am effektivsten griff die Einführung des zehnprozentigen Kassenabschlags für generikafähige Medikamente. Einen weiteren Preisverfall löste ab Jahresmitte die Zuzahlungs- befreiung für bestimmte Arzneimittel aus. Dennoch konnte der Preisrutsch bei den Generika den starken Anstieg des Verordnungsvolumens in diesem Arzneimittelsektor nicht wett machen und so kam es zu einem erneuten Höchstwert von 8,5 Mrd. Euro (+4,3 %).
Mit Verweis auf die Generikapreise in europäischen Nachbar- ländern sieht der Report noch immer großen Spielraum in der Preisdynamik. Neben den berechneten Kostenreserven von 1,3 Mrd. Euro berechnet er allein bei sieben umsatz- starken Wirkstoffen noch weitere 1,5 Mrd. Euro, die einge- spart werden könnten.
Bei den Analogpräparaten zeichnen sich dem Report zufolge deutliche Erfolge ab. Schwabe verweist hier anerkennend auf die Arzneimittelvereinbarung der KV Nordrhein und der nordrheinischen Krankenkassen. Mit einem Umsatzvolumen von 5,0 Mrd. Euro machen die Analogpräparate gut ein Fünftel der Arzneimittelumsätze aus. Bei einer wirtschaft- lichen Verordnungsweise ohne therapeutischen Qualitäts- verlust errechnet der Report dennoch auch hier ein weiteres Einsparpotenzial von 1,3 Mrd. Euro.
Mit Blick auf die Einführung neuer Arzneimittel verweist Schwabe auf die damit verbundenen extrem hohen Kosten und appelliert an die Vernunft der Pharmaindustrie. Am Beispiel eines Medikaments zur Behandlung von alters- bedingter Makuladegeneration macht er deutlich, dass hier eine weltweite Diskussion um riesige Einsparpotenziale begonnen hat. So würde ein im Februar 2006 neu einge- führtes Medikament – ein Angiogenesehemmer - im Jahr 18.279 Euro an Therapiekosten verursachen, obwohl es einen vergleichbaren Wirkstoff gibt, dessen Kosten pro Jahr lediglich ein 270stel betragen. Dieser ist jedoch für diese Indikation nicht zugelassen.
Aktuelle Daten, basierend auf der Auswertung von 440 Millionen Kassenrezepten, zeigen Verordnungsverhalten und Kosten, neue Therapie-Trends, erfolgreiche Innovationen und Einsparpotenziale. Der Report analysiert in dieser Ausgabe die kassenärztlichen Arzneiverordnungen bei 3000 Arzneimitteln und unterteilt diese in 44 pharmakologische Kapitel nach konkreten Wirkstoffgruppen und Präparaten. Große Unterschiede zeigen die Arzneiverordnungen nach Arztgruppen. Der Report hat ermittelt, dass der größte Teil der Verordnungen auf Allgemeinmediziner (53,8) entfällt, gefolgt von den Internisten (19,7 %). Bei den Arzneimittel- umsätzen stehen die Nervenärzte mit einem durchschnitt- lichen Jahresumsatz von 318.000 Euro pro Arzt an erster Stelle, gefolgt von Internisten (273.000 Euro), Allgemein- ärzten (264.000 Euro) und Urologen (183.000 Euro).
Der Report beschreibt die Einführung neuer Medikamente, bewertet den therapeutischen Nutzen, berechnet die Kosten und gibt Ärzten konkrete Verordnungsempfehlungen. Darüber hinaus werden Patienten- und Herstellerprofile dar- gestellt und eine ökonomische Bewertung des Arzneimittel- marktes vorgenommen.
Die Spitzenverbände der Gesetzlichen Krankenversicherung und des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland stellen jährlich als ge- meinsame Projektträger des GKV-Arzneimittelindex über das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) die entsprech- enden Arzneimittelverordnungsdaten zur Verfügung. Ärzten steht damit ein Hilfsmittel zur Verfügung, um eine Verord- nung nach therapeutischen und wirtschaftlichen Gesichts- punkten treffen zu können. Der Arzneiverordnungs-Report gilt als Standardwerk und genießt hohe Anerkennung in wichtigen Gremien und Verbänden, die sich mit Fragen der Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik in Deutschland beschäftigen. In Europa gibt es derzeit keine vergleichbare wissenschaftliche Bewertung von Arzneimittelverordnungen.
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Renate Bayaz
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