Foto: DBT

Donnerstag, 06. Januar 2011

AOK Bayern muss an Gesundheitsfonds 91 Millionen Euro zurückzahlen

Von: Landessozialgericht NRW / Pressemitteilung

Die Allgemeine Ortskranken­kasse (AOK) Bayern muss für 2009 wegen der Einführung des Gesund­heitsfond zu viel erhaltene Ausgleichs­beträge in Höhe von 91 Millionen Euro sofort zurückzahlen. Das hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) zur Jahres­wende in einem Eilverfahren ent­schieden. Das LSG NRW hat mit dem jetzt veröffentlichten Beschluss einen Antrag der AOK Bayern abgelehnt, die vom Bundesversi­cherungsamt (BVA) im Jahresaus­gleich für das Jahr 2009 festgesetzte Rückzahlungsverpfli­chtung in Höhe von 91 Millionen Euro vorläufig auszusetzen, solange das beim LSG NRW dagegen angestrengte Klageverfahren andauert. Das Bundes­versicherungsamt (BVA), das den Gesundheitsfonds verwaltet, hatte die AOK Bayern im November 2010 verpflichtet, ab Januar 2011 rd. 91 Mio Euro in 12 monatlichen Teilbeträgen zurückzuzahlen.

Zum Hintergrund

Seit dem 1.1.2009 erhalten die Krankenkassen die Finanzmittel zur Bestreitung ihrer Ausgaben aus dem so genannten Gesundheitsfonds. In diesem Zu­sammenhang hat der Gesetzgeber zusätzliche Zahlungen (sog. Konvergenz­beträge) an die Kassen vorgesehen, deren Belastung durch die Umstellung der Finanzierung 100 Mio Euro über­steigt. Allerdings lagen bei Start des Gesundheitsfonds keine verlässlichen Daten vor. Deshalb bestand erhebliche Unsicherheit hinsichtlich des tatsäch­lichen Ausmaßes der Belastung. Die Kassen erhielten zunächst seit Januar 2009 im monatlichen Abschlagsverfahren Konvergenzzuweisungen auf der Grund­lage von Daten aus den Jahren 2006 bzw. 2007.

Bereits im November 2009 ergaben Berechnungen auf der Grund­lage aktualisierter Daten, dass das Konvergenzvolumen für 2009 voraus­sichtlich statt der erwarteten rd. 760 Mio Euro nur ca.130 Mio Euro betragen würde. Tatsächlich hat sich in dem dann im November 2010 durchgeführten Jahresausgleich ein entsprechend geringerer Ausgleichs­bedarf ergeben. Das führte zu der genannten Rückfor­derung von 91 Millionen Euro gegenüber der AOK Bayern.

Die AOK Bayern will diese Rück­forderung nicht hinnehmen und vertritt die Meinung, sie habe darauf vertrauen dürfen, die monatlichen Zahlungen behalten zu dürfen. Für die Rück­forderung fehle es an einer gesetz­lichen Grundlage. Rück­zahlungen von Konvergenzmitteln seien auch nach dem Sinn und Zweck der Regelung ausgeschlossen, weil die durch diese Mittel zu finanzierenden Versor­gungsstrukturen erst allmählich an die neuen Finanzierungsbedingungen ange­passt werden könnten. Sie wollte mit ihrem vor dem LSG NRW geführten Eilverfahren zunächst erreichen, dass die Rückzahlung für die Dauer des von der AOK angestrengten Klageverfahrens ausgesetzt wird. Damit ist sie erfolglos geblieben.

Das LSG NRW hat entschie­den, dass kraft Gesetzes die Rück­forderung sofort vollzogen werden dürfe. Es komme auch nicht in Betracht, die Vollziehung vorläufig auszusetzen, da die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe. Das Gesetz sehe die Rückzahlung zuviel erhaltener Zuweisungen vor, wenn sich im Jahresausgleich auf der Grundlage aktueller Daten eine Überzahlung ergebe. Diese Bestimmung gelte für Konvergenz­beträge ebenso wie für die Zuweisungen für Leistungsausgaben und Verwaltungs­kosten.

Entgegen der Auffassung der AOK sei dies auch mit dem Zweck dieser Ausgleichszahlungen vereinbar: Wenn die endgültige Berechnung ergebe, dass die Einführung des Gesundheitsfonds nur eine geringe Belastung der betroffenen Kasse zur Folge gehabt habe, entfalle der sachliche Grund für Ausgleichs­zahlungen, so dass es nicht gerechtfertigt sei, dieser höhere Mittel zu belassen, die sie auf der Grundlage veralteter Daten erhalten habe. Der AOK sei auch bekannt gewesen, dass die monatlichen Ab­schlagszahlungen auf unsicherer Daten­basis erfolgten und ggf im Jahresaus­gleich eine Korrektur erfolgen werde, so dass kein Raum für Vertrauensschutz sei.

Der Beschluss ist unanfechtbar. Wann das LSG NRW über die Klage in der Hauptsache entscheiden wird, steht noch nicht fest. (LSG NRW, Beschluss v. 28.12.2010 - L 16 KR 661/10 ER)

Lesen Sie auch dazu die Presseerklärung der AOK Bayern vom 7. Dezember 2010:

"AOK Bayern verteidigt Interessen bayerischer Beitragszahler vor Gericht - Schlussabrechnung 2009 des Gesundheitsfonds zeigt wachsende Benachteiligung für den Freistaat"

Die AOK Bayern will verhindern, dass der Gesundheitsfonds noch mehr Mittel aus Bayern abzieht. Die größte Krankenkasse im Freistaat hat deshalb gegen den Schlussausgleich 2009 einstweiligen Rechtsschutz beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen beantragt. Für das Jahr 2009 macht das Bundesversicherungsamt eine Rückforderung von 91 Millionen Euro geltend, die die AOK an den Gesundheitsfonds zurückzahlen soll. 55 Millionen Euro, die für 2010 zu erwarten waren, wurden gar nicht erst ausbezahlt.

Hintergrund für den rechtlichen Schritt der AOK ist die so genannte Konvergenzklausel. Sie war 2008 das Ergebnis eines politischen Kompromisses, den der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber mit der Bundesregierung aushandelte. Die Konvergenzklausel sollte verhindern, dass der Gesundheitsfonds zuviel an Beitragsgeldern aus Bayern abzieht. „Zwischenzeitlich ist der Kompromiss auf administrativem Weg so weit ausgehöhlt worden, dass sich nur noch in wenigen anderen Ländern geringfügige Wirkungen einstellen“, so Dr. Helmut Platzer, Vorstandsvorsitzender der AOK Bayern. Bei bundesweit tätigen Kassen überdecke der interne Ausgleich den Effekt. Die AOK sei als landesweit aufgestellte Kasse deshalb prädestiniert, die bayerischen Interessen offensiv zu vertreten.

Die AOK Bayern hat die Konvergenz-Mittel 2009 für die intensive und qualitativ hochwertige Versorgung der bayerischen Patienten und die Honorierung bayerischer Leistungserbringer eingesetzt. "Niemand ist in der Lage", so Platzer, "seriös einen Haushalt zu planen, wenn man erst Ende 2010 erfährt, wie viel Mittel man 2009 eigentlich zur Verfügung gehabt hätte". Unabhängig von der Konvergenzproblematik wird sich dieses Problem nach Platzer auch in den Folgejahren stellen. Damit wird die Funktions-fähigkeit des Gesundheitsfonds jährlich aufs Neue hinterfragt werden.

Ansprechpartner
AOK Bayern – Die Gesundheitskasse
Michael Leonhart, Pressesprecher
Zentrale, Carl-Wery-Str. 28, 81739 München
Telefon 089 62730-146, E-mail: presse@by.aok.de

<- Zurück zu: Aktuelle Nachrichten