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Montag, 18. Februar 2008

Anfrage im Bundestag zur Zertifizierung von Arzt- Praxissoftware nach dem AVWG

Von: Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN im Deutschen Bundes- tag / Kleine Anfrage

Im Frühjahr 2006 wurde mit dem Arzneimittelversorgungs- Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) dem § 73 Abs. 8 SGB V die Regelung angefügt, dass Vertragsärzte für die Verordnung von Arzneimitteln nur solche elektronischen Programme nutzen dürfen, die von der Kassenärztlichen Bundesver- einigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Zugleich muss die Software alle Informationen ent- halten, die für die Verordnung in der vertragsärztlichen Versorgung von Bedeutung sind.

Dazu gehören insbesondere alle Regelungen der Arzneimit- telrichtlinien. Die weiteren inhaltlichen Anforderungen an die Praxissoftware sollten die Kassenärztliche Bundesverei- nigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen bis zum 31. Dezember 2006 festlegen. Auf deren Grundlage sollte dann die eigentliche Zertifizierung durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung erfolgen. Anlass für diese Regelung waren Berichte, dass einige Pharmaunternehmen Praxis- software sponserten. Die Programme waren so konzipiert, dass den Ärztinnen und Ärzten durch Sortierung eine Ver- ordnungsentscheidung zugunsten des jeweiligen Arznei- mittelherstellers nahe gelegt wurde.

Durch die neue Vorschrift sollte erreicht werden, dass in der vertragsärztlichen Versorgung nur solche Praxissoftware zum Einsatz kommt, die dem Arzt einen manipulationsfreien Preisvergleich von Arzneimitteln ermöglicht.

Wir fragen die Bundesregierung

  1. Sind die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen ihren gesetzlichen Auftrag nachgekommen und haben einen Bundesmantelvertrag über die Zertifizierungskriterien für Praxissoftware miteinander vereinbart?
  2. Wenn nein, welche Gründe waren nach Einschätzung der Bundesregierung dafür ausschlaggebend?
  3. Wenn nein, welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen bzw. will sie noch unternehmen, um die Umsetzung der gesetzlichen Vorgabe zu erreichen?
  4. Sollte die Bundesregierung bisher noch nicht keine Schritte unternommen haben, weshalb nicht?
  5. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob auch weiterhin Praxissoftware vertrieben und verwendet wird, in der Arzneimittel bestimmter Hersteller bevorzugt platziert werden?
  6. Wie hoch ist nach Einschätzung der Bundesregierung das Einsparpotenzial, das der gesetzlichen Krankenversicherung durch marketinggesteuerte Arzneimittel-Datenbanken verloren geht?
  7. Wie bewertet die Bundesregierung die aus dem Dezember 2005 stammende, der Öffentlichkeit im Mai 2006 vorgestellte Selbstverpflichtung, auf die sich Anbieter von Softwareprogrammen im Konsens mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung verständigt haben?
  8. Hält die Bundesregierung diese Selbstverpflichtung für ausreichend, um hinreichend unabhängige Verordnungsentscheidungen der Ärztinnen und Ärzte zu gewährleisten?

Berlin, den 25. Januar 2008
Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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