Änderungen der GKV-Ausgaben in 2005 zu 2004 je Mitglied (M) und je Versicherten (V) in %

Freitag, 03. März 2006

1,78 Mrd. Euro GKV-Überschuss kompensiert die Nettoveschuldung des Jahres 2005

Von: Pressemitteilung / Bundesministerium für Gesundheit

Zu den jetzt vorliegenden vorläufigen Finanzergebnissen der Gesetzlichen Krankenkassen im Jahre 2005 erklärt die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt: "Die gesetzliche Krankenversicherung hat einen Überschuss von rund 1,78 Mrd. Euro erzielt. Das sind rund 800 Mio. Euro mehr als nach voreiligen Spekulationen in der vergangenen Woche vermutet wurde. Damit konnte die Nettoverschuldung des Gesamtsystems der gesetzlichen Krankenversicherung bis Ende 2005 vollständig abgebaut werden. Wären die Arzneimittelausgaben nur in dem Umfang gestiegen, wie für das Jahr 2005 von Kassenärztlicher Bundesvereinigung und GKV-Spitzenverbänden vertraglich vereinbart, hätte die gesetzliche Krankenversicherung im vergangenen Jahr sogar einen ähnlich hohen Überschuss wie 2004 erzielen können, als das positive Finanzergebnis bei rund 4 Mrd. Euro lag."

Der Überschuss betrug in den alten Bundesländern 1.086 Mio. Euro und in den neuen Ländern rund 690 Mio. Euro. Ende 2003 hatte die Nettoverschuldung der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt noch bei 6 Mrd. Euro gelegen, bereits zu Ende 2004 konnte sie auf 1,8 Mrd. Euro reduziert werden. Ende 2005 ist die Nettoverschuldung vollständig abgebaut, zwei Jahre früher, als mit der Gesundheitsreform vorgesehen. Bei den einzelnen Krankenkassen finden sich selbstverständlich weiterhin unterschiedliche Finanzsituationen - Kassen mit Vermögensbeständen stehen solchen mit Schulden gegenüber; letztere sind weiterhin zum schrittweisen Schuldenabbau verpflichtet. Die Finanzentwicklung des Jahres 2005 wurde negativ geprägt von der Ausgabenexpansion für Arzneimittel, bei denen eine Zuwachsrate von rund 17% zu Mehraufwendungen von fast 3½ Mrd. Euro bei den Krankenkassen führte.

Ulla Schmidt: "Die gesetzlich vorgegebenen Einsparungen durch die Gesundheitsreform wurden erreicht, auch wenn diese durch die Ausgabenexpansion im Arzneimittelbereich teilweise konterkariert wurden. Nach wie vor sind die Selbstverwaltungspartner gefordert, die strukturellen Maßnahmen des GKV-Modernisierungsgesetzes konsequent für weitere Einsparungen zu nutzen. Hausarztmodelle, medizinische Versorgungszentren, integrierte Versorgung und strukturierte Behandlungsprogramme sollen Schnittstellenprobleme und Mehrfachuntersuchungen vermeiden. Mit den Bonusprogrammen für die Versicherten kann gesundheitsbewusstes Verhalten gezielt gefördert, mit der verstärkten Nutzung von Internet-Apotheken können Wirtschaftlichkeitspotenziale beim Arzneimittelvertrieb erschlossen werden. Bislang werden hier die vorhandenen Möglichkeiten allerdings bei weitem nicht ausgeschöpft. Hier besteht Nachholbedarf."

Notwendige Weichenstellungen für 2006 erfolgt

Die Koalition hat die notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die finanzielle Konsolidierung der gesetzlichen Krankenversicherung auch in 2006 fortgeführt werden kann. Mit dem vom Deutschen Bundestag im vergangenen Monat in zweiter und dritter Lesung verabschiedeten Arzneimittel-Sparpaket können die Krankenkassen bei konsequenter und zügiger Umsetzung bereits in diesem Jahr bis zu 1 Mrd. Euro einsparen. Außerdem wird der Bundeszuschuss für die versicherungsfremden Leistungen in diesem Jahr nochmals um 1,7 Mrd. Euro von 2,5 auf 4,2 Mrd. Euro angehoben. Auch wenn sich bei schwierigen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in diesem Jahr erneut keine größeren Zuwächse bei den Beitragseinnahmen ergeben sollten, kann dadurch auch in 2006 in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Defizitentwicklung vermieden werden.

Perspektiven ab 2007

Die kurzfristigen Maßnahmen verschaffen für 2006 die notwendige Atempause, damit in den nächsten Monaten die Reform der Finanzierungsgrundlagen der Krankenversicherung auf den Weg gebracht werden kann. Im Koalitionsvertrag haben sich CDU/CSU und SPD gemeinsam darauf verpflichtet, "das Beitragssatzniveau in der gesetzlichen Krankenversicherung mindestens stabil zu halten und möglichst senken". Trotz Beitragssatzanpassungen bei einzelnen Krankenkassen zum Jahreswechsel 2005/2006 wurde dieses Ziel bislang erreicht. Der durchschnittliche allgemeine Beitragssatz liegt weiterhin bei knapp 13,3%. Im Unterschied dazu hat es im Bereich der privaten Krankenversicherung zum Jahreswechsel 2005/2006 erneut deutliche Prämienanhebungen gegeben.

Ulla Schmidt: "Das ist eine gute Grundlage für die Finanzreform der gesetzlichen Krankenversicherung, für die ich Ende März/Anfang April den Spitzen der Koalition einen Lösungsvorschlag vorlegen werde, damit anschließend die konkreten Beratungen erfolgen können. Die Zeit drängt: Zur finanziellen Konsolidierung des Bundeshaushalts soll der Bundeszuschuss für die versicherungsfremden Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in 2007 von 4,2 wieder auf 1,5 Mrd. Euro und ab 2008 auf Null zurückgeführt werden. Die Anhebung der Mehrwertsteuer führt auch bei den Krankenkassen ab 2007 zu Mehrausgaben von rund 800 Mio. Euro. Diese Belastungen müssen ab dem nächsten Jahr kompensiert werden, um die finanzielle Konsolidierung der Krankenversicherung und die Beitragssatzstabilität abzusichern."

Ergebnisse des Jahres 2005 im Einzelnen

Im Jahr 2005 stiegen die Leistungsausgaben der Krankenkassen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum je Mitglied um 3,3% an; bei den beitragspflichtigen Einnahmen gab es einen Anstieg von 0,9%. Der Anstieg bei den beitragspflichtigen Einnahmen ist weitgehend durch die steigenden Einnahmen für frühere Bezieher von Arbeitslosenhilfe begründet, für die jetzt als Bezieher von Arbeitslosengeld II höhere Beiträge entrichtet werden. Auf der anderen Seite entstehen den Krankenkassen durch ehemals erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger höhere Leistungsausgaben. Auch dies ist eine Erklärung für den aktuellen Ausgabenzuwachs. Da es durch die Neuregelungen von Hartz IV in 2005 häufig auch zu einer Umwandlung von bisherigen Mitgliedschaften in die Familienmitversicherung kommt, fallen die Veränderungsraten je Versicherten deshalb sowohl bei den Leistungsausgaben (2,5%) als auch bei den beitragspflichtigen Einnahmen (0,2%) entsprechend geringer aus.

Entwicklung in einzelnen Leistungsbereichen


Die Ausgabenentwicklung im Jahr 2005 ist neben den überproportionalen Ausgabenzuwächsen von fast 17 v.H. bei Arzneimitteln vor allem durch hohe Ausgabenrückgänge beim Zahnersatz geprägt. Der Koalitionsvertrag sieht vor diesem Hintergrund vor, dass die Wirkungen der Anfang 2005 eingeführten befundbezogenen Festzuschüsse beim Zahnersatz überprüft werden müssen. Hier ist es vor allem die Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses zu prüfen, ob bzw. inwieweit ein Handlungsbedarf zur Weiterentwicklung der entsprechenden Richtlinien besteht.

Weiterhin deutliche Rückgänge von -7,4 v.H. gab es bei den Krankengeldausgaben der Kassen. Sie sind wie die Aufwendungen der Arbeitgeber für die Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall bereits seit einigen Jahren rückläufig und gehen in 2005 mit dem niedrigsten Krankenstand seit Einführung der Lohnfortzahlung im Jahr 1970 einher.

Die Krankenhausausgaben (einschließlich stationärer Entbindungen), die in den letzten Jahren sehr moderat verliefen, sind je Mitglied um 3,3 v.H. (2,5 v.H. je Versicherten) angestiegen. In diesem Leistungsbereich, der rd. ein Drittel der gesamten Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung ausmacht, hat sich die Ausgabenentwicklung im vierten Quartal möglicherweise aufgrund spät erfolgter Budgetabschlüsse etwas beschleunigt. Ein Teil des Zuwachses im Krankenhausbereich kann aber auch auf die zeitliche Rechnungsabgrenzung für Zahlung von Fallpauschalen zurückgeführt werden. Die Fallpauschalen finden mittlerweile fast flächendeckend Anwendung. Während im früheren Abrechnungssystem der tagesgleichen Pflegesätze bei Patientinnen und Patienten, die über den Jahreswechsel im Krankenhaus lagen, die Kosten den jeweiligen Jahren zugeordnet werden konnten, können die Fallpauschalen in aller Regel nur dem Entlassungsjahr bzw. dem Entlassungsquartal zugeordnet werden. Die aktuell höheren Zuwachsraten ändern allerdings nichts daran, dass sich die Wirtschaftlichkeit im Bereich der Krankenhausversorgung durch die Einführung des leistungsorientierten Fallpauschalensystems entscheidend verbessert hat. Die im internationalen Vergleich zu langen Liegezeiten in den deutschen Krankenhäusern sind deutlich zurückgegangen. Darüber hinaus sind in großem Umfang Optimierungen der Leistungsprogramme und der Organisation der Krankenhäuser sowie Kooperationen zwischen Krankenhäusern in Gang gekommen. Dies wird sich auch künftig positiv auswirken.

Die Verwaltungskosten der Krankenkassen sind nach Ausgabenrückgängen von 1 v.H. im vergangenen Jahr in 2005 mit einem Zuwachs von 0,8 v.H. erneut moderat verlaufen. Bis auf die Betriebskrankenkassen sind die Verwaltungskosten bei allen übrigen Kassenarten sogar rückläufig. Der überproportionale Anstieg bei den Betriebskrankenkassen ist zu einem Teil darauf zurückzuführen, dass eine Reihe dieser Kassen in 2005 noch von der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, persönliche Verwaltungskosten, die bislang vom Arbeitgeber übernommen wurden, wie bei den anderen Krankenversicherungsträgern auch auf die Kasse zu übertragen. Die zuständigen Aufsichtsbehörden sind gefordert, auf eine strikte Beachtung der Ausgabenbegrenzung bei den einzelnen Krankenkassen zu achten.

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