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Dienstag, 08. Juli 2014

Petitionsausschuss fordert "Strafbarkeit von Korruption bei Ärzten"

Von: Deutscher Bundestag / Pressemitteilung

Der Petitionsausschuss spricht sich für gesetzliche Regelungen zur Strafbarkeit von Korruption im Gesundheitswesen aus. In der Sitzung am 2. Juli beschlossen die Abgeordneten einstimmig, eine dahingehende Petition dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz als "Material" zu überweisen sowie den Fraktionen zur Kenntnis zu geben.

In der Eingabe wird gefordert, dass insbesondere die Annahme von Geschenken der Pharmaindustrie durch Ärzte strafbar sein soll. Die Petenten sprechen dabei ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) aus dem Jahr 2012 an, das eine Strafbarkeit von Vertragsärzten verneint, die von einem Pharmaunternehmen Vorteile als Gegenleistung für die Verordnung von Arzneimitteln dieses Unternehmen entgegennehmen. Zur Begründung führt der BGH unter anderem die Freiberuflichkeit der Ärzte an, die weder Amtsträger noch Angestellte oder Funktionsträger der Krankenkassen seien.

Der Petitionsausschuss verweist in der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung auf die Berufsordnung für in Deutschland tätige Ärzte, die es nicht gestatte, Vorteile zu fordern oder anzunehmen, wenn dadurch der Eindruck erweckt werde, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird. Die Überwachung der Regelungen obliege den Landesärztekammern, heißt es weiter. Diese könnten bei Fehlverhalten Strafen verhängen. Ein Widerruf der Approbation könne gemäß Bundesärzteordnung durch die zuständige Landesbehörde erfolgen, wenn es zu einem Verhalten gekommen ist, "aus dem sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes ergibt", heißt es weiter.

Was gesetzliche Regelungen angeht, so wird auf das GKV-Versorgungsstrukturgesetz vom 22. Dezember 2011 hingewiesen, wonach es Vertragsärzten nicht gestattet sei, für die Zuweisung von Versicherten ein Entgeld oder sonstige wirtschaftliche Vorteile zu fordern oder zu erhalten. Der Petitionsausschuss schreibt weiter, dass die Bundesregierung ihm gegenüber im Februar 2014 mit Blick auf den oben genannten Beschluss des BGH mitgeteilt habe, diese Strafbarkeitslücke schließen und einen entsprechenden Straftatbestand im Strafgesetzbuch schaffen zu wollen.

Im Koaltionsvertrag der jetzigen Bundesregierung vom 16.12.2013 heißt es bereits dazu: "Wir werden einen neuen Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen im Strafgesetzbuch schaffen."

Hintergrund

Was ist dem voraus gegangen?

  1. Der vorherigen Bundestag hatte 2013 die Strafbarkeit von Korruption im Gesundheitswesen als Teil des Sozialgesetzbuch beschlossen.

    Gegen das Votum der Opposition hat der Bundestag am 27. Juni 2013 den Gesetzentwurf von CDU/CSU und FDP zur Förderung der Prävention (17/13080) in der vom Gesundheitsausschuss geänderten Fassung (17/14184) angenommen.

    Mit dem Gesetz zur Förderung der Prävention wurden auch Regelungen zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen beschlossen. So wird ein Verbot der Bestechlichkeit und Bestechung von Leistungserbringern (Ärzte, Apotheker, Krankenkassen, Hilfsmittel- und Heilmittelanbieter) vorgesehen, das sich auf alle Leistungsbereiche in der gesetzlichen Krankenversicherung erstreckt. Außerdem wird ein an den Bestechungsdelikten des Strafgesetzbuches (StGB) angelehnter Straftatbestand eingefügt, der an dieses Verbot anknüpft. Demnach werden insbesondere Verstöße gegen die sozialversicherungsrechtlichen Verbote der Patientenzuweisung oder Versorgungsbeteiligung gegen Entgelt unter Strafe gestellt, sofern es sich nicht nur um geringwertige Zuwendungen handelt. Weiterentwickelt werden auch die Regelungen für die Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen bei den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen. Sie müssen besser zusammenarbeiten, die Berichte, die regelmäßig vorgelegt werden müssen, werden vereinheitlicht.

    Die zweite Befassung des Bundesrates war am 20. September 2013 vorgesehen. Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.
    [Bundesministerium für Gesundheit / Pressemitteilung]

  2. Darauf hin legte der Bundesrat einen Gesetzentwurf über einen eigenen Straftatbestand im Strafgesetzbuch vor.

    Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen sollen zu einem eigenen Straftatbestand im Strafgesetzbuch werden. Dies fordert der Bundesrat in einem Gesetzentwurf (17/14575). Auf diese Weise will die Länderkammer Korruption in diesem Bereich wirkungsvoller bekämpfen. Diesem Anliegen trägt aus Sicht der Regierung die im Juni vom Bundestag beschlossene Verschärfung des Sozialgesetzbuchs jedoch besser Rechnung als die vom Bundesrat angestrebte Änderung des Strafgesetzbuchs.

    Die Ländervertretung sieht eine "deutliche Regelungslücke" beim Thema Korruption im Gesundheitswesen und kritisiert den gegenwärtigen Rechtszustand als "unbefriedigend". Der Gesetzentwurf verweist auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom März 2012, wonach auf der Basis der geltenden Gesetzeslage niedergelassene Vertragsärzte weder als Amtsträger noch als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen einzustufen seien. Dieses Urteil habe zur Folge, analysiert der Bundesrat, dass im Vertragsärztesystem Zuwendungen, die der "unlauteren Beeinflussung des Verordnungsverhaltens" der Mediziner dienen, strafrechtlich nicht von Belang seien.

    Die Länderkammer meint, dass von dem BGH-Beschluss eine inakzeptable Signalwirkung ausgehe und dass deshalb die Regelungslücke durch den Gesetzgeber geschlossen werden müsse. Die Richter selbst hätten dies gefordert: Der zuständige BGH-Senat sehe es als berechtigt an, Missständen, die zu gravierenden finanziellen Belastungen des Gesundheitssystems führen, mit Mitteln des Strafrechts effektiv entgegenzutreten.

    Nach Auffassung des Bundesrats sind die derzeitigen berufs- und sozialrechtlichen Vorschriften nicht geeignet, die Korruption wirksam zu bekämpfen. Der Gesetzgeber müsse deshalb handeln, um die weit überwiegende Mehrheit der Ärzte und der sonstigen Leistungserbringer zu schützen sowie "die Lauterkeit und Freiheit des Wettbewerbs innerhalb des Gesundheitswesens zu stärken". Zudem gelte es, die "Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen" zu wahren: Behandlungs- und Therapieentscheidungen sollten frei und ohne Beeinflussung durch "unlautere Vorteile" getroffen werden.

    Der von der Ländervertretung verlangte neue Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen würde eine Ausweitung der Telekommunikationsüberwachung mit sich bringen, die bei "besonders schweren Fällen" möglich sein soll.

    Auch die Regierung betont, dass korruptives Verhalten im Gesundheitswesen nicht geduldet werden dürfe. Eine Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf des Bundesrats verweist auf eine im Juni vom Parlament beschlossene Änderung des Sozialgesetzbuchs, die eine Strafbarkeit von Leistungserbringern vorsieht, sofern sie "unzulässige Vorteile" annehmen. Auch das Gewähren solcher Vorteile sei nun strafbar. Aus Sicht der Regierung wird damit die vom BGH aufgezeigte Strafbarkeitslücke geschlossen. Die neuen Vorschriften trügen, wie es in der Stellungnahme heißt, der "besonderen Schutzbedürftigkeit" der Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten Rechnung und erfassten sämtliche Leistungserbringer der gesetzlichen Krankenkassen. Die Reform des Sozialgesetzbuchs ist nach Auffassung der Regierung zur Bekämpfung der Korruption besser geeignet als die von der Länderkammer angestrebte Änderung des Strafgesetzbuchs, bei der es vor allem um den Schutz des Wettbewerbs im Gesundheitswesen gehe.

  3. Mit den Wahlen zum jetztigen Bundesatg kam es zu einem Koalitionsvertrag vom 16.12.2013 zwischen der CDU/CSU und SPD. Hier heißt es: "Wir werden einen neuen Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen im Strafgesetzbuch schaffen."

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