Handeln aus Profession.

Mit Otto Graf von Bismarcks Sozialgesetzgebung ist 1883 in Deutschland international das erste Sozialversicherungswesen entstanden.

Seitdem sind alle Bürger vor den großen Lebensrisiken wie Krankheit, Unfall und Arbeitslosigkeit geschützt. Es beruht im Wesentlichen auf den Prinzipien der Solidarität, der paritätischen Finanzierung und der Pluralität.

Eine der fünf Säulen der Deutschen Sozialversicherung ist die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft. "Sie hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern …" (SGB V, § 1).

Das deutsche Gesundheitswesen gilt weltweit als vorbildlich. Unter dem beständigen Druck hoher Leistungsausgaben und sinkender Beitragseinnahmen, steigt jedoch die Sorge um den möglichen Verlust dieses Solidarprinzips.

  • Um das zu erhalten und die höchst­mög­liche medizi­nische Ver­sor­gungs­qua­lität der Bevölkerung sicherzustellen, müssen neue Formen und Wege der Pati­entenversorgung entwickelt und realisiert werden. Hierbei erfüllt die Gesundheitsökonomie wesentliche Aufgaben.

Die Ökonomie (griech.: Oikos = Haushalt) ist eine Wissenschaft für den Menschen. Sie gliedert sich in die Betriebswirtschaftslehre, welche die wirtschaftliche Seite eines Unternehmens innerhalb einer Volkswirtschaft beschreibt, sowie in die Volkswirtschaftslehre, welche die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge in einer Gesellschaft untersucht.

Die Gesundheitsökonomie vereint diese beiden wirtschaftlichen Bereiche, indem sie interdisziplinäre Strukturen des Gesundheitswesens mit Hilfe des wissenschaftlichen Instrumentariums erfasst und versorgungs-, prozess- und kostenoptimiert gestaltet.

Nun ist weltweit immer häufiger die Diskussion "Markt versus Regulierung" zu verfolgen. Das deutsche Gesundheitswesen hat bisher durch Arzneimittelfestbeträge, Preisspannenverordnung, Versorgungsbudgets, Fallpauschalen, etc. stärker auf die Beeinflussung der Angebotsseite vertraut. Die Kostenentwicklung im Gesundheitssystem ist dadurch vergleichsweise unter Kontrolle und durch einheitliche Preisstandards sind alle Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung für die Leistungserb­ringer gleich attraktive Kunden.

  • Ein Abbau dieser staatlichen Regulierungen zugunsten des freien Wettbewerbes würde zur Oligopolisierung der Angebotsseite führen.

Zudem kann der kranke Mensch nicht als souveräner Markt­teilnehmer angesehen werden, der mit seiner subjektiven und unabhängigen Ent­scheidung für oder gegen eine Leistung bzw. ein Produkt die Mechanismen der freien Marktwirtschaft beeinflusst. Ganz im Gegenteil würden diese Bedingungen die Wertschöpfung zugunsten der Angebotsseite verschieben. Deshalb ist es sehr fragwürdig, dass auf diesem Wege eine Reduzierung der Gesamt-Wertschöpfung zu mehr Wirtschaftlichkeit führt.

Das Ziel der ökonomischen Betrachtung kann also nicht sein, das System "marktgerecht" umzugestalten. Stattdessen gilt es, Rahmenbedingungen und Methoden zu schaffen, die den Wettbewerb zwischen Wirtschaftlichkeit und Qualität ermöglichen und fördern. Dies ist eine staatliche und ökonomische Aufgabe, daher kann die Verantwortung für die Wirtschaftlichkeit ihrer Therapien und Verordnungen nicht allein bei den Ärztinnen und Ärzten gesehen werden.

  • Die Aufgabe der Gesundheitsökonomie liegt stattdessen in den gezielten Analysen des Leistungs- und Angebotskatalogs und einer Differenzierung zwischen Nutzen und Kosten, um die Effizienz aller eingesetzten Mittel zu steigern.


Autorin: Nicole Meier (Geschäftsführende Gesellschafterin der Carenoble)